„Die unglaubliche Weite der Antarktis erweckt Demut und Begeisterung in mir

Die Polarforscherin Bettina Meyer erforscht, wie sich der Klimawandel auf die Meereslebewesen Krill und Salpen in der Antarktis auswirkt. Mit ihrer Forschung zur Artenvielfalt im Meer trägt sie dazu bei, das 14. Ziel nachhaltiger Entwicklung der Vereinten Nationen zu erreichen: Den Schutz der Meere.

Prof. Dr. Bettina Meyer ist Professorin an der Universität Oldenburg und am Alfred-Wegener-Institut Bremerhaven. Sie leitet das Projekt Pekris, in dem Wissenschaftler untersuchen, ob Krill und Salpen überleben können, wenn das Wasser im Südpolarmeer wärmer wird.

Frau Professor Meyer, warum interessieren Sie sich ausgerechnet für Krill und Salpen?


Beide Tiere haben auf unterschiedliche Weise einen starken Einfluss auf die Funktionalität des marinen antarktischen Ökosystems.

Krill ist ein Krebstier, das vom Aussehen her unserer Nordseegarnele ähnelt, aber bis zu sieben Zentimeter groß werden kann. Er spielt eine zentrale Rolle im Nahrungsnetz des antarktischen Ozeans, weil er die Hauptnahrung für alle größeren Bewohner des Südpolarmeeres wie Wale, Robben und Pinguine ist. [[22171_r]]

Salpen sind bis zu acht Zentimeter große gelatinöse Organismen, die wie kleine längliche Tonnen aussehen. Salpen werden auch die Staubsauger des Meeres genannt, weil sie permanent Plankton aufnehmen. Wie Quallen bestehen sie zum Großteil aus Wasser und dienen daher nur wenigen Tieren als Nahrung. Sie können sich aber im Sommer explosionsartig vermehren, sodass sie als Nahrungskonkurrenten das Ökosystem beeinflussen.

Spannend an diesen beiden Tieren ist, dass es in den vergangenen Jahren in manchen Gebieten im Südpolarmeer ein Rückgang des Krill zu beobachten ist und gleichzeitig die Salpenbestände wachsen. Das sind erste Anzeichen für dramatische Änderungen im Lebensraum Südpolarmeer.

Was untersuchen Sie im Projekt Pekris?

Wir untersuchen, inwieweit Krill und Salpen sich an steigende Temperaturen in der Antarktis anpassen können. Unsere Ergebnisse fließen in Modelle ein, die prognostizieren, wie sich die Krill- und Salpenbestände in Zukunft entwickeln. So können wir zum einen Auswirkungen des Klimawandels auf das Ökosystem im Südpolarmeer identifizieren und zum anderen können Maßnahmen für eine nachhaltige Krillfischerei getroffen werden: Die Krillfischerei stellt die größte Fischerei im Südpolarmeer dar.

Im März 2018 werden Sie mit dem Forschungseisbrecher Polarstern in die Antarktis fahren. Beschreiben Sie bitte einmal Ihre Arbeit an Bord.

In verschiedenen Temperaturbereichen der Antarktis werden wir Salpen und Krill fangen und deren Zustand untersuchen. Weiterhin werden wir mit den Tieren Experimente an Bord durchführen, die uns Aufschluss darüber geben, wie anpassungsfähig sie gegenüber Temperaturerhöhungen sind. Für diese Experimente brauchen wir unversehrte Tiere. Daher werden wir Forschungstaucher an Bord haben, die die Salpen schonend aus dem Oberflächenwasser entnehmen. Salpen sind sehr fragile Lebewesen, die beschädigt werden, wenn man sie mit Netzen aus dem Meer fischt. Die Probennahme von Krill gestaltet sich da einfacher, weil wir spezielle Netze verwenden, die sich viele Jahre lang bewährt haben.

Inwiefern tragen Sie mit Ihrer Forschung zur Erreichung des 14. Ziels für Nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen, dem Schutz der Meere, bei?
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Die Menge an Krill hat im atlantischen Teil des Südpolarmeers seit Mitte der 1970er Jahren abgenommen. Wir vermuten, dass das etwas mit den steigenden Temperaturen und der abnehmenden Eisbedeckung zu tun hat, aber wir wissen nicht genau warum. Es ist entscheidend, die Beziehung von Schlüsselorganismen und ihrer Umwelt genau zu verstehen. Nur wenn wir wissen, inwieweit sich diese Lebewesen an den Klimawandel anpassen können und welche Umweltveränderungen ihnen gefährlich werden, sind wir in der Lage Vorhersagen darüber zu treffen, wie sich das Ökosystem verändern kann. Nur so können wir adäquate Schutzmaßnahmen einleiten.

Sie forschen seit vielen Jahren in der Antarktis. Was beeindruckt sie besonders an diesem Lebensraum?

Ein sehr einschneidendes Erlebnis war für mich meine erste Expedition in die Antarktis: Die atemberaubende Natur, die unglaubliche Weite und Unberührtheit erweckten in mir ein Gefühl von Demut und Begeisterung. Das hat mich ganz am Anfang meiner Karriere extrem beeinflusst und bis heute ist die Faszination geblieben. In den vergangenen Jahren habe ich neben den analytischen Arbeiten viel Wert darauf gelegt auch die Tiere in ihrem natürlichen Lebensraum zu beobachten, um deren Interaktionen mit der Umwelt besser zu verstehen. Die Beobachtungen von Krilllarven unter dem Meereis im Winter haben mich sehr beeindruckt und führten zu neuen Forschungshypothesen in meiner Arbeit.

Frau Meyer, vielen Dank für das Gespräch.

Prof. Dr. Bettina Meyer wird beim 13. BMBF-Forum für Nachhaltigkeit vom 9. bis 10. Mai 2017 in Berlin einen Vortrag zur Frage „Ist das marine antarktische Ökosystem bedroht? halten.