Wie beeinflusst Wasser unser Nervensystem?
Putzmittel, Kosmetika, Arzneimittel - Täglich spülen wir unzählige chemische Substanzen in unser Abwassersystem, die somit in den Wasserkreislauf gelangen. Welchen Einfluss die teilweise giftigen Substanzen auf das Nervensystem von Menschen und Tieren haben ist noch unklar. Im Hinblick auf die Zunahme von neurodegenerativen Erkrankungen wie Alzheimer, Parkinson oder Multiple Sklerose ist die Untersuchung und sichere Bewertung des Einflusses der Substanzen auf unser Nervensystem von großer Bedeutung. Im Verbundprojekt „NeuroBox entwickeln Forscher kombinierte Tests zur Erfassung organischer Schadstoffe und deren Bewertung hinsichtlich schädigender Effekte.
Am 01.03.2017 ist das vom BMBF geförderte Verbundprojekt „NeuroBox als Anschlussprojekt gestartet. In sechs Teilprojekten wird bis Anfang 2020 eine praxisorientierte Testbatterie zur Erfassung anthropogener Spurenstoffe und deren Bewertung hinsichtlich schädigender Wirkung auf das Nervensystem entwickelt. Ein solcher Lösungsansatz ist im Hinblick auf die Zunahme von neurodegenerativen Erkrankungen und der eingeschränkten Therapiemöglichkeiten von großer Bedeutung. Zur Untersuchung und sicheren Bewertung des Einflusses chemischer Substanzen auf die komplexen Funktionen des Nervensystems müssen möglichst viele unterschiedliche Zellarten aus dem Nervensystem berücksichtigt werden. Dies erfordert die Weiterentwicklung der aktuellen Teststrategien. Durch die Einbeziehung neuer zentraler toxikologischer Endpunkte und die Kombination von öko- und humantoxikologischen Endpunkten kann der gesamte Wasserkreislauf berücksichtigt, komplexe Wirkmechanismen identifiziert und wissenschaftlich sichere Gesundheitliche Orientierungswerte abgeleitet werden.
Neuroaktive Substanzen sind infolge ihrer Allgegenwärtigkeit auch von ökologischer Relevanz. Sie beeinflussen beispielsweise die Reproduktion von Fischen und Wirbellosen. Die Eier und Jungstadien des Zebrabärblings (Danio rerio) dienen seit über 20 Jahren als Modellorganismus für die Beurteilung des toxischen und teratogenen Potenzials von Chemikalien bei Wirbeltieren. Dies bietet die Möglichkeit, Entwicklungs- und Neurotoxizität in einem einzigen Testverfahren zu untersuchen und zu bewerten. Die Betrachtung von Mischungen potentiell neurotoxischer Substanzen gestattet eine Verbesserung der bisherigen Einzelstoffbewertung, da die toxische Wirkung einzelner Substanzen in Mischungen maskiert sein kann. Neben dem Zebrabärbling werden auch Stammzellen von Mensch und Maus für den Nachweis neuroentwicklungstoxischer Endpunkte eingesetzt.
Die Erweiterung der bisherigen Teststrategie zur Erkennung und Bewertung relevanter neurotoxischer Substanzen im Wasserkreislauf ist damit das erklärte Ziel des Verbundprojektes NeuroBox. Auf dieser Grundlage können Wasserversorger und Behörden zukünftig schneller und wissenschaftlich basiert Maßnahmen zur nachhaltigen Verbesserung der Trinkwasserversorgung ergreifen.
Das Verbundprojekt „NeuroBox wird im Rahmen der Fördermaßnahme Risikomanagement von neuen Schadstoffen und Krankheitserregern im Wasserkreislauf (RiSKWa) im Förderschwerpunkt Nachhaltiges Wassermanagement (NaWaM) vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert.
Kontakt
Dr. Tamara Grummt, Dr. Claudia Strobel, Jochen Kuckelkorn
Umweltbundesamt
Toxikologie des Trinkwassers und Badebeckenwassers
Heinrich-Heine-Str. 12
08645 Bad Elster
tamara.grummt@uba.de, claudia.strobel@uba.de, jochen.kuckelkorn@uba.de