Welttag zur Bekämpfung der Wüstenbildung: INTERFACES untersucht Zusammenhänge zwischen Landrechten und nachhaltiger Bodennutzung in Afrika
Mehr als ein Drittel Ackerland weltweit ist von Wüstenbildung bedroht. Auf den Feldern Afrikas arbeiten vorrangig Frauen. Sie haben aber oft zu wenig Rechte, um in eine nachhaltige Landwirtschaft zu investieren. Lösungsansätze entwickelt INTERFACES.
Die Vereinten Nationen (United Nations/UN) haben den 17. Juni zum Welttag für die Bekämpfung von Wüstenbildung und Dürre bestimmt. Weltweit wird Bodendegradation, also die Abnahme der Fruchtbarkeit der Böden, zu einer immer größeren Herausforderung für die Ernährungssicherheit.
Die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationalen (FAO) hat bereits 2021 festgestellt: „Mit der Intensivierung der Landwirtschaft verdichten sich die Anzeichen für das Ausmaß und die Schwere der Bodendegradation, wodurch Boden erodiert, Nährstoffe aufgebraucht sind und die Versalzung zunimmt. Die vom Menschen verursachte Degradation betrifft 35 Prozent (1 660 Millionen ha) der landwirtschaftlichen Flächen."
Der diesjährige Welttag zur Bekämpfung der Wüstenbildung steht bei der UN unter dem Motto: „Her Land, Her Rights" (auf Deutsch: "Ihr Land, Ihre Rechte"). Denn die abnehmende Fruchtbarkeit der landwirtschaftlichen Böden sowie die Wasserknappheit als Folge von Landübernutzung und Klimawandel trifft insbesondere Frauen und Mädchen hart: Sie sind in den traditionellen Gemeinschaften der Kleinbauern im westlichen und südlichen Afrika vorrangig für die Feldarbeit und für das immer aufwändigere Trinkwasserholen zuständig. Dennoch haben Frauen oft nur einen stark eingeschränkten Zugang zu Land, bzw. zu Landbesitz. So ist es Ihnen oft nicht möglich, die notwendigen Kredite zu erhalten, um Investitionen etwa für eine nachhaltige Landbewirtschaftung ermöglichen.
Im Einzelfall kann der Zugang von Frauen zu Landrechten stark variieren. Je nach Alter, Bildung, Einkommen, Ethnie, Religion und Region verfügen zwar einige der Frauen im südlichen und westlichen Afrika über Besitztümer. Wirklich verlässliche Zahlen gibt es dazu aber nicht. Als gesichert gilt, dass die Mehrheit der Frauen im ländlichen Bereich kaum Zugang zu Landrechten, Krediten oder landwirtschaftlichen Produktionsmitteln hat und somit wenig Mitbestimmung über die Art der Bodennutzung.
INTERFACES begleitet Forschende, um das nachhaltige Landmanagement durch Gleichbehandlung der Geschlechter voranzutreiben
Hier setzt das Begleitprojekt INTERFACES zur BMBF-Fördermaßnahme „Nachhaltiges Landmanagement in Subsahara-Afrika" an: Das Projektteam begleitet vier Forschungsprojekte dabei, den Wandel für eine nachhaltige Landbewirtschaftung in Subsahara-Afrika zu unterstützen. Die Gleichbehandlung der Geschlechter ist dafür gemäß aktuellem Forschungsstand eine wichtige Basis.
Geschlechterdifferenzierte Untersuchungen, wie INTERFACES sie durchführt, werden aufzeigen, ob und inwiefern sich der Klimawandel und die Bodendegradation auf Männer und Frauen unterschiedlich auswirken und welche Lösungsansätze es für eine ausgewogenere Verteilung von Landrechten gibt.
Diese Untersuchungen sollen bei Kleinbauern die Mechanismen der Ungleichbehandlung der Geschlechter beim Zugang zu Landbesitz und Landmanagement sichtbar machen. Ungleichbehandlung zeigt sich etwa daran, wer Entscheidungen über das Personal oder landwirtschaftliche Produktionsmittel – wie beispielsweise bei der Anschaffung von Geräten oder Dünger – treffen darf. Dabei sollen die Studien aufzeigen, auf welche Weise die bestehenden Machtstrukturen und gesellschaftlichen Normen eine Gleichbehandlung der Geschlechter behindern.
Das Projektteam von INTERFACES berät Forschende bei ihrer Arbeit vor Ort auch dazu, wie zum Beispiel Fragebögen und Feldversuche für nachhaltige Agrarpraktiken gender-sensitiv gestaltet werden können, um differenziertere Situationsanalysen zu erhalten. Darauf aufbauend wird das INTERFACES-Projektteam anwendungsorientierte Lösungen entwickeln, so dass Frauen und Männer gleichermaßen von Maßnahmen im Landbereich profitieren und gleichgestellt werden können.
Als Lösungsansätze identifiziert das Projekt INTERFACES beispielsweise praktische und strategische Bedarfe im Verhältnis zwischen Frauen und Männern, wie etwa eine ausgewogenere Arbeitsteilung sowie mehr Mitspracherecht bei der Landbewirtschaftung und nicht zuletzt eine finanzielle Absicherung.
Ghana bietet Beispiele für eine bessere Verteilung der Landrechte und nachhaltigere Bodennutzung
Für neue Entwicklungspfade sind insbesondere erfolgreiche Beispiele aus der Praxis, wie etwa die Entwicklungen in Ghana, höchst interessant. In Ghana haben Frauen damit begonnen, die traditionellen geschlechterbasierten Hindernisse für den Landbesitz zu umgehen und sich selbst Zugang zu Land zu verschaffen. Dabei erhalten sie zum Beispiel Land, indem sie es von anderen Gemeindemitgliedern pachten und die Hälfte des Ertrages als Pacht abgeben („shared copping arrangements"). Alternativ gründen manche Frauen auch eine kleine Gruppe und bitten das lokale Gemeindeoberhaupt um eine Fläche zur gemeinsamen Bewirtschaftung. Durch Verfügung über mehr Landrechte können Frauen auch selbstbestimmter darüber entscheiden, in nachhaltigere Landbewirtschaftung zu investieren. So werden viele von ihnen inzwischen häufiger zu „change agents" – also zu Multiplikatorinnen für Veränderungen.
Daher ist es für eine erfolgreiche Anpassung an den Klimawandel und die Vermeidung von Wüstenbildung wichtig, bei allen Aktivitäten in der Landwirtschaft geschlechterrelevante Fragestellungen in Forschungs- und Entwicklungsprojekten von Anfang an mitzudenken und umzusetzen. Die Ergebnisse des Begleitvorhabens INTERFACES werden den Menschen vor Ort durch vier Forschungsprojekte über gezielte Dialogforen, Lernplattformen und Netzwerke zugänglich gemacht.
Hintergrund
Das Begleitvorhaben „INTERFACES" unterstützt Entwicklungspfade für
Nachhaltiges Landwirtschaft in der BMBF-Fördermaßnahme
„Nachhaltiges Landmanagement in Subsahara-Afrika".
INTERFACES ist ein Begleitvorhaben, das vier vom BMBF geförderte regionale Forschungsprojekte dabei unterstützt, den Wandel für eine nachhaltige Landbewirtschaftung in Subsahara-Afrika voranzutreiben.
Dazu bringt INTERFACES die Vernetzung der Forschungsprojekte mit regionalen und internationalen Akteuren bzw. Partnern voran – darunter UNCCD und UNFCC. Darüber hinaus unterstützt INTERFACES die Wissenschaftskommunikation, gesellschaftliche Lernprozesse und Kapazitätsentwicklungen und erstellt ergänzende Transferanalysen, die die Umsetzung von Maßnahmen ermöglichen und die Reichweite der Erkenntnisse aus den Forschungsprojekte verbessern.
Dabei ist INTERFACES hauptsächlich aktiv in Westafrika mit Fokus auf Ghana, Benin und Togo. Zusätzlich werden themenrelevante Entwicklungen in weiteren Ländern Afrikas wie Senegal, Kenia und Namibia untersucht.
Die Leitthese des Projekts lautet: Um den transformativen Wandel hin zu einem nachhaltigen Landmanagement zu erreichen, bedarf es einer Umstrukturierung technologischer, wirtschaftlicher, politischer und sozialer Rahmenbedingungen. Die Veränderungen müssen geschlechtergerecht und inklusiv für alle gesellschaftlichen Schichten sein.
Das Verbundprojekt INTERFACES wird vom 01.10.2022 bis 30.09.2026 mit mehr als 2,5 Millionen Euro vom BMBF gefördert.