Stadtklima im Wandel: Wie Kommunen das neue Modell PALM-4U für die Berechnung von Hitze und Smog anwenden

Das Simulationsmodell aus der BMBF-Fördermaßnahme „Stadtklima im Wandel“ trägt zur Klimaanpassung bei: Franziska Reinfried, Meteorologin der Stadt Dresden, berichtet, wie sich mit diesem Modell die Hitzebelastung berechnen und Anpassungsmaßnahmen begründen lassen.

Der nächste Hitzesommer kommt bestimmt: Deshalb müssen sich Städte und Kommunen schon jetzt darauf vorbereiten. Denn Vorsorge, etwa durch angepasste Baumaßnahmen, ist hier die beste Lösung. Gerade haben die Forschenden der BMBF-geförderten Maßnahme „Stadtklima im Wandel" das Simulationsmodell PALM-4U in ihrer Abschlussveranstaltung präsentiert. Bereits mehr als zehn Städte, Kommunen und Unternehmen in ganz Deutschland und Österreich nutzen das Modell, um die Hitzebelastung für die Sommermonate zu berechnen und anhand der Zahlen und Fakten Vorkehrungen zu treffen.

Durch den Klimawandel leiden Städte vermehrt unter Hitzeperioden, oft entsteht auch Smog. Frau Reinfried, unter welchen Effekten leiden Dresdens Bewohnerinnen und Bewohner besonders?

Aufgrund der Lage im Elbtal ist das Stadtklima in Dresden seit jeher von Bedeutung für die Lebensqualität. Vor allem die im Tal gelegenen Quartiere sind durch schlechte Durchlüftungsbedingungen und Überwärmung gekennzeichnet. Eine Bürgerumfrage im Jahr 2017 zeigte bereits, dass Hitzebelastung ein großes Thema für die Bevölkerung in Dresden ist und bestimmte Stadtgebiete aufgrund der Überhitzung während hoher sommerlicher Temperaturen gemieden werden. Darüber hinaus sind die Gefahren von Überschwemmungen durch Flusshochwasser und Starkregen die herausfordernden Themen für die Stadt im Kontext der Klimaveränderungen.

Die BMBF-Fördermaßnahme „Stadtklima im Wandel" hat ein Simulationsmodell entwickelt, das Städte dabei unterstützt, das Stadtklima und die Schadstoffbelastung der Luft zu berechnen und Klimaanpassungsmaßnahmen zu entwickeln. Was leistet dieses Simulationsmodell für die Stadt Dresden?

Das Modell ermöglicht es, die Auswirkungen konkreter Bauvorhaben auf Überwärmungseffekte sowie auf die für Dresden bedeutenden Kaltluftströmungen zu prüfen. So lassen sich Planungsvarianten simulieren. Auf diese Weise können konkrete Empfehlungen zur Optimierung gegeben werden, beispielsweise in der Gebäudestellung, bei der Versiegelung und der Wirkung von Begrünung durch Baumpflanzungen.

Entwickelt wurde ein digitales Tool, das Daten aus der Forschung für Anwenderinnen und Anwender in Städten und Regionen nutzbar machen soll. Wie hat die Stadt Dresden PALM-4U angewendet?

Für Dresden wurde das Modell nicht eigenständig angewendet, sondern ein Projektpartner hat für die Stadt die Modellierungen mit PALM-4U durchgeführt. Dies lag vor allem an den mangelnden personellen Kapazitäten in unserer Verwaltung, die notwendig wären, um sich mit dem Modell auseinanderzusetzen, die Eingangsparameter aufzuarbeiten usw. Es wäre allerdings wünschenswert, dass zukünftig auch in Dresden hierfür das Knowhow zur Verfügung steht und das Simulations-Modell eigenständig durch die Stadt angewendet werden kann. Dadurch können Planungen unkompliziert bewertet werden. Wenn es möglich wird, die berechneten Ergebnisse kontinuierlich in die Verwaltungsprozesse - das heißt, die stadtplanerischen Prozesse - einzubinden, würde die Stadt davon gewiss profitieren.

Was genau macht die Stadt Dresden mit den Ergebnissen, die Ihnen das Stadtklima-Modell anzeigt?

Die Ergebnisse dienen als fundierte Argumentationsgrundlage im Abwägungsprozess stadtplanerischer Entscheidungen. Sie werden in Stellungnahmen eingebunden, um die Auswirkungen baulicher Veränderungen auf das Stadtklima detaillierter veranschaulichen zu können. Auch können klarere Empfehlungen für die Wirksamkeit von Klimaanpassungsmaßnahmen gegeben werden. Dadurch kann mehr Aufmerksamkeit auf das Thema Klimaanpassung gelenkt werden, obwohl es nach wie vor eine von vielen Herausforderungen in der Stadtplanung und -entwicklung darstellt.

Welche Klimaanpassungsmaßnahmen werden Sie aufgrund der Ergebnisse des Stadtklima-Modells für Dresden anstoßen?

Aufgrund der Modellierungen für Dresden konnten zum Beispiel konkrete Empfehlungen zur Gebäudestellung gegeben werden, die eine bessere Durchlüftung eines Schul- und Wohnstandortes ermöglichen. Auch die entscheidende Bedeutung der Hofbegrünung durch Baumpflanzungen konnte mit den Simulationen von verschiedenen Planungsvarianten im PALM-4U-Modell deutlich herausgestellt werden. Die Ergebnisse wurden den planenden Ämtern übergeben. Werden beide Maßnahmen umgesetzt, ist eine spürbare Verringerung der Hitzebelastung des geplanten Schul- und Wohnstandortes in Dresden möglich.

Frau Reinfried, wir danken Ihnen für das Gespräch.

Zur Person der Meteorologin Franziska Reinfried

Frau Franziska Reinfried ist Sachbearbeiterin für das Stadtklima in der Abteilung Stadtökologie im Umweltamt der Landeshauptstadt Dresden.
Ihr beruflicher Hintergrund ist ein Abschluss als Diplom Meteorologin an der FU-Berlin 2008, danach war sie wissenschaftliche Mitarbeiterin am Leibniz Institut für Troposphärenforschung Leipzig. Seit 2010 ist sie im Dresdner Umweltamt tätig.
Ihre Erfahrungen mit dem Stadtklima umfassen die Erstellung von Klimakarten (Klimafunktions- und Planungshinweiskarte) der Stadt Dresden, die Mitarbeit und Leitung von verschiedenen BMBF-Forschungsvorhaben, wie etwa das Projekt REGKLAM im Rahmen der Fördermaßnahme KLIMZUG, HeatResilientCity und Stadtklima im Wandel, die Entwicklung und Durchführung von Messfahrten zur Erfassung der städtischen Überwärmung sowie die Erarbeitung der Richtlinie „Dresden baut grün", die die Kommune zu einem klimaangepassten Bauen bei den eigenen Hochbauvorhaben verpflichtet und damit den ersten Preis im Wettbewerb „Klimaaktive Kommune 2020" gewann. Des Weiteren ist Franziska Reinfried für die Organisation und Durchführung ämterübergreifender Fortbildungsmaßnahmen zum Thema Stadtklima und Klimaanpassung verantwortlich.