Schutz vor Hitze und Hochwasser: BMBF-Projekte präsentieren Lösungen zur Klimaanpassung für Städte und Gemeinden
Wo liegen Hitzeinseln in der Stadt? Wie geht klimaangepasste Stadtplanung? Forschende stellten neue, digitale Lösungen aus BMBF-Projekten auf der Klimaschutzkonferenz des Deutschen Städte- und Gemeindebunds in Bonn vor.
Unter dem Leitmotiv „Kommunen aktiv für den Klimaschutz" fand am 14. Mai 2024 auch die 16. Klimaschutzkonferenz des Deutschen Städte- und Gemeindebunds (DStGB) im Wissenschaftszentrum in Bonn statt. Inhaltliche Schwerpunkte der Vorträge, Fachforen und Diskussionen waren unter anderem: kommunaler Hitzeschutz, Elektromobilität, Ausbau und Nutzung erneuerbarer Energien sowie Energieeffizienz und klimaangepasste Sanierung. Auch die Themen Digitalisierung und Künstliche Intelligenz (KI) sowie ihre Rolle für nachhaltige und klimaangepasste Kommunen wurden diskutiert.
Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) fördert bereits seit vielen Jahren zahlreiche Projekte im Bereich Klimaanpassung und Klimaschutz. Beispielsweise unterstützt die BMBF-Fördermaßnahme „Regionale Informationen zum Klimahandeln (RegIKlim)" Städte, Gemeinden und Regionen in Deutschland dabei, mit dem Klimawandel und seinen Folgen, etwa Dürre und Starkregen, aktiv und zielgerichtet umzugehen. Ziel dieser Fördermaßnahme ist es, lokale Akteure durch den Aufbau von Klimawissen (Klimakataster) dazu zu befähigen, wissenschaftsbasiert notwendige Klimaanpassungsmaßnahmen umzusetzen.
Forschung liefert Empfehlungen, Daten und digitale Werkzeuge für Kommunen
Prof. Matthias Garschagen, Geograph an der LMU München, Autor beim Weltklimarat (IPCC) und Projektleiter verschiedener BMBF-geförderter Projekte (unter anderem des Projekts KARE in der BMBF-Maßnahme RegIKlim) hob in seinem Konferenzbeitrag hervor: „Eine der wichtigsten Voraussetzungen für erfolgreiche Klimaanpassung ist es, die Risikoanalysen als Grundlage für Hitzeaktionspläne umfassend zu gestalten". Er beschäftigte sich mit der Frage, wie Forschung dazu beitragen kann, dass sich kommunale Klimaanpassungsmaßnahmen schneller und effektiver umsetzen lassen. „In die Risikoanalysen müssen in Zukunft nicht nur die Zunahme von Naturgefahren, wie extreme Hitze oder Hochwasser, einfließen. Ebenso entscheidend ist die Tatsache, Trends in der Verwundbarkeit der Bevölkerung zu berücksichtigen", gab Garschagen zu bedenken. So gebe es etwa nicht nur immer mehr ältere Menschen, sondern auch zunehmende Altersarmut. Beides schränke die Möglichkeiten deutlich ein, sich wirksam vor Hitze zu schützen, betonte Garschagen. Inwiefern Nachbarschaftshilfen hier eine Lösung seien, werde zurzeit untersucht.
Zudem verändere sich auch die Erwartungshaltung der Bevölkerung zur Rolle des Staates im Fall von Extremwetter, wie etwa Hitzewellen: Die nachwachsenden Generationen setzten zunehmend voraus, dass der Staat sich in Notsituationen um alles kümmere. Fraglich sei daher beispielsweise, mit wieviel Eigeninitiative und Eigenvorsorge in zukünftigen Katastrophen zu rechnen sei. Auch hiermit müssten sich die Kommunen und der Bund in Zukunft beschäftigen.
Simulationen des Stadtklimamodells PALM-4U helfen bei Entscheidungen zur Klimaanpassung
Zudem haben viele Städte immer geringere finanzielle Spielräume und wollen daher sicher gehen, dass sie ihre Ressourcen für Klimaanpassung so effizient wie möglich einsetzen. In den BMBF-geförderten Projekten werden daher smarte Lösungen erforscht, die die Klimaanpassung in der Praxis erleichtern und effizienter machen. Beispielsweise ermöglicht es das im Rahmen der BMBF-Fördermaßnahme „Stadtklima im Wandel" entwickelte Stadtklimamodell PALM-4U den Städten, ihre Belastungen durch (Extrem-)Wetter, wie Hitze und Schadstoffausbreitung, bis auf die Gebäudeebene hin zu simulieren. So können Städte berechnen, wie stark Stadtteile durch Hitze und Luftschadstoffe belastet werden und welche Klimaanpassungsmaßnahmen diese Belastungen verringern. Die Optionen, die sich durch die Simulationen des Stadtklimamodells für Kommunen ergeben, wurden auf der DStGB-Konferenz am BMBF-Stand vorgestellt.
Mit PALM-4U können Kommunen oder ihre Dienstleister schon im Vorfeld prüfen, wie sich konkrete Bauvorhaben tatsächlich auf Überwärmungseffekte und Kaltluftströmungen auswirken werden. So lassen sich beispielsweise unterschiedliche Planungskonzepte für Gebäude simulieren und in ihrer Wirkung vergleichen. Auf diese Weise können schon in der Stadtplanung konkrete Empfehlungen zur Optimierung der Klimaanpassung gegeben werden, beispielsweise durch die Gebäudestellung, die Entsiegelung von Flächen und die Begrünung von Fassaden und Dächern. Auch kann die Wirkung von Klimaanpassungsmaßnahmen quantitativ berechnet werden. Dies ist ein deutlicher Fortschritt zu den bisherigen, lediglich qualitativen Grundannahmen in Planungsverfahren.
Das Stadtklimamodell PALM-4U kann entsprechend zur Unterstützung kommunaler Ämter und Behörden in den Bereichen Umwelt, Klimaschutz, Freiraumplanung, Stadtentwicklung, Stadtplanung, Wohnen, Verkehrsplanung und Gesundheit eingesetzt werden. Derzeit wird die Simulationssoftware von über 130 Anwendern genutzt. Darunter sind sehr große Städte, wie Berlin, Dresden und Wiesbaden, aber auch Städte von der Größe Solingens oder Rosenheim. Die Kommunen verwenden die Simulationsszenarien dazu, hitzebelastete Stadtteile zu identifizieren und dann zu berechnen, welche Klimaanpassungsmaßnahmen die Belastung durch Hitze und die Ausbreitung von Schadstoffen effektiv mindern. Auch weitere Akteure der Stadtplanung, wie Architekten und Verbände, verwenden die Software. Zudem wird sie in der internationalen Stadtklimaforschung eingesetzt.
Zukünftige BMBF-geförderte Forschung für digitale Lösungen zur kommunalen Klimaanpassung
Damit Klimaanpassungsmaßnahmen in Zukunft nicht nur wirksamer und schneller, sondern auch umfassender in die Stadt- und Regionalplanung integriert werden können, hat das BMBF eine neue Fördermaßnahme aufgesetzt. Im Fokus steht die Entwicklung einer fachspezifischen Software für Urbane Digitale Zwillinge.
Hintergrund
Mithilfe der im Rahmen von BMBF-Fördermaßnahmen neu entwickelten Klimaresilienz-Ansätze werden Akteure auf kommunaler Ebene befähigt, sich besser auf Extremwetterereignisse vorzubereiten und durch eine angepasste und nachhaltige Stadtentwicklung auch die Umwelt- und Lebensqualität in den Kommunen zu erhöhen. Das BMBF hat die Fördermaßnahme „Stadtklima im Wandel", in der die Software PALM-4U entwickelt wurde, mit 28 Millionen Euro unterstützt.