BMBF-Forschung durch RESI-extrem: Schutz vor Starkregen in gebauter Stadt
Bei Starkregen kam es in Olfen und Schwäbisch Gmünd seit 2013 zu überfluteten Kellern und zwei Todesopfern. Jetzt haben die Städte mit dem BMBF-Forschungsteam RESI-extrem Lösungen für den Schutz vor Starkregen entwickelt und umgesetzt.
Die Städte Olfen (NRW) und Schwäbisch Gmünd (Baden-Württemberg) haben erkannt, dass Starkregenrisikovorsorge besonders wirksam ist, wenn sie in die Stadtentwicklung integriert wird. Dabei geht es nicht nur um Neubauten, sondern auch darum, wie die Risikovorsorge und Resilienz in der bereits gebauten Stadt gestärkt werden können. Denn Stadtverwaltungen müssen in Zeiten des Klimawandels damit rechnen, dass Starkregen in Zukunft noch häufiger und intensiver wird. Bei der Risikovorsorge hat das Forschungsprojekt RESI-extrem die beiden Städte Olfen und Schwäbisch Gmünd unterstützt – im Rahmen der BMBF-Förderinitiative „Klimaresilienz durch Handeln in Stadt und Region".
Der Koordinator des Projekts, Dr.-Ing. Jörn Birkmann, Universität Stuttgart, erklärt: „Ein zentraler Schlüssel zur effektiven Starkregenrisikovorsorge liegt in der Stadtplanung und dem Stadtumbau hin zu mehr Resilienz. Hierfür müssen sich verschiedene Ämter an einen Tisch setzen und neue Konzepte entwickeln, abseits der bekannten Flusshochwassergefahren. Starkregen kann räumlich überall auftreten, daher kommt dem Schutz kritischer und sensibler Einrichtungen eine wichtige Bedeutung zu. Auch müssen die Wassermassen über neue Wege schadfrei durch Städte geleitet werden."
In einem ersten Schritt hat das Projekt RESI-extrem Olfen und Schwäbisch Gmünd bei der Identifizierung von Stadtgebieten unterstützt. Dabei ging es darum, Stadtteile zu benennen, die bei Starkregen besonders gefährdet sind und zudem verwundbare Bevölkerungsgruppen und Infrastrukturen aufweisen, wie Senioreneinrichtungen oder Kitas.
Neue Starkregen-Risikokarten und städtebauliche Entwicklungskonzepte
Haushaltsumfragen des Projekts haben auch lokales Wissen zu Starkregenrisiken und „Risk-Governance" (Risikosteuerung) erfasst. Dabei zeigte sich, dass die Befragten neben der Eigenvorsorge auch die Verantwortung bei den Stadtverwaltungen sehen. Aufbauend auf diesen Erkenntnissen und weiteren Analysen haben die Forschungspartner von RESI-extrem (vgl. Infokasten unten) detaillierte Starkregen-Risikokarten für beide Städte erstellt und Konzepte entwickelt, wie in der gebauten Stadt Risiken gemindert und die Resilienz erhöht werden kann.
In einem zweiten Schritt hat RESI-extrem gemeinsam mit den Stadtverwaltungen für besonders betroffene Stadtteile integrierte städtebauliche Entwicklungskonzepte (InSEK) entwickelt. Diese Konzepte konzentrieren sich auf den Schutz vulnerabler Gruppen und Einrichtungen, wie Senioreneinrichtungen, Kitas und Schulen sowie einen Wasserabfluss, der keinen Schaden verursacht.
Beispiel Schwäbisch Gmünd: Starkregen in den Fluss Rems ableiten
In Schwäbisch Gmünd haben Analysen ergeben: Das Wasser hat sich bei Starkregen vor allem an einem tiefen Punkt in der Altstadt gesammelt. Dort liegt auch ein Seniorenzentrum mit einem barrierefreien Eingang, dessen Bewohnerinnen und Bewohner sich im Ernstfall nicht allein retten könnten.
Deshalb sieht das neue städtebauliche Entwicklungskonzept für Schwäbisch Gmünd vor, das Regenwasser in den Fluss Rems abzuleiten. Dafür soll unter anderem ein alter Mühlgraben reaktiviert werden. Auch sollen neue Mulden, kleine Mauern sowie Abflussrinnen in der Straßenmitte helfen, das Wasser systematisch abzuleiten. „Den Anwohnern haben wir für ihren Gebäudeschutz vor allem Maßnahmen, wie Rampen und mechanische oder automatische Schottsysteme, empfohlen", erklärt Sascha Saad, Projektpartner vom Büro AGL für Landschafts-, Stadt- und Raumplanung.
„Wir müssen Starkregen im Akutfall noch besser managen", betont auch Birgit Pedoth, stellvertretende Amtsleiterin in Schwäbisch Gmünd. „Wir wollen alle verantwortlichen Ämter durch Regenmessgeräte mit einem verbesserten Frühwarnsystem ausstatten. Dann können das Tiefbauamt und der Bauhof zum Beispiel dafür sorgen, dass Unterführungen rechtzeitig gesperrt werden und Abflüsse nicht durch angeschwemmten Müll blockiert werden."
Beispiel Olfen: Bürgerinnen und Bürger einbeziehen und informieren
Auch in Olfen wird der Oberflächenabfluss gesteuert, indem das Entwicklungskonzept die Reaktivierung eines ehemaligen Stadtgrabens vorsieht. Die Stadtverwaltung hat auch hier frühzeitig den Dialog mit den Bürgerinnen und Bürgern gesucht. So berichtet Christopher Schmalenbeck aus der Stadtverwaltung Olfen: „Wir haben Bürgerinformationsveranstaltungen mit dem Schwerpunkt Starkregen organisiert und waren zum Beispiel auf Stadtfesten mit Infoständen vertreten. Zur konkreten Planung für den Stadtgraben 2.0 wird es eine weitere Bürgerbeteiligung geben. Den Anwohnerinnen und Anwohnern muss diese Planung gut vermittelt werden, denn einige befürchten auch persönliche Nachteile."
RESI-extrem hat vor allem Lösungsvorschläge für Bestandsbauten in Städten kleiner und mittlerer Größe entwickelt. Diese werden nun von den Praxispartnern auf lokaler Ebene genutzt. RESI-extrem hat zudem die Forschungsergebnisse so aufbereitet, dass auch weitere Städte von den Chancen und Hemmnissen bei der Umsetzung von resilienzfördernden Strategien gegen Starkregenrisiken lernen können.
Das Projekt RESI-extrem
Das Projekt RESI-extrem ("Anwendung und Verstetigung von Resilienzstrategien für Städte im Umgang mit räumlich ubiquitär auftretenden Extremwetterereignissen") wurde vom BMBF im Rahmen der Förderinitiative „Klimaresilienz durch Handeln in Stadt und Region" in Zeiträumen seit August 2017 bis Juli 2023 mit rund 806.000 Euro gefördert. Das Projekt hat zum Ziel, Resilienzstrategien zum Schutz vor Starkregen umzusetzen und dabei die oft getrennten Arbeitsweisen von verschiedenen Bereichen der Stadtverwaltungen miteinander zu verzahnen.
Projektpartner sind:
• Universität Stuttgart, Institut für Raumordnung und Entwicklungsplanung (IREUS)
• Technische Universität Dortmund, IRPUD
• Stadt Olfen
• Stadt Schwäbisch Gmünd