Band III des Sechsten IPCC-Sachstandsberichts verabschiedet: Wie können die nötigen Emissionsminderungen erzielt werden, um die Pariser Klimaziele einzuhalten?
Der Weltklimabericht zeigt: Trotz einiger Fortschritte seit Verabschiedung des Pariser Klimaabkommens sind die Treibhausgasemissionen weiter angestiegen. Die Klimaschutzpläne der Länder reichen nicht aus, um die Erwärmung auf 1,5 °C zu begrenzen.
Der Weltklimarat IPCC hat am 4. April 2022 den dritten Band seines aktuellen, Sechsten Sachstandsberichts veröffentlicht. Zwei Wochen lang hatten die Delegationen der 195 Mitgliedsländer auf der virtuell abgehaltenen Verabschiedungssitzung die Zusammenfassung für die politische Entscheidungsfindung (Summary for Policymakers, SPM) Satz für Satz diskutiert und einstimmig verabschiedet. Dies wurde in kontinuierlichem Austausch mit den wissenschaftlichen Autorinnen und Autoren durchgeführt, die darauf achteten, dass die Aussagen in der Zusammenfassung fachlich korrekt blieben und auch wirklich das wiedergeben, was in den ausführlichen Kapiteln steht.
Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger betonte in einem Videostatement die Bedeutung von Forschung und Innovation für die Erreichung der Klimaziele. Das BMBF leistet seinen Beitrag hierbei sowohl über die Förderung der zugrundliegenden Forschung als auch über die Unterstützung des IPCC-Prozesses selbst. So finanziert das BMBF zum Beispiel Assistenzstellen für Koordinierende Leitautoren des Berichts. Insgesamt waren 14 Fachleute von deutschen Institutionen im Kernteam an der Erstellung des Berichts beteiligt, viele weitere haben Beiträge geleistet oder zur Begutachtung beigetragen.
Der erste Band „Naturwissenschaftliche Grundlagen" des Sechsten IPCC-Sachstandsberichts erschien Anfang August 2021, der zweite Ende Februar 2022. Mehr Informationen rund um den Bericht gibt es auf der Webseite der Deutschen IPCC-Koordinierungsstelle.
Die wichtigsten Aussagen des Berichts
Der Bericht des Weltklimarats von Anfang April 2022 zeigt, dass trotz der Fortschritte seit Verabschiedung des Pariser Klimaabkommens die Treibhausgasemissionen weiter angestiegen sind. Zunehmender Wohlstand und der damit einhergehende Material- und Energieverbrauch sowie hohes Bevölkerungswachstum führten zu mehr Treibhausgasemissionen als durch Klimaschutzmaßnahmen eingespart wurden.
Der Bericht weist darauf hin, dass Klimaschutzpolitik und klimafreundliche Investitionen immer mehr Verbreitung finden. Dennoch kann mit den bis Anfang Oktober 2021 bei der Klimarahmenkonvention UNFCCC eingereichten nationalen Klimaschutzplänen (Nationally Determined Contributions, NDC) die Erwärmung nicht auf 1,5 °C über vorindustriellen Werten begrenzt werden. Um unter 2 °C globaler Erwärmung zu bleiben, wäre eine abrupte, sehr große Steigerung dieser Anstrengungen vom Jahr 2030 an erforderlich. Laut den im IPCC analysierten Szenarien müssten für die Einhaltung der 1,5-Grad-Grenze die weltweiten Treibhausgasemissionen bis 2030 um 34 bis 60 Prozent und bis 2050 um 73 bis 98 Prozent gesenkt werden, jeweils im Vergleich zum heutigen Niveau. Für die Einhaltung der 2-Grad-Grenze gäbe es für diese Minderungsraten etwa zehn Jahre mehr Zeit.
Einschneidende Minderungen der Treibhausgasemissionen sind dabei in allen Sektoren und Regionen notwendig. Fossile Brennstoffe müssten durch weitgehend emissionsfreie Energieträger ersetzt werden. Ein Großteil der Emissionen stammt zwar aus dem Energiesektor, diese Energie wird aber in anderen Sektoren wie Industrie, Wohnen oder Verkehr verbraucht. Der Bericht betrachtet auch zum ersten Mal die Verbraucherseite genauer: Strategisch angelegte nachfrageseitige Minderungsoptionen wie Anreize oder Infrastrukturmaßnahmen können bis 2050 erheblich zur Senkung von Treibhausgasemissionen beitragen, während individuelle Konsumentscheidungen allein nur geringe Minderungen bewirken. Und auch auf den Finanzmärkten ist das Thema „Klimawandel" angekommen – der IPCC-Bericht untersucht in einem eigenen Kapitel die Rolle von Kapitalwirtschaft und Finanzflüssen.
Ergänzend zu den dringend notwendigen Emissionsreduktionen wird in allen 1,5-Grad- und 2-Grad-Szenarien auch eine Entnahme von Kohlendioxid aus der Atmosphäre (Carbon Dioxide Removal, CDR) angenommen, um unvermeidbare Restemissionen auszugleichen, unzureichende Minderungsmaßnahmen zu unterstützen oder um sogar die Atmosphäre teilweise wieder abzukühlen, falls die Klimaziele überschritten würden.
Eine kurze Übersicht über die wichtigsten Erkenntnisse des IPCC-Berichts bieten die fett-gedruckten „Hauptaussagen" eines jeden Abschnitts der Zusammenfassung für die politische Entscheidungsfindung. Sie sind hier auf Deutsch verfügbar.
Klimaforschung liefert die Wissensbasis für politische Entscheidungen
Das BMBF fördert bereits seit vielen Jahren Forschung zum Klimawandel, die für den IPCC-Bericht relevant ist. Mit einer Serie von Meldungen haben wir in den vergangenen Wochen Projekte aus der BMBF-Strategie „Forschung für Nachhaltigkeit" (FONA) vorgestellt, die sich mit diesen Themen beschäftigen. Im Fokus standen dabei:
Eine Übersicht aller bisherigen Folgen unserer IPCC-Artikelserie finden Sie hier.
Klimaforschung, die das BMBF fördert, liefert die Grundlage für faktenbasierte und informierte politische und gesellschaftliche Entscheidungen zum Umgang mit dem Klimawandel. Forschung zum Klimawandel verbessert zum einen das Verständnis über seine Ursachen, Trends und Risiken. Zum anderen zeigt sie Wege und innovative Lösungen auf, um den notwendigen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Wandel hin zur Klimaneutralität in allen Bereichen des Lebens zu gestalten. Hierzu fördert das BMBF beispielsweise Projekte zur Erforschung und Entwicklung von emissionsarmen Technologien wie grünem Wasserstoff, Untersuchungen zur Machbarkeit und Wirksamkeit von CO2-Entnahmemethoden (CDR) und auch Forschung zur Rolle und Klimaschutzpotenzial der Finanzwirtschaft.