Taskforce vor Ort: GFZ-Team analysiert Vulkanausbruch auf La Palma
Seit mittlerweile fünf Wochen spuckt ein Vulkan auf La Palma Feuer und Asche. Um mehr Daten über die Eruptionen und Erdbeben zu erhalten, hat das Helmholtz Potsdam Deutsches Geoforschungszentrum (GFZ) eine Taskforce gegründet und ein Team vor Ort entsandt.
Nach 50 Jahren Ruhephase und einer drei Jahre andauernden seismisch aktiven Phase begann am 13. September 2021 eine neue Vulkaneruption am Cumbre Vieja auf der Insel La Palma. Mithilfe eines Satellitenradars stellten die Forschenden des GFZ großräumige Verformungen fest, die auf einen Druckanstieg in der Tiefe hindeuten. Der Ausgangspunkt der Eruption lag an der mittleren Westflanke des vulkanischen Rückens von Cumbre Vieja, nur unweit nördlich der Eruption des Jahres 1949. Nach offiziellen Angaben wurden bisher nahezu 2200 Gebäude zerstört – hauptsächlich durch glühend heiße Lava, die den Vulkan hinabfließt und bereits das Meer erreicht hat. Angesichts der weiterhin hohen vulkanischen Aktivität befürchten Expertenteams vor Ort, dass sich schon bald ein weiterer Vulkanschlot öffnen könnte.
Der GFZ-Vulkanforscher Thomas Walter sagt: „Die Lage dort ist noch immer angespannt. Nicht nur, dass gewaltige Aschewolken am Eruptionskrater entstehen, der Kontakt der über 1000 Grad Celsius heißen Lava mit dem Meerwasser lässt das Wasser verdampfen und auch die darin enthaltenen Salzmoleküle. Diese reagieren zu teils giftigen und ätzenden Gasen." Man müsse mit weiteren Gefahren rechnen, wie plötzliche Dampfgas-Explosionen oder feinste Asche und Glaspartikel, die durch den starken Wind über viele Kilometer verfrachtet werden. Das sich neu bildende Delta im Meer wächst zusehends, kann aber unvorhergesehen wieder abbrechen.
Die Erdbeben verlagern sich mit steigenden Magnituden wieder nach Süden, ins Zentrum der Cumbre Vieja. Die komplexen Ereignisse sind nicht leicht zu entschlüsseln. Deshalb hat das GFZ ein Team zusammengestellt, das sowohl mit Daten aus der Fernerkundung und Computeranalysen unter anderem mit GEOFON, als auch mit vor Ort erhobenen Daten die Lage bewerten sollen. Nicole Richter, Alina Shevchenko und Carla Valenzuela Malebran, Forscherinnen der Sektion Erdbeben- und Vulkanphysik, waren bereits wenige Tage nach Beginn der Eruption aufgebrochen und hatten zahlreiche wissenschaftliche Instrumente wie Seismometer, Neigungsmesser, Drohnen und Thermalkameras im Gepäck. Das Team ist mittlerweile wieder zurückgekehrt, wertet die Daten aus und befindet sich im engen Austausch mit Expertinnen und Experten auf La Palma.
Die Arbeiten wurden möglich durch die Zusammenarbeit innerhalb des GFZ und sind eng mit den Aktivitäten anderer Institute in Spanien und in Deutschland verzahnt. Beispielsweise planen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des GFZ und des Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung GEOMAR in Kiel eine kombinierte Vermessung der Ereignisse an Land und im Meer. Auch werden die ersten seismischen Daten nun am GFZ empfangen und gleichzeitig an den Partner IGN in Spanien übertragen. Das erleichtert die Lagebestimmung der Erdbeben.
Die ersten Ergebnisse sind vielversprechend. Sie zeigen eine Anhäufung der Erdbeben in rund 12 Kilometer Tiefe, weit entfernt vom Eruptionsherd. Weisen sie auf eine Magmakammer hin? Wie hängen die Eruptionen mit den Erdbeben und der Oberflächenverformung zusammen? Das sind die Fragen, denen die Vulkanologinnen und Geophysikerinnen des GFZ gemeinsam mit ihren spanischen und deutschen Partnern nachgehen.
Kanarische Inseln
Die Kanarischen Inseln entstanden durch Vulkanismus und zeigten noch in ihrer jüngeren geologischen Vergangenheit morphologische und strukturelle Änderungen, wie große Explosionen, Rutschungen ganzer Inselflanken, oder auch Kalderen. Sieben der acht Inseln (alle außer La Gomera) können als vulkanisch aktiv bezeichnet werden. Die Inseln sind wahre Giganten: Zwischen einer Million und zwanzig Millionen Jahre alt, erheben sie sich bis zu 3715 m hoch über dem Meer. Der weitaus größere Teil liegt jedoch unter Wasser und drückt lokal sogar die Ozeankruste ein. Damit haben die Vulkane der Kanarischen Inseln oftmals mehr als hundert Kilometer Durchmesser. Wie die Spitze eines Eisbergs ragt auch La Palma aus dem Meer.
Deutsches Geoforschungszentrum (GFZ)
Das auf dem Telegrafenberg in Potsdam ansässige GFZ ist das nationale Zentrum zur Erforschung der festen Erde. Dort werden unter anderem Naturgefahren wie Erdbeben und Vulkanausbrüche erforscht, zudem Lösungen für die nachhaltige Gewinnung von Energie und Bodenschätze erarbeitet. Das GFZ zählt derzeit knapp 1300 Beschäftigte und erhält jährlich 69 Millionen Euro im Rahmen der institutionellen Förderung vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und dem Land Brandenburg.