AquaticPollutants: Auf der Suche nach Spurenstoffen und multiresistenten Krankheitserregern im Wasserkreislauf
Die Wasserressourcen sind immer mehr mit anthropogenen Spurenstoffen belastet, wodurch die Wasserwirtschaft vor große Herausforderungen gestellt wird. Vor diesem Hintergrund startet im Februar 2020 eine vom Bundesforschungsministerium initiierte transnationale Ausschreibung, an der sich 32 Institutionen in 26 Ländern beteiligen. Ziel ist, Verunreinigungen im gesamten Wasserkreislauf sowie deren Folgen für unsere Gesundheit zu untersuchen.
Es ist eine Spurensuche mit modernsten Methoden: Durch neue analytische Verfahren können Chemiker heute geringste Stoffkonzentrationen in der Umwelt nachweisen. Der Fokus richtet sich vor allem auf die Gewässer. Hier wird immer häufiger eine Belastung mit Spurenstoffen festgestellt, die auf den Gebrauch von Alltagsprodukten, aber auch auf die landwirtschaftliche Produktion zurückzuführen sind.
Die mikroskopisch kleinen Teilchen gelangen vielfach mit dem Abwasser in die Kläranlagen. Organische Substanzen können dort durch biologische Aufbereitungsverfahren gut beseitigt werden. Für die Entfernung chemischer Verbindungen fehlen häufig noch effektive Technologien. Zwar werden bundesweit Verfahren der vierten Reinigungsstufe auf der Basis von Ozon oder Aktivkohle erprobt - ihr flächendeckender Einsatz wäre allerdings kostspielig.
Hinzu kommt eine weitere Problematik: Die Spurenstoffe im Wasser können auch die Ausbreitung von gefährlichen Krankheitserregern befördern. Vor allem Arzneimittelrückstände, die aus der Landwirtschaft und den Haushalten stammen und laut Studien nahezu deutschlandweit in Fließgewässern sowie Grundwasserproben festgestellt wurden, führen möglicherweise zur Bildung multiresistenter Bakterien.
In der Politik werden bereits Maßnahmen diskutiert, um die Flüsse und Seen besser vor Spurenstoffen zu schützen – unter anderem mit einem im Dezember 2019 eingerichteten Runden Tisch der Bundesregierung. Ziel ist die Erarbeitung einer Spurenstoff-Strategie. Auch der Bundesrat hat sich für mehr Gewässerschutz und eine Verringerung von Arzneimitteleinträgen ausgesprochen.
Nunmehr wird auch die Forschungsarbeit zum Thema Wasserverunreinigungen im internationalen Kontext gebündelt: Die drei länderübergreifenden Joint Programming Initiativen (JPI) - „Water Challenges for a Changing World" (Water), „Healthy and Productive Seas and Oceans" (Oceans) und „Antimicrobial Resistance" (AMR) - haben erstmals eine gemeinsame Ausschreibung veröffentlicht.
Im Rahmen des ERA-Net Cofund „AquaticPollutants" wird das Themenfeld „Spurenstoffe, Krankheitserreger und antibiotikaresistente Bakterien im Wasserkreislauf - von der Quelle bis zur Mündung - und deren Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit" untersucht. Damit können diese für Umwelt und Verbraucher wichtigen Fragestellungen auf internationaler Ebene wissenschaftlich bearbeitet werden.
Ziel der transdisziplinären und transferorientierten Forschung ist es, die Wechselwirkungen zwischen den anthropogenen Spurenstoffen und Krankheitserregern in Flüssen, Seen und Meeren zu analysieren, aber auch deren Einfluss auf aquatische Lebensgemeinschaften sowie die daraus resultierenden Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit zu untersuchen. Hier gibt es noch viel Forschungsbedarf.
Gleichzeitig sollen Risiken für Ökosysteme aber auch für die Wasserqualität erkannt, bewertet und in Managementkonzepte überführt werden. Anwender und Stakeholder aus Politik, Gesellschaft und Wirtschaft werden in die Forschungsaktivitäten eingebunden, um Lösungsansätze für den Schutz der Wasserressourcen und der marinen Umwelt zu finden.
Das Bundesforschungsministerium übernimmt die Koordinierung der gemeinsamen Initiative der drei JPIs. An der Ausschreibung beteiligen sich 32 Institutionen aus 26 Ländern. Die internationale Ausrichtung des Themas wird durch die Beteiligung von neun außereuropäischen Partnern und dem Fokus auf Afrika verdeutlicht. Insgesamt stehen Fördermittel in Höhe von rund 27 Millionen Euro zur Verfügung – knapp 23 Millionen werden durch die beteiligten Förderorganisationen und 4,5 Millionen durch die EU-Kommission bereitgestellt.
Schwerpunkte der Förderung sind:
- Messung - Umweltverhalten von neu auftretenden Schadstoffen, Krankheitserregern und antimikrobiell resistenten Bakterien in aquatischen Ökosystemen
- Evaluierung - Risikobewertung und -management neu auftretenden Schadstoffen, Pathogenen und antimikrobiell resistenten Bakterien aus aquatischen Ökosystemen (Binnen- und Meeresgewässer) für die menschliche Gesundheit und die Umwelt
- Maßnahmen - Strategien zur Reduzierung von neu auftretenden Schadstoffen, Pathogenen und antimikrobiell resistenten Bakterien in aquatischen Ökosystemen (Binnen- und Meeresgewässer)
Neben den wissenschaftlichen Projekten wird ein Transfervorhaben ausgeschrieben, das die transnationale und transdisziplinäre Zusammenarbeit unterstützt. Bereits während der Projektlaufzeit soll die Einbindung und der Transfer zu Anwendern vorangebracht werden. Großes Ziel ist, schon an der Quelle der Verschmutzung anzusetzen – so dass möglichst wenig Spurenstoffe in den Wasserkreislauf gelangen.