„An Accessible Ocean“ – sechstes Ocean Decade Laboratory fordert mehr Dialog zwischen Politik und Wissenschaft
Wie kann es gelingen, einen gerechten und offenen Zugang zu marinen Informationen, Daten und Innovationen zu schaffen? Wie kann die Hohe See geschützt und deren Ressourcen nachhaltig genutzt werden? Diesen und weiteren drängenden Fragen widmete sich das sechste Ocean Decade Laboratory „An Accessible Ocean“ vom 10. bis zum 12. Mai 2022.
Ein Ozean für alle braucht gute Meeresgovernance, offenen Zugang zu Daten, Informationen und Technologien. Doch noch ist der Zugang zu relevantem Wissen ungleich verteilt; das betrifft insbesondere Schwellen- und Entwicklungsländer und kleine Inselstaaten. Der Handlungsbedarf ist groß. Gleichzeitig liegen zwei Drittel des Ozeans außerhalb der Zuständigkeit der Staaten und ein umfassender Gesetzesrahmen, politische Maßnahmen und Regeln für eine einheitliche Governance zum Schutz der Meere fehlen. Die Hohe See, als fragiles Ökosystem und Heimat einzigartiger Artenvielfalt, ist rechtlich kaum geschützt und muss dem wachsenden Ressourcenverbrauch standhalten. Wie können diese Herausforderungen zusammengebracht werden?
Das Laboratory „An Accessible Ocean“ startete mit einem dreistündigen Core Event, gefolgt von 20 Satellite Aktivitäten, weltweit um den Globus verteilt, und endete mit einem Wrap-up am dritten und letzten Tag. Während der dreitätigen online-Veranstaltung diskutierten Expertinnen und Experten die notwendigen Strukturen für einen konstruktiven Austausch zwischen Wissenschaft und Politik entlang drei zentraler Fragen für die Zukunft des Ozeans:
- Welches Wissen benötigt die internationale Ozean Governance?
- Wie kann Forschung die notwendige nachhaltige Transformation unterstützen?
- Welche Wissenschafts-Architektur ist notwendig, um Entscheidungswissen in die internationalen Verhandlungsprozesse zu überführen?
Teilnehmende aus 71 Ländern kamen zu diesem Ocean Decade Laboratory zusammen. Die Interessierten stammten dabei primär nicht aus der Meeresforschung, über die Hälfte der Personen kamen aus Unternehmen, der Industrie oder anderen gesellschaftlichen Gruppen.
Anna-Katharina Hornidge, Direktorin des German Development Institute und eine der beiden Chairs des Laboratory, erinnerte die Teilnehmenden daran, was auf dem Spiel stehe: Mit der drohenden Nicht-Einhaltung der 17 Nachhaltigkeitsziele bis 2030, die die Vereinten Nationen 2015 formuliert haben, und den Bemühungen den Klimawandel zu stoppen, müsse die große Transformation für Umwelt- und Klimaschutz in der menschlichen Entwicklung nachhaltig beschleunigt werden.
Sebastian Unger, der zweite Chair des Ocean Decade Laboratory und Leiter der Ocean Governance Research Group am Institute for Advanced Sustainability Studies in Potsdam, betonte, wie wichtig Vertrauensbildung zwischen Wissenschaft, Politik und den von diesen Entscheidungen betroffenen Menschen sei. Nur so könne die Vision der Dekade, „leaving no one behind“, gelebt werden.
Über 20 Satellite Aktivitäten begleiteten das Laboratory mit Workshops, Online-Vorträgen und präsentiertenTools, oftmals auf lokaler Ebene. Ein anwendungsorientiertes hands-on Beispiel für „data sharing“ und wie Bürgerinnen und Bürgern zum Sammeln von Daten und dem Generieren von Wissen über den Zustand der Ozeane eingebunden werden können, war die App „Save the Waves“. Diese Applikation für Smartphones erlaubt es den Anwenderinnen und Anwendern „citizen identified threats“, also von der Zivilgesellschaft erkannte Gefahren aller Art an Stränden zu fotografieren. Ursprünglich von Surfern entwickelt, um sich gegenseitig über mögliche Gefahren – seien es Meeresströmungen, Umweltverschmutzungen oder scharfkantige Felsen – entlang beliebter Surf-Spots zu warnen, wird die App zunehmend von diversen Usern genutzt: Taucher, Fischer und jeder Interessierte an Umweltverschmutzungen oder Bedrohungen entlang der Küste. Wenn auch nicht im klassischen Wissenschaftssystem entwickelt, macht diese Citizen Science-Anwendung den wertvollen Nutzen deutlich, Daten auf lokaler Ebene mit verschiedensten Stakeholdern zu erheben.
UN-Ozeandekade
Die in 2021 gestartete „UN-Dekade der Ozeanforschung für Nachhaltige Entwicklung (2021-2030)“ hat in den kommenden zehn Jahren das weltweite Ziel, die zentrale Rolle des Ozeans für das Ökosystem Erde stärker ins Bewusstsein der Öffentlichkeit zu rücken, Wissen zu schaffen, bestehendes Wissen zu bündeln und dieses verfügbar zu machen. Unter dem Motto „Creating the Ocean we want“ haben das BMBF und die IOC-UNESCO den Auftakt der UN-Ozeandekade am 1. Juni 2021 in Berlin gefeiert. Die Ocean Decade Laboratories bieten eine internationale Plattform, um neue Partnerschaften und Dialoge anzuregen. Sie führen ab dem Juli 2021 über ein Jahr hinweg das Momentum des High-Level-Auftakts vom 1. Juni 2021 der Ozeandekade fort.