BioWaWi - Schutzmaßnahmen für die Biodiversität und Ökosystemleistungen der Wasserschutzgebiete

Der Schutz des Trinkwassers wird vor allem über intakte Ökosysteme gewährleistet. Um beides zu sichern ist es notwendig, nachhaltige Umweltmanagementsysteme zu entwickeln, die Naturschutz und Wasserwirtschaft als integralen Bestandteile verstehen. Prof. Dr. Norra, berichtet von den Plänen des Forschungsprojektes BioWaWi.

Was und wer verbirgt sich hinter der Abkürzung BioWaWi? Was war die Motivation für dieses Projekt?
Das Kürzel BioWaWi steht für „Biodiversität und Wasserwirtschaft". Rund 6% der Gesamtfläche Deutschlands sind Naturschutzgebiete aber rund 13% der Fläche Deutschlands stehen unter Wasserschutz. Könnte in diesen Wasserschutzgebieten Biodiversität aktiv geschützt werden, wäre dies ein enormer Beitrag zum Biodiversitätsschutz in Deutschland. Zudem stellen die Wasserschutzgebiete ein wichtiges Glied in der Wertschöpfungskette der Wasserwerke dar.
Die Biodiversität in den Wasserschutzgebieten und ihre Ökosystemleistungen gewährleisten sauberes Grundwasser in ausreichender Menge. Daher sollten Wasserwerke über die ökologische Funktionsfähigkeit ihrer Wasserschutzgebiete immer ausreichend informiert sein, diese überwachen sowie Maßnahmen in die Hand bekommen, diese Biotope zu schützen.
Im Projekt BioWaWi werden die Wasserschutzgebiete der Stadtwerke Bühl beispielhaft für Wasserschutzgebiete in ganz Deutschland untersucht. Entwickelt werden Methoden, wie Wasserwerke die Biodiversität und die Ökosystemleistungen ihrer Wasserschutzgebiete untersuchen und sicherstellen können. Hierzu werden die Bühler Wasserschutzgebiete mit automatischen und datenübertragenden Bodenfeuchtesensoren und Klimamessstationen ausgerüstet, die jederzeit umfassende Informationen zum aktuellen Wasserhaushalt in den Wasserschutzgebieten bereitstellen. Zudem wird ein umfassendes Wasserhaushaltsmodell erstellt, dass das Grundwasser, die wasserungesättigte Bodenzone und die Vegetation umfasst. Eine detaillierte Boden-, Biotop- und Artenkartierung ermöglicht die Bewertung der örtlichen Wasserverfügbarkeit. Aus allen diesen Informationen werden Maßnahmen zum Schutz der Artenvielfalt und der Ökosystemleistungen abgeleitet. Mögliche Maßnahmen sind die Bewässerung sensitiver Areale oder eine verringerte Förderung von Grundwasser in von Dürre besonders betroffenen Arealen.

Ein wichtiges Ziel von BioWaWi ist es, ein Umweltmanagementsystem für Wasserwirtschaftsunternehmen einzuführen. Warum wird es in Zukunft wichtig sein, ein solches System zu nutzen?
Der Klimawandel wird zu einem neuen Muster an Niederschlägen und Trockenperioden führen, die maßgeblich die Menge und Qualität des Grundwassers beeinflussen, wobei dieses Grundwasser einerseits als Trinkwasser genutzt wird und andererseits für die Funktion der Ökosysteme in den Wasserschutzgebieten essentiell ist. Beides ist miteinander verbunden: Die Ökosysteme in den Wasserschutzgebieten sind entscheidend für die Qualität des Trinkwassers mitverantwortlich. Veränderungen der Biodiversität und der Ökosystemleistungen in den Wasserschutzgebieten müssen folglich seitens der Wasserwerke nicht nur kontrolliert werden: Entscheidend wird, dass Maßnahmen zum Schutz der Biodiversität in den Wasserschutzgebieten vorbereitet werden, die im Ernstfall Schädigungen der Biodiversität abwenden.

Welche Erwartungen haben Sie an Wasserwirtschaftsunternehmen im Hinblick auf den Biodiversitätsschutz?
Wasserwirtschaftsunternehmen bewirtschaften mit ihren Wassereinzugsgebieten große Flächen in Deutschland und sollten sich ihrer Verantwortung für die dort vorkommende Biodiversität und der von ihr bereitgestellten Ökosystemleistungen bewusst sein. Sie spielen eine wichtige Rolle dabei, beides zu bewahren.


Welchen Beitrag können Bürgerinnen und Bürger zum Schutz der Biodiversität leisten? Wie können wir unser Konsumverhalten ändern
?
Neben dem kulturellen Erbe einer Gesellschaft existiert auch ein ökologisches Erbe. Dieses ökologische Erbe sichert die grundlegenden Lebensmöglichkeiten einer Gesellschaft in ihrer entsprechenden Umwelt. Biodiversität und deren Ökosystemleistungen sind wesentliche Bestandteile des ökologischen Erbes. Biodiversitätsverluste und -veränderungen können die Lebensqualität der Gesellschaft stark beeinträchtigen, Gesundheitsprobleme bewirken und zu ökonomischen Einbußen führen. In diesem Projekt wird die lokale Gesellschaft über ein Citizen Science Projekt eingebunden, in dem die Bürger:innen den Zustand der Biotope durch Fotos und Geräuschprofile während ihrer Spaziergänge dokumentieren. Diese Einbindung von Bürgerwissenschaftler:innen führt nicht nur zu einem breiten Datensatz für die anschließenden Analysen, sondern fördert auch gleichzeitig das gesellschaftliche Bewusstsein für den Zustand der Biotope vor Ort. Zudem werden in partizipativen Beteiligungen Wassernutzungsmuster untersucht; auch ein sparsamer Umgang mit Wasser trägt zum Schutz der Biodiversität in Wasserschutzgebieten bei.

Wie lange wird das Projekt laufen und welche Ergebnisse erwarten Sie, auch im Hinblick auf die Zukunft?
Wir haben insgesamt drei Jahre Zeit, ein IT-gestütztes Überwachsungssystem und ein entsprechendes Umweltmanagementsystem zu entwickeln, das in die Entscheidungsprozesse des am Projekt beteiligten kommunalen Wasserwirtschaftsunternehmen integriert werden kann. Die Ergebnisse werden die Stadtwerke Bühl in die Lage versetzen, die Biodiversität und die Ökosystemleistungen ihrer Wasserschutzgebiete genau zu kennen und zu bewahren. Die entwickelten Methoden können auf andere Wasserwirtschaftsbetriebe übertragen werden. Langfristiges Ziel ist es, dass weitere Wasserwirtschaftsbetriebe diese Methoden übernehmen und verstärkt auf Umweltmanagementsysteme hinarbeiten, die den Erhalt der biologischen Vielfalt gewährleisten. Aus diesem Grund sind weitere Wasserwirtschaftsbetriebe über den Projektbeirat eingebunden.