Welttag der Städte: Hitzeinseln in Städten entgegenwirken – wie sich Mikroklima und Starkregenabfluss verbessern lassen
Versiegelte Städte bilden im Sommer Hitzeinseln. Die Temperaturen sind hier bis zu 10 Grad höher als im Umland. Das BMBF-Projekt BUOLUS empfiehlt die Begrünung möglichst vieler Dachflächen und zeigt, wie kostengünstig Dachbegrünungen sein können.
Jedes Jahr am 31. Oktober findet der Welttag der Städte statt. Eine aktuelle Herausforderung für Kommunen besteht darin, sich schnell und wirksam an den Klimawandel anpassen zu müssen. Vor allem Gebäude und Straßen in hochversiegelten Stadtvierteln werden im Sommer immer öfter zu Hitzeinseln und werden bei Starkregen häufiger überschwemmt.
Klimaresilienz als finanzielle Herausforderung für kleinere und mittlere Kommunen
Vor fünf Jahren startete das Forschungsprojekt BUOLUS, das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Rahmen der Maßnahme „Klimaresilienz durch Handeln in Stadt und Region" gefördert wurde. Das Ziel: Städtische Flächen nachhaltig zu nutzen und so die Klimaresilienz auszubauen.
Dazu erläutert der wissenschaftliche Koordinator des BUOLUS-Projekts, Andreas Kaufmann vom Fraunhofer-Institut für Bauphysik im süddeutschen Valley: „Die Kommunen müssen einerseits wirksame und nachhaltige Maßnahmen wählen und sollten andererseits auch Bürgerinteressen berücksichtigen und vor allem unter Kostendruck agieren. Gerade bei kleineren und mittleren Kommunen geht es darum, die Herausforderung der klimaresilienten Stadtgestaltung mit umweltverträglichen Maßnahmen und angemessenen Finanzmitteln umzusetzen und gleichzeitig die steigenden Ansprüche an die Aufenthaltsqualität in Städten zu bedienen. Diesen Ansatz verfolgen wir im BUOLUS-Projekt, indem wir nachhaltige, bürgerorientierte und finanzgünstige Lösungen für eine klimaresiliente Stadt erarbeiten."
Klimaresiliente Dachbegrünung für Dürren und Starkregen
Eine dieser Lösungen sind Begrünungen, die die Folgen von Extremwetterlagen aufgrund des Klimawandels – wie extreme Hitze, Dürre und Starkregen – abmindern können. Je mehr Grünflächen entstehen, desto besser ist es für das Stadtklima, die Biodiversität, die Aufenthaltsqualität und den verlangsamten Regenwasserabfluss. Dennoch haben Kommunen oft kaum noch freie Flächen für neue Begrünungen.
Eine Dachbegrünung ist hier eine gut geeignete Lösung für die Klimaanpassung, da viele Flachdächer in Städten vorhanden sind. Damit effektive Dachbegrünungen auch von kleinen und mittleren Gemeinden finanziert werden können, haben im Projekt BUOLUS Expertinnen und Experten aus der Biologie, dem Bauingenieurswesen, der Datenverwaltung und weitere Forschende gemeinsam erarbeitet, wie eine Dachbegrünung optimal aufgebaut sein kann.
Dachbegrünung: Wirksam durch den richtigen Untergrund und speziellen Pflanzenmix
Die Forschenden haben im Rahmen des Projekts BUOLUS analysiert, dass es insbesondere auf die Art des Gründachaufbaus ankommt, damit eine Dachbegrünung die erforderlichen Eigenschaften hat. Für die Forschungsarbeiten erstellte das Projektteam auf dem Dach eines Fahrradparkhauses in Rosenheim eine ca. 400 Quadratmeter große Pilotanlage und führte etwa zwei Jahre lang Messungen durch, um zu beobachten, wie sich die Vegetation und der Wasserabfluss bei Regen verhält.
Für den Gründachaufbau entschied sich das Team – von unten bis zur Oberfläche – für eine Schutzlage, eine Drainage-Platte, dann eine Filterlage, eine Mineralwolle-Schicht sowie abschließend für ein Substrat, in dem unterschiedliche Gräser und blühende Pflanzen eingesetzt wurden.
Dazu berichtet Milena Mohri vom Projektpartner Optigrün International AG: „Im Projekt BUOLUS konnte bestätigt werden, dass sich ein größeres Wasserrückhaltevermögen positiv auf die Vegetation und somit auf die sommerliche Kühlleistung durch Verdunstung auswirkt. Die Wahl der Drainageplatte ist dabei zentral für die Erhöhung des Wasserrückhaltevermögens. Auch über Mineralwolle kann in der Substratschicht zusätzliches Wasser gespeichert werden, wie wir im Projekt untersucht haben. Für das 400 Quadratmeter große Gründach beim Fahrradparkhaus in Rosenheim liegen wir bei einem Kostenrahmen von etwa 32,70 Euro pro Quadratmeter inklusive Einbau – wenn man mit einem geringem Wasserspeichervermögen von 25 Liter kalkuliert.
Wenn man das Wasserrückhaltevermögens auf 40 Liter pro Quadratmeter steigert – wie etwa durch eine zusätzliche Mineralwolle-Schicht –, muss ein Zuschlag von nur 2,35 Euro pro Quadratmeter zusätzlich kalkuliert werden. Dies sind natürlich Richtwerte, die wir mit unserer Versuchsanlage erzielt haben. Die Werte können den Städten jedoch als grobe Orientierung dienen."
Ein weiterer Baustein ist eine Pflanzenmischung, die extremer Hitze und Starkregen standhält. Dafür untersuchten die Forschenden im Rahmen von BUOLUS, welche Pflanzenarten sich auf einem Dach besonders gut etablieren konnten. Neben verschiedenen Sedum-Arten, die zur Familie der Dickblattgewächse gehören und für ihre Robustheit gegenüber Witterungsextremen bekannt sind, eigneten sich besonders die im Saatgut enthaltene Färberkamille und das Taubenkropf-Leimkraut.
Tragfähigkeit von Dächern mit hoher Rückhaltekapazität für Regenwasser
Was passiert, wenn sich ein Gründachaufbau bei Starkregen mit 40 Litern Wasser pro Quadratmeter vollsaugt? Grundsätzlich wird für jedes Gebäudedach die Maximallast angegeben. Wird diese Maximallast von einer nassen Dachbegrünung inklusive Schnee nicht überschritten, ist in der Regel auch kein zusätzliches Gutachten eines Statikers für den Gründachaufbau nötig. Kommt das Gewicht der Dachbegrünung inklusive Schnee nah an die Maximallast dran, wird ein Gutachten durch einen Statiker erstellt. Gründachaufbauten mit einem großen Wasserrückhaltevermögen, die besonders gut kühlen und dem Hitzeinseleffekt besonders gut entgegenwirken, sind deutlich schwerer als normale Dächer. Für jedes Gebäude und jede Situation muss also eine individuelle Betrachtung erstellt werden, welche Art von Dachbegrünung die beste ist.
Pflege von Dachbegrünungen und Weiterbildung für Kommunen zum Thema
Zurzeit testet das Projektteam, wie die Pflege zum Beispiel durch einen kostengünstigen Einsatz von Mährobotern optimiert werden kann. Damit sich Stadtplanung, Architekturbüros und andere Akteure der Stadtverwaltungen unter anderem über den optimalen Aufbau einer Dachbegrünung umfassend informieren können, hat das Projekt BUOLUS dafür gesorgt, dass die Fraunhofer Gesellschaft eine Schulung an der Fraunhofer-Academy dazu anbieten kann: „Fachplaner/in für die klimaangepasste Stadtentwicklung."
Das BMBF hat das BUOLUS-Projekt von 2018 bis 2024 mit fast fünf Millionen Euro gefördert.