Den Hochlauf der globalen Wasserstoffmärkte finanzieren

Damit Grüner Wasserstoff weltweit die Schlüsselrolle als sicherer klimaneutraler Energieträger einnehmen kann, gilt es Investitionen in diese Technologie zu erhöhen. Es geht um einen milliardenschweren Markt. Der Privatsektor scheint entschlossen zu sein, stark in die Wasserstoffproduktion zu investieren und so einen pulsierenden globalen Markt für Grünen Wasserstoff mitaufzubauen. Die meisten Investitionsprojekte befinden sich aber noch in der Phase der Machbarkeits- oder Vormachbarkeitsstudien.

Wie können also nun Finanzstrukturen aufgebaut werden, damit der Sprung in den Aufbau und den wirtschaftlichen Betrieb großer Anlagen gelingt?  Diese Frage diskutierten Expertinnen und Experten vergangenen Freitag auf der 27. UNFCCC-Vertragsstaatenkonferenz (COP27) in Sharm El Sheikh. Es waren Fachleute aus der H2Global-Initiative der Bundesregierung, aus dem BMBF-finanzierten Klimakompetenzzentrum SASSCAL im Süden Afrikas sowie aus Großbritannien und den USA dabei.

Die Geschäftsführerin des Southern Africa Science Service Center for Climate Change and Adaptive Land Management (SASSCAL), Dr. Jane Olwoch, geht auf die Chance ein, die Grüner Wasserstoff für die Staaten des südlichen Afrikas bietet.

„Durch das BMBF-geförderte Projekt, den Potenzialatlas Grüner Wasserstoff, haben wir von den enormen Potenzialen für Grünen Wasserstoff in den SASSCAL-Ländern erfahren und sind bereit, sie zu erkunden", so die Spezialistin für die Auswirkungen des Klimawandels.

„Auf einer interaktiven Landkarte sehe ich Orte im westlichen und südlichen Afrika, wo der Aufbau einer Produktions- und Transportinfrastruktur für Grünen Wasserstoff sinnvoll ist. Der Atlas dient als Wegweiser, um eine grüne wasserstoffbasierte Wirtschaft umzusetzen. Das interaktive Tool ist somit von großer Relevanz für politische Entscheidungsträger, Investoren, Forschende in Deutschland und Afrika. Für Afrika bedeutet der Aufbau einer Grünen Wasserstoffwirtschaft im Gegenzug saubere Grüne Energie vor Ort, mit der gleichzeitig Wissen und Arbeitsplätze entstehen sowie Möglichkeiten für neue Exporteinnahmen", erläutert Olwoch.

Auf die Frage zu nachhaltigen Finanzierungsmodellen erläutert Dr. Jane Olwoch, die Forschungsförderung des Bundesforschungsministeriums an SASSCAL, die deutsch-namibische Wasserstoffpartnerschaft mit den in diesem Rahmen geförderten Aktivitäten zur Entwicklung einer Wasserstoffstrategie, der Durchführung von Pilotprojekten und einem Stipendienprogramm. SASSCAL habe dabei die Rolle eines Organisators und setze die Programme vor Ort mit Partnern um, erläutert Olwoch.

Nach ihrer Ansicht ist entscheidend, um Wasserstoff in einem Land nachhaltig zu etablieren, zuerst die Kapazitäten dafür zu schaffen. Beispielsweise in der Forschung oder in der Aus- und Weiterbildung in Form von Stipendien und Ausbildungsprogrammen. Zudem gilt es das Thema in der Politik zu verankern und Kapital in Pilotprojekte zu investieren, Abnahmeverträge auszuhandeln sowie eine geeignete Infrastruktur zum Beispiel Pipelines oder Lagertanks aufzubauen.

„Meine Vision ist eine Grüne Wasserstoffwirtschaft in den südlichen und westlichen afrikanischen Staaten bis 2030 aufzubauen, so dass sowohl Wasserstoff auf lokaler Ebene genutzt wird als auch in unsere Partnerländer exportiert wird", sagt Olwoch.

Als Finanzierungsinstrumente für einen Wasserstoffhochlauf würden sich beispielsweise Darlehen, ausländische Direktinvestitionen, öffentliche Finanzen, Zuschüsse und Kofinanzierungen eignen.

Der Geschäftsführer Timo Bollery der H2 Global Initiative geht auf die Hindernisse ein, die Finanzleute gerade noch haben, um ihre Investitionen in Grünen Wasserstoff zu tätigen. Ein Knackpunkt seien unter anderem die sehr hohen Produktionskosten für Grünen Wasserstoff sowie langfristige fehlende Markt- und Sicherheitsstandards. Um langfristig die Produktionskosten zu senken, müssten schnell die Kapazität ausgebaut werden. Elektrolyseure mit hoher Kapazität gilt es in Serie zu fertigen.

Auf die Frage wie man nun die Produktionskosten reduzieren könne, antwortete der Sonderbeauftragte für die deutsch-namibische Klima- und Energiekooperation des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz, Rainer Baake. Nach seiner Meinung sei wichtig, dass es zum einen passende klimatische Bedingen bräuchte, wie ausreichend Platz, Sonne und Wind. Nach seiner Ansicht gibt es keinen besseren Platz, um Grünen Wasserstoff zu produzieren als im Süden von Namibia. Zum anderen müssen attraktive Rahmenbedingungen für Investoren geschaffen werden, damit vielversprechende Pilotprojekte in eine industrielle Fertigung münden. Das könnten beispielsweise langfristige Preis- und Sicherheitsgarantie sein.

Der Direktor der International Finance Corporation Vivek Pathak weist darauf hin, dass für den Hochlauf der globalen Wasserstoffwirtschaft zu allererst eine Grundinvestition in die Pilotprojekte nötig seien, privat oder aus öffentlicher Hand. Mit einer umfangreichen Grundinvestition bringe man die Pilotprojekte in Serie.

Hintergrund

SASSCAL

SASSCAL (Southern African Science Service Centre for Climate Change and Adaptive Land Management) ist eine gemeinsame Initiative von Angola, Botswana, Namibia, Südafrika, Sambia und Deutschland. Zusammen erarbeitet sie Lösungen für Herausforderungen, verursacht durch globale Wandlungsprozesse wie Klimawandel, demografischer Wandel und Wirtschaftswandel. Dabei ist SASSCAL konzeptionell und operationell so angelegt, dass es die bestehenden Forschungsinfrastrukturen und -Initiativen in der Region ergänzt.

Potenzialatlas Grüner Wasserstoff in Afrika

Ein Potenzialatlas analysiert Möglichkeiten, Grünen Wasserstoff in Afrika produzieren und exportieren zu können. Die technologische, ökologische, wirtschaftliche und soziale Machbarkeit wird unter Berücksichtigung des gegenwärtigen und zukünftigen lokalen Energiebedarfs detailliert untersucht. Das Ziel ist die Unterstützung einer dauerhaften und wirtschaftlichen Entwicklung des afrikanischen Kontinents durch eine nachhaltige Wasserstoffwirtschaft, wodurch Afrika als Exporteur von Grünem Wasserstoff seine Bedeutung auf den internationalen Energiemärkten stärken kann.

Umsetzung der gemeinsamen Absichtserklärung (Joint Communiqué of Intent, „JCoI") Wasserstoff-Partnerschaft zwischen Deutschland und Namibia

BMBF hat für den Aufbau der deutsch-namibischen Wasserstoff-Kooperation finanzielle Unterstützung von bis zu 40 Millionen Euro zugesagt. Geplant sind die Erarbeitung einer Wasserstoffstrategie für Namibia, Pilotprojekte sowie ein Stipendienprogramm für Fachleute und Studierende. Ende 2023 sollen erste Pilotprojekte starten. Demonstriert werden soll, wie Grüner Wasserstoff in Namibia erzeugt und nach Deutschland transportiert werden könnte.