Richtlinie zur Förderung von Verbundvorhaben zum Thema „Morphologische Entwicklungen im Kontext des Klimawandels an Nord- und Ostsee“

Die Küstengebiete der fünf norddeutschen Bundesländer an der Nord- und Ostsee sind einschließlich der Ästuare durch ihre überregional bedeutenden Siedlungs- und Wirtschaftsräume in Verbindung mit einem einzigartigen Naturraum gekennzeichnet. Heute leben in den fünf deutschen Küstenländern etwa 2,4 Millionen Menschen in durch Sturmfluten und Erosion bedrohten Küstenbereichen. Die an den Küsten gelegenen Wasserstraßen und Häfen bilden für die Sicherstellung der nationalen Wirtschaftskraft eine wesentliche Grundlage. Gleichzeitig stellen die weitgehend durch natürliche Prozesse geprägten Küstengewässer besonders wertvolle und sehr dynamische Ökosysteme dar.

1 Förderziel, Zuwendungszweck, Rechtsgrundlage

Gleichzeitig stellen die weitgehend durch natürliche Prozesse geprägten Küstengewässer besonders wertvolle und sehr dynamische Ökosysteme dar. Bereits jetzt zeigt sich, dass Sturmflutereignisse, wie zum Beispiel 2023 an der Ostsee, mit erheblichen Erosionen und gravierenden Schäden entlang der Küstenlinien verbunden sind. Gleiches gilt für die sturmflutbedingten und langfristigen morphologischen Veränderungen an den Nord- und Ostfriesischen Inseln und dem immer größer werdenden Bedarf an Unterhaltungsbaggerungen zur Sicherung der Funktionalität von Seewasserstraßen und Häfen.

In Folge des Klimawandels und des zukünftigen Anstieges des Meeresspiegels werden sich die auf die Küsten- und Ästuargebiete einwirkenden meteorologischen und hydrodynamischen Größen zunehmend ändern. Längerfristig werden diese Änderungen die groß- und kleinräumigen morphologischen Prozesse des Küstenvorfeldes, der sandigen Küsten und Watten der Nordsee, der Flach- und Steilküsten der Ostsee und der Ästuare maßgeblich beeinflussen. Die Systemzustände und das Systemverhalten verlässlicher zu beschreiben und zukünftige Entwicklungen zu projizieren, bilden die Voraussetzung für nachhaltig gestaltete Infrastrukturen und zukunftsweisende Managementstrategien an den Küsten. Daher kommt der Bereitstellung belastbarer wissenschaftlicher Erkenntnisse über die zu erwartenden morphologischen Veränderungen und ihrer Bandbreiten unter verschiedenen Klimaszenarien eine besondere Bedeutung zu. Ziel ist es, die praktische Arbeit der verantwortlichen Verwaltungen maßgeblich zu unterstützen und damit die Daseinsvorsorge vor dem Hintergrund steigender Risiken ressourcenschonend und nachhaltig sicherzustellen.

Das Kuratorium für Küsteningenieurwesen (KFKI) koordiniert und begleitet als Gremium der im Küsteningenieurwesen tätigen Ministerien des Bundes und der Länder die anwendungsbezogene Forschung in den Bereichen Küsten- und Hochwasserschutz sowie in den Bereichen Unterhaltung und Bau von Wasserstraßen und Häfen. Das KFKI hat das Ziel, eine ingenieur- und naturwissenschaftliche Wissensbasis zu schaffen, welche die im KFKI zusammengeschlossenen Bundes- und Länderverwaltungen bei der Erfüllung ihrer Aufgaben im Küstenschutz sowie der Unterhaltung von Wasserstraßen und Häfen konkret nutzen können.

1.1 Förderziel

Die Förderrichtlinie zielt auf die Erweiterung des Systemverständnisses der komplex interagierenden hydromorphologischen, meteorologischen und biologischen Vorgänge. Unter Berücksichtigung der Auswirkungen von Klimaänderungsszenarien sollen Projektionen von zu erwartenden Systemzuständen und -entwicklungen erfolgen, welche Küstenformen, Bathymetrien und Sedimentbilanzen berücksichtigen und die Bandbreiten der Auswirkungen und deren Unsicherheiten aufzeigen. Die Definition von Referenzzuständen, die Quantifizierung von Sedimentquellen und Senken sowie die Betrachtung von Ökosystemleistungen sollten in die Untersuchungen einfließen.

Damit zielt die Förderung auf die Verbesserung des Risikomanagements an den Küsten mit Blick auf Gefahren, die aus Überflutungen oder Erosion entstehen, aber auch auf verbesserte Ansätze zum Sedimentmanagement, um die Funktionsfähigkeit von Wasserstraßen und Häfen nachhaltig zu gewährleisten.

Diese Förderrichtlinie setzt Themen des KFKI-Forschungsrahmens in den Themenfeldern „Dynamische Küsten als System verstehen" und „Klimawandel – Aus­wirkungen erkennen und Anpassungen entwickeln" um und ist in das Forschungsprogramm der Bundesregierung „MARE:N – Küsten-, Meeres- und Polarforschung für Nachhaltigkeit" eingebettet. Die Ziele der Förderprogrammatik berücksichtigend, kommt einer kohärenten, zwischen Bund und Ländern abgestimmten Forschung in dieser Förderrichtlinie eine besondere Bedeutung zu.

Außerdem unterstützt diese Förderrichtlinie die Strategie zur Forschung für Nachhaltigkeit (FONA) des Bundes­ministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) in der Aktion IV „Klimawandelbedingte Extremereignisse in Deutschland erforschen", die „Zukunftsstrategie Forschung und Innovation" der Bundesregierung im Bereich der Klimaanpassungsstrategien sowie die internationalen Zielsetzungen der Vereinten Nationen (Sustainable Development Goals – SDG) in den Bereichen „Maßnahmen zum Klimaschutz – die Widerstandskraft und die Anpassungsfähigkeit gegenüber klimabedingten Gefahren und Naturkatastrophen stärken" (SDG 13) und „Leben unter Wasser – Meeres- und Küstenökosysteme nachhaltig bewirtschaften und schützen" (SDG 14).