MOSAiC-Expedition: POLARSTERN zurück an der Eisscholle
Nach dem unplanmäßigen Personalwechsel in Spitzbergen hat das Forschungsschiff POLARSTERN wieder die MOSAiC-Eisscholle erreicht. Die wissenschaftlichen Untersuchungen der einjährigen Expedition werden fortgesetzt.
82,2 °Nord, 8,4 °Ost – so lauteten die letzten Koordinaten der POLARSTERN im Packeis. Am 17. Mai hatte das Forschungsschiff diese Position verlassen, um nach Spitzbergen für den Austausch von Crew und Fracht aufzubrechen. Jetzt ist die POLARSTERN zurückgekehrt – und die Expedition wird mit Teilnehmenden aus 20 Ländern und Untersuchungen von Ozean, Eis und Atmosphäre fortgesetzt. Autonome Systeme haben während der Abwesenheit des Wissenschaftsteams weiterhin wichtige Daten gemessen. Somit blieben wertvolle Zeitreihen grundlegender Parameter erhalten.
„Der ursprünglich feste Bereich der Scholle, unsere sogenannte „Festung", hat die Verformungen im Frühjahr größtenteils intakt überstanden und ist auch jetzt weiter eine gute Basis für unser For-schungscamp", berichtet Markus Rex, Leiter der MOSAiC-Expedition. „Hier werden wir auch in den Sommer hineinarbeiten können." Eventuell müsse das Forschungscamp noch einmal verlegt werden – dies hänge von der Entwicklung der Eisbedingungen ab. Von den Erfahrungen bei der damaligen Schollensuche wurde jetzt profitiert: Die POLARSTERN legte wie schon im letzten Herbst etwas abseits des Messgebiets an, um die Eisscholle mit Teams auf dem Eis zu erkunden und manövrierte erst danach in die endgültige Position.
Das Anlegemanöver ist einer der vielen Momente, in denen Erfahrung und Navigationsgeschick des Kapitäns gefragt sind. Thomas Wunderlich hat nun das Kommando übernommen. „Wir konnten die ersten Tage gut und zügig Wegstrecke zurücklegen. Windrichtung und Sicht haben uns dabei unterstützt", berichtet Thomas Wunderlich. Ab 82° Nord habe sich die Dynamik des Eises erhöht. Zwischenzeitlich war die POLARSTERN aufgrund von Presseis zum Stillstand gezwungen und musste zwei Tage die Maschinen abstellen, um wertvollen Brennstoff zu sparen.
„Wir werden in dem jetzt beginnenden Sommer in nie dagewesener Detailschärfe die Prozesse im arktischen Klima während der Schmelzsaison erforschen können", betont Markus Rex. Dazu gehören Wirbel im Ozean, die durch Meeresströmungen unter dem Eis entstehen, oder wie Dicke und Beschaffenheit des Eises die Klimaprozesse beeinflussen, welche Rolle die Schneeauflage auf dem Meereis spielt und wie das Zusammenspiel mit Atmosphäre und Wolken funktioniert.
Momentan beginnt die sommerliche Eisschmelze und auf dem Meereis entstehen Tümpel, die die Strahlungsbilanz verändern. Wo das Eis letztlich aufbricht, entweichen Wasserdampf und Aerosole, die in der Atmosphäre dazu führen, dass sich Wolken bilden. Wie diese Wolken beschaffen sind und ob sie die unteren Luftschichten abkühlen oder erwärmen, sind weitere Fragestellungen, denen die Forschungsteams bis zur Rückkehr der POLARSTERN in ihren Heimathafen Bremerhaven nachgehen werden, wo der Eisbrecher am 12. Oktober erwartet wird.
Bereits am 15. Juni 2020 liefen in Bremerhaven die Forschungsschiffe MARIA S. MERIAN und SONNE mit dem Team des dritten Fahrtabschnitts ein. Das Forscherteam war bereits Ende Januar mit dem russischen Eisbrecher Kapitan Dranitsyn im norwegischen Tromsø gestartet und hatten länger als geplant die Forschung am Laufen gehalten.
Ein Jahr in der Arktis
Während der MOSAiC-Expedition erforschen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus 20 Nationen die Arktis im Jahresverlauf. Von Herbst 2019 bis Herbst 2020 driftet der deutsche Eisbrecher POLARSTERN dazu eingefroren im Eis durch das Nordpolarmeer. MOSAiC wird unter Leitung des Alfred-Wegener-Instituts, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI) realisiert. Damit dieses einzigartige Projekt gelingt und möglichst wertvolle Daten gewonnen werden, arbeiten über 80 Institute in einem For-schungskonsortium zusammen.