Schutz der Gesundheit im Klimawandel: Nachwuchsforschende nutzen innovative Ansätze und Methoden, um Gesundheitsrisiken des Klimawandels zu erforschen und zu mindern
Herz- und Kreislauferkrankungen, Allergien und Hautkrebs – der Klimawandel verstärkt Krankheiten vor allem durch Extremwetter, wie etwa lange Hitzeperioden. Nachwuchsforschende untersuchen in BMBF-Projekten, wie sich die Menschen schützen können.
Der Klimawandel ist ein zunehmendes Gesundheitsrisiko für die Menschen. Vor allem Extremwetter, wie Hitzeperioden und Starkregen, stellt nicht nur für Ältere, Kinder und Menschen mit Vorerkrankungen eine große Herausforderung dar.
Der Klimawandel belastet die Gesundheit
Über Wochen andauernde Hitze-Perioden, verbunden mit stärkerer UV-Strahlung belasten die Leistungsfähigkeit vieler Menschen und erhöhen die Häufigkeit und Dauer von Herz- und Kreislauferkrankungen, Diabetes, Hautkrebs sowie Allergien. Darüber hinaus schafft die Erderwärmung günstigere Bedingungen für Insekten, wie Mücken und Zecken, die bei höheren Temperaturen aktiver sind und häufiger Krankheitserreger übertragen.
Zudem treten Katastrophen, die die Menschen direkt verletzen und traumatisieren können – wie große Überschwemmungen – durch den Klimawandel häufiger und intensiver auf. Die Aussagen des Weltklimarates IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change) belegen in jedem Bericht, dass solche und weitere verheerende Auswirkungen des Klimawandels auf die Gesundheit deutlich zunehmen.
Wie können sich die Menschen vor den gesundheitlichen Risiken des Klimawandels schützen?
Die komplexen Herausforderungen erfordern die inter- und transdisziplinäre Zusammenarbeit in der Forschung, um die Zusammenhänge besser zu verstehen und auf dieser Wissensbasis Schutzmaßnahmen entwickeln zu können. Das BMBF verknüpft daher in der neuen Förderinitiative „Nachwuchsgruppen Klima, Umwelt und Gesundheit" das Wissen über den Klimawandel mit der Umwelt- und Gesundheitsforschung.
Die Nachwuchsforschenden untersuchen vielfältige Themen, die die Folgen des Klimawandels für die Gesundheit erfassen, wie zum Beispiel Wetterextreme, Luftverschmutzung, die Entwicklung von Infektionsrisiken, aber auch die Frage, wie zukünftige Städte und Regionen sich klimaangepasst entwickeln müssen und wie wir uns zukünftig bewegen und ernähren müssen, um die Klimaziele zu erreichen. Neben der Klimaanpassung geht es auch um Klimaschutzaspekte.
Dabei steht immer das Ziel im Vordergrund, heutige und zukünftige Generationen vor den Auswirkungen des Klimawandels zu schützen. Dazu gehören unter anderem auch Fragen, wie etwa in der Bevölkerung mehr Resilienz bei Extremwetter entwickelt werden kann und wie die Risiken bei Pandemien verringert werden können.
Ziel: Prävention und Entwicklung von Maßnahmen zur Verringerung von Gesundheitsrisiken
So hat beispielsweise die Nachwuchsgruppe „HeWeCon" (Health Effects of Weather Conditions) zum Ziel, einerseits zu erforschen, wie bestimmte Wetterlagen die Gesundheit beeinträchtigen können und möchte andererseits wetterabhängige Gesundheitszustände aufdecken. Dafür legen die Forschenden anonymisierte Krankenkassendaten zugrunde, in denen individuelle Charakteristika und Risikofaktoren von Personen, wie Geschlecht, Alter, Pflegebedürftigkeit sowie Vorerkrankungen enthalten sind. Diese Informationen werden ausgewertet und unter anderem mit Daten von Messstationen des Deutschen Wetterdienstes zusammengeführt.
Darauf aufbauend wird ein neues Risiko-Vorhersage-Tool für Extremwetter entwickelt. Dieses Tool wird gleich drei Funktionen haben: (a) Es dient als Wetterwarnsystem vor allem für vulnerable Menschen, (b) Es kann prognostizieren, bei welchen Wetterperioden mehr Gesundheitsleistungen in Anspruch genommen werden, was das Gesundheitsmanagement unterstützt (c) Zudem kann das Tool beziffern, welche gesundheitliche und insbesondere gesundheitsökonomische Belastung Extremwetter verursacht. Damit will das Vorhaben HeWeCon zum besseren Schutz der Gesundheit gegen Extremwetter und zu Erkenntnissen über die gesundheitsökonomischen Auswirkungen beitragen.
Beispielsweise wird die Nachwuchsgruppe CLIMADEMIC (Deriving Governing Laws for Pandemic Dynamics in the Earth's changing Climate) unter anderem digitale Programme entwickeln, um – basierend auf den Klimaprojektionen des Weltklimarats (IPCC) – Risikoabschätzungen für zukünftige pandemische Entwicklungen zu erarbeiten. Der Hintergrund ist: Die Erderwärmung durch den Klimawandel begünstigt unter anderem auch die Ausbreitung von Mikroorganismen in Europa. Zwischenwirte für Bakterien und Viren, wie zum Beispiel Mücken und Zecken, können sich durch die erhöhten Temperaturen weitaus besser ausbreiten. CLIMADEMIC untersucht dazu zwei Fragen: Erstens, wie lassen sich diese und weitere klimabedingte Risikofaktoren für die Entstehung und Ausbreitung von Krankheiten identifizieren? Zweitens, welche Resilienz-Maßnahmen lassen sich gegen diese Faktoren entwickeln? Dafür verknüpfen die Forschenden neueste Klimadaten und -modelle mit Ergebnissen der Infektionsbiologie, Krankheitsdynamik und Bioinformatik. Angewandt werden maschinelles Lernen und Untersuchungen der Ursache-Wirkungs-Beziehungen, um ganzheitliche Analysewerkzeuge zu entwickeln, die Datenströme abbilden und dynamische Prozesse erlernen können.
Austausch über Forschungsmethoden und Synergien auf Kick-Off-Konferenz der Projekte
Das BMBF fördert im Rahmen seiner Maßnahme „Nachwuchsgruppen: Klima, Umwelt und Gesundheit" zwölf Forschungsprojekte mit einer Laufzeit von je fünf Jahren mit insgesamt rund 23 Millionen Euro. Die Nachwuchsgruppenleiterinnen und -leiter aller zwölf Projekte haben sich auf einer Kick-Off-Fachkonferenz erstmals über ihre neuen Forschungsansätze ausgetauscht.
Auf der Kick-Off-Veranstaltung hatten die Nachwuchsgruppen die Gelegenheit, sich untereinander zu vernetzen, Schnittpunkte zu identifizieren und Synergien zu bilden.
Wichtig war vor allem der Austausch zu Forschungsfragen und methodischen Herangehensweisen, zur Einbindung von Betroffenen, wie etwa Pollen-Allergikern, Stakeholdern (den Stadtplanungsbehörden, Ärztinnen und Ärzten etc.) und Citizen-Science-(Bürgerforschungs-)Ansätzen. Eine große Rolle spielte methodisch die Nutzung und Auswertung von großen Datenmengen, zum Beispiel zu atmosphärischen Veränderungen, Luftschadstoffen und Gesundheitsparametern.
In den Diskussionen zu den Präsentationen der Forschungsdesigns wurde inhaltlich deutlich, wie verletzlich unsere Gesundheit gegenüber den Auswirkungen des Klimawandels und Umweltveränderungen ist und wie interdisziplinär die Forschung aufgestellt sein muss, um die Wechselwirkungen zwischen Klima(-wandel) und Gesundheit genauer zu erfassen.
Diskutiert wurde zum Abschluss daher unter anderem, wie die Forschungserkenntnisse später auch direkt an die Bevölkerung kommuniziert und angewendet werden können. Wie kann zum Beispiel in Zukunft sichergestellt werden, dass ältere Menschen in Privathaushalten die wissensbasierten Vorsorgemaßnahmen verstehen, für sich anwenden und sich entsprechend verhalten werden? Und wie können im Zusammenspiel von wirksamen Politikmaßnahmen und individuellen Verhaltensänderungen Anreize für klimaneutrale Ernährungs- und Bewegungs- und Gesundheitsmaßnahmen geschaffen werden? Zu diesen und weiteren Fragen werden die Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler in den nächsten fünf Jahren eingehend forschen sowie Handlungsempfehlungen für die Politik und den Gesundheitssektor entwickeln und sich dazu weiter vernetzen und austauschen.