Trinkbrunnen, Sonnensegel & Infokampagne: Wie sich die Stadt Mannheim auf den Hitzesommer vorbereitet
Das BMBF-Projekt SMARTilienceGoesLive zeigt, wie Hitzemanagement geht: Klimaanpassungsmanagerin Alexandra Idler erklärt, wie Mannheim den Hitzeaktionsplan umsetzt. Aktuell stehen an: die Menschen vor Ort sensibilisieren und Trinkbrunnen installieren.
Heute richtet die Bundesärztekammer und die Deutsche Allianz Klimawandel und Gesundheit (KLUG) e.V. einen bundesweiten Hitzeaktionstag aus. Auch bei der Stadt Mannheim wird das Thema Hitzeschutz mit hoher Priorität angegangen. Alexandra Idler ist Klimaanpassungsmanagerin der Stadt Mannheim und koordiniert das vom BMBF geförderte Projekt SMARTilienceGoesLive. Es baut auf dem bereits durchgeführten BMBF-Forschungsprojekt SMARTilience auf und setzt dessen Ergebnisse in Mannheim in die Praxis um.
Die letzten Sommer haben auch in Deutschland die Folgen des Klimawandels deutlich gezeigt: Immer öfter leiden gerade die Menschen in Städten unter langen und intensiven Hitzephasen. Im BMBF-Projekt SMARTilience hat die Stadt Mannheim bereits vor zwei Jahren einen Hitzeaktionsplan entwickelt. Nun sind im Rahmen von SmartilienceGoesLive erste Maßnahmen bereits umgesetzt, weitere folgen. Wie sehen Sie die Stadt Mannheim auf den jetzt kommenden Sommer vorbereitet?
Sehr gut! In unserem Hitzeaktionsplan haben wir viele Maßnahmen ausgearbeitet, die wir seit dem vergangenen Jahr sukzessiv umsetzen. Im letzten Sommer wurden wir von der Hitzewelle überrollt. Sie kam sehr schnell und brachte einen intensiven, heißen Sommer. Wir hatten mit der Umsetzung des Hitzeaktionsplans erst im Februar 2022 beginnen können und hatten daher keine lange Vorbereitungsphase für den Sommer.
Das ist dieses Jahr anders: Wir haben den Winter genutzt und eine umfangreiche Informationskampagne zum Thema Hitze und Gesundheit vorbereitet – für die Gesamtbevölkerung und spezifisch für Menschen, die besonders von Hitze betroffen sind, wie Kleinkinder, Ältere und Menschen mit Vorerkrankungen. Unsere Plakate, die Broschüre „Kühle Tipps für heiße Sommermonate", Postkarten und ein Stadtplan zu kühlen Orten verbreiten wir zum einen auf unserer Homepage. Zum anderen legen wir sie im öffentlichen Raum aus: zum Beispiel in Pflegeinrichtungen, Bibliotheken, Quartiersbüros, bei den Bürgerdiensten, Arztpraxen und Apotheken. Das ist eine wichtige Basis, um auf den eigenen Hitzeschutz sowie auf den von anderen, die sich nicht selbst bei Hitze schützen können, aufmerksam zu machen und die Bevölkerung dafür zu sensibilisieren.
Einige Städte in Deutschland haben bereits einen Hitzeaktionsplan, andere noch nicht. Was macht den Mannheimer Plan aus?
In Mannheim waren wir eine der ersten Kommune mit einem differenziert ausgearbeiteten Hitzeaktionsplan. Bei uns sind sowohl das Gesundheitsamt als auch die Abteilung Klimaschutz gemeinsam für die Umsetzung des Hitzeaktionsplans verantwortlich: Das schnürt wichtige Kompetenzen und Wissen an der Schnittstelle von Gesundheit und Klimafolgenanpassung zusammen.
Viele Hitzetipps sind allgemein gültig – wenn es aber um konkrete Maßnahmen des Hitzeschutzes geht, ist es wichtig, die lokalen Gegebenheiten und Strukturen zu beachten. Nur so kann auch eine erfolgreiche Umsetzung gewährleistet werden.
Nehmen wir zum Beispiel unser Kartenmaterial zur Hitzevulnerabilität. Dieses haben wir ganz speziell für Mannheim erstellt und es ist nun eine wichtige Grundlage für die Umsetzung. Die Karten zeigen, wo unsere Hitzeinseln in der Stadt liegen und wo sich gleichzeitig auch viele unserer vulnerablen Risikogruppen aufhalten. Hier können wir direkt sehen: Oft sind Aufenthaltsorte oder Einrichtungen der vulnerablen Gruppen in den hitzebelasteten Stadtgebieten. Auf Basis dieser Analyse können wir jetzt unsere Maßnahmen konkret an diese Herausforderungen anpassen – wie unsere Idee der Trinkbrunnen zeigt.
Öffentliche Trinkbrunnen sind vor allem aus Südeuropa, wie etwa Italien, bekannt. Jetzt kommen sie auch nach Deutschland?
Eine wichtige Maßnahme unseres Hitzeaktionsplans ist die „Erhöhung der Trinkmotivation". Mit der Installation von Trinkbrunnen zielen wir darauf ab, diese Motivation zu stärken. In Mannheim werden in diesem Sommer fünf neue Trinkbrunnen in der Innenstadt installiert – also da, wo sich unsere Hitzeinseln befinden und sich gleichzeitig auch viele Menschen aufhalten.
Darüber hinaus werden im Moment in verschiedenen Einrichtungen, in welchen sich vulnerable Gruppen aufhalten, Verschattungselemente wie Sonnensegel angebracht. So sind Menschen in Kindertagesstätten, Werkstätten für Menschen mit Behinderung, Pflegeheimen sowie in Einrichtungen für Suchtkranke und wohnungslose Menschen besser vor der Hitze geschützt.
Wen haben Sie sich bei diesem Projekt mit an Bord geholt? Und warum?
Wir haben sehr eng mit lokalen Partnern gearbeitet. Das waren zum Beispiel Personen aus dem Gesundheitsbereich, aus der Politik, der Verwaltung, aus caritativen Einrichtungen und der Zivilgesellschaft.
Denn in unserem Hitzeaktionsplan setzen wir speziell den Fokus auf vulnerable – also gefährdete – Personen, die sich nicht selbst bei Hitze schützen können. Oft können sie nicht selbst einschätzen, ob sie mehr trinken, sich Sonnenschutz auftragen oder sich im Schatten aufhalten sollten. Sie sind also auf die Unterstützung von anderen Personen angewiesen. Das können zum Beispiel Angehörige oder Personal von Kindertagesstätten oder Pflegeeinrichtungen sein – also Personen, die direkten Kontakt zu den gefährdeten Personen haben. Angehörige oder Personal sprechen wir über die zuständigen Dienststellen auf unseren Hitzeaktionsplan und unsere Maßnahmen an. Wir haben aufschlussreiche Interviews und Workshops direkt mit dem Personal aus dem Pflege- und Gesundheitswesen durchgeführt und viele Informationen zum Hitzeschutz sammeln und gemeinsam erarbeiten können.
Bei akuten Hitzewarnungen sind diese Kontakte zudem sehr wichtig, um die Warnungen an diese zuständigen Personen zum Beispiel in Pflegeeinrichtungen weiterzuleiten. Hierzu gibt es Warn-Apps bzw. verschiedene Formen der Weiterleitung je Einrichtung. Sie können dann Akutmaßnahmen zum Hitzeschutz der gefährdeten Personen durchführen.
Wenn Sie von anderen Kommunen zur Planung und Umsetzung eines solchen Plans gefragt werden: Was geben Sie mit auf den Weg?
Wir bekommen viele Anfragen von Kommunen, die noch keinen Hitzeaktionsplan haben. Diesen raten wir, sich genau anzuschauen, welches Ziel mit einem Hitzeaktionsplan erreicht werden soll: Welche Bedarfe müssen wir abdecken? Welche Personengruppen wollen wir schützen? Welche lokalen Gegebenheiten müssen wir beachten? Alle relevanten Akteurinnen und Akteure, die zur Zielerreichung wichtig sind, sollten von Beginn an in den Prozess einbezogen werden. Das ist eine wichtige Garantie für die Umsetzung. Es sollte genügend Zeit zur Erstellung eingeplant werden, insbesondere, wenn der Hitzeaktionsplan viele Maßnahmen beinhaltet.
Das Projekt befindet sich gerade auf der Zielgeraden: Was nehmen Sie persönlich mit aus den Erfahrungen des Projekts?
Klimafolgenanpassung zählt per se aktuell noch nicht zu einer Pflichtaufgabe für Kommunen. Hier bewegt sich politisch gerade sehr viel in die Richtung, dass Klimaanpassung mehr Gewicht bekommt und gesetzlich verankert wird – dennoch sind Förderprojekte, wie Smartilience bzw. SmartilienceGoesLive eine wichtige Unterstützung, um die Klimafolgenanpassung in Kommunen voranzutreiben und zu verankern. Für mich persönlich ist die Vielseitigkeit und Interdisziplinarität im Projekt eine sehr große Bereicherung. Ich lerne viele Strukturen, Projekte, Akteurinnen und Akteure sowie Maßnahmen kennen – und kann einiges in Mannheim mitgestalten. Mein Highlight bleibt der Hitzeaktionsplan, das Herzstück des Projekts, das ich von Anfang an begleitet habe, bzw. er mich, wie man es nimmt (lacht).
Frau Idler, wir danken Ihnen für das Gespräch.
Zur Person
Alexandra Idler hat in Karlsruhe und Tübingen Raum- und Regionalwissenschaften und Geographie studiert. Ihr Fokus lag stets auf der nachhaltigen Stadtentwicklung und Klimaanpassung im urbanen Raum. Seit 2020 ist sie Projektkoordinatorin des BMBF-Forschungsprojekts SMARTilienceGoesLive in der Stadt Mannheim. Sie arbeitet dort in der Abteilung Klimaschutz im Bereich der Klimafolgenanpassung und bearbeitet die Schnittstellenthemen Hitze, Geodatennutzung und Smart City sowie Governance.