BlueGreenStreets2.0 Multifunktionale Straßenraumgestaltung urbaner Quartiere – implementieren, evaluieren und verstetigen
Das Projekt BlueGreenStreets2.0 (BGS) implementiert, evaluiert und verstetigt Forschungsergebnisse zur Klimafolgenanpassung im Straßenraum. Neben dem Aufbau von kommunalen und forschungsorientierten Netzwerken und dem direkten Fachaus-tausch mit Verbänden, Planungs- und Ingenieurbüros sowie Kommunen werden vitale Baumstandorte weiterentwickelt. Die bereits rege genutzte BGS-Toolbox wird in der Praxis getestet und anschließend um neues Wissen ergänzt, damit die Umsetzung blau-grüner Straßenräume für eine Vielzahl von Kommunen realisiert werden können.

Die zweite Phase der BMBF-Fördermaßnahme "Ressourceneffiziente Stadtquartiere für die Zukunft (RES:Z)" geht zu Ende. Wir sprechen mit Prof. Dr.-Ing. Wolfgang Dickhaut (HafenCity Universität Hamburg) im Interview über die Ergebnisse des Projekts BlueGreenStreets2.0.
Was sind die wichtigsten Ergebnisse Ihres Projekts? Welche Ziele haben Sie erreicht?
Die wichtigsten Ergebnisse von BlueGreenStreets2.0 (BGS) sind die entwickelten Toolboxen, die u.a. aus einem Praxisleitfaden für blau-grüne Straßenraum-gestaltung sowie Steckbriefen blau-grüner Elemente bestehen. Diese geben konkrete Empfehlungen, wie blau-grüne Straßenräume umgesetzt werden können. Wichtige Impulse gingen von den regelmäßigen (digitalen) kommunalen BGS-Netzwerktreffen aus, die mit 200-400 Teilnehmer:innen gut besucht waren. Viele Kommunen, Fachbüros, Verbände und Hochschulen konnten zusammengebracht werden, um voneinander bei den zum Teil herausfordernden Fachthemen zu lernen und gemeinsame Lösungen für eine weitgehen-de Anpassung der Straßenräume an den Klimawandel zu entwickeln. Dabei kamen immer wieder die folgen-den, wichtigen Fragen auf:
- Wie können wir an der Oberfläche und auch im unterirdischen Raum Platz für den BGS-Korridor schaffen? Welche Instrumente stehen zur Verfügung?
- Wie können die Ansprüche der dezentralen wasserwirtschaftlichen Planung besser mit den Anforderungen der Grünplanung (Pflanzung von Bäumen, Sträuchern und Stauden, etc.) verbunden werden?
- Wie kann Regenwasser bei der Bewässerung des Stadtgrüns in Hitze- und Dürreperioden besser genutzt werden? Welche Synergien können erschlossen werden und wo sind die Grenzen?
Was war auf dem Weg dorthin besonders wichtig?
Da BGS auch Teil der zweiten Förderphase der Fördermaßnahme „Ressourceneffiziente Stadt-quartiere für die Zukunft – RES:Z" war, bot sich uns in den letzten beiden Jahren die Möglichkeit, weiter Erfahrungen aus der Praxis und zu bestimmten Planungsaspekten zu sammeln. So entstanden zum einen neue Pilotstraßenräume in Kooperation mit den Städten Lübeck und Potsdam. Zum anderen konnten wir Straßenräume weiter betrachten, die in der ersten Förderphase geplant und mittlerweile, z.B. in der Königstraße in Hamburg, auch gebaut worden sind. Weitere Kommunen haben evaluiert, wie unsere BGS-Toolbox 1.0 etabliert wurde. Es zeigt sich, dass die Toolbox bereits als Werkzeug eingesetzt wird und offensichtlich auch eine gute Akzeptanz in der Verkehrsplanung gefunden hat. Hier wird derzeit im Rahmen der Mobilitätswende weit umfangreicher über die Neuverteilung des Straßenraumes nachgedacht, als es vor einigen Jahren vorstellbar gewesen wäre. In vielen Projekten des Straßenumbaus, die auch die Klimaanpassung zum Ziel haben, wird die Toolbox als eine zu berücksichtigende Planungsgrundlage heran-gezogen.
Wie können Anwender Ihre Ergebnisse nutzen?
Deutlich wurde in den Evaluierungen der Umsetzung von blau-grünen Straßenräumen auch, dass dem Anspruch, einen BGS-Korridor in die Planung von Straßenräumen zu integrieren, durchaus Umsetzungschancen eingeräumt werden Die Toolbox 2.0 bereitet diese Erfahrungen auf und zeigt systematisch, durch welche verkehrlichen Entscheidungen der Platzanspruch des BGS-Korridors umgesetzt werden kann. Ebenso wurden durch das BGS-Netzwerk neue Kontakte zwischen Kommunen etabliert.
Die BGS-Partner konnten in den letzten sechs Jahren auch die Weiterentwicklung von Regelwerken unter-stützen. Als zentraler aktueller Impuls – neben anderen – möchte ich an dieser Stelle den im November 2024 ins Leben gerufenen „Regelwerkausschuss (RWA) und Arbeitskreis (AK) Baumstandorte und Regenwasser-bewirtschaftung" der Forschungsgesellschaft Landschaftsentwicklung Landschaftsbau e. V. (FLL), der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen e. V. (FGSV) und der Deutsche Vereinigung für Wasser-wirtschaft, Abwasser und Abfall e. V. (DWA) nennen. Dieser Ausschuss hat sich zum Ziel gesetzt, in den nächsten Jahren ein Merkblatt zu neuen Standards zu erarbeiten und die möglichen Synergien der beiden Themenfelder zu identifizieren.
Was aus dem Projekt bleibt Ihnen besonders im Gedächtnis?
Besonders im Gedächtnis bleibt mir, dass BGS in den letzten Jahren für zahlreiche Fachpreise nominiert wurde und sogar einige gewinnen konnte. Dies zeigt ganz offensichtlich, dass Fachgremien unsere erarbeiteten Inhalte als relevant einschätzen. Ganz besonders gefreut haben wir uns über den Aqua Award des AQUANET Berlin-Brandenburg 2020, den VCÖ-Mobilitätspreis aus Österreich als „internationales Leitprojekt" 2021 und den Bundespreis Stadtgrün des Bundesministeriums für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen (BMWSB) 2020 für „Multifunktionale Klima-Baumstandorte Hamburg-Harburg". 2024 wurden wir außerdem für den Bundespreis „Blauer Kompass" als eines von 20 vorbildhaften Projekten in Deutschland nominiert. Der Preis wird vom Umweltbundesamt und Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) als die höchste staatliche Auszeichnung in Deutschland für Projekte zur Vorsorge und Anpassung an die Folgen des Klimawandels ausgelobt.