Der Weltbiodiversitätsrat IPBES verabschiedet auf seiner 11. Vollversammlung zwei neue Berichte zum Schutz der biologischen Vielfalt
Auf der 11. IPBES-Vollversammlung wurde der Bericht zum „Transformativen Wandel“ und der sogenannte „Nexus-Bericht“ verabschiedet. Auch wurde die Erstellung eines zweiten Globalen Berichts zur Biodiversität und von Ökosystemleistungen beschlossen.
Der Rückgang der Artenvielfalt und die Veränderungen der Ökosysteme an Land, in Binnengewässern und in Ozeanen sind historisch beispiellos. Expertinnen und Experten schätzen, dass die Aussterberate von Tier- und Pflanzenarten heute um das Hundert- bis Tausendfache über dem in der Evolution üblichen Wert liegt. Der Verlust an Artenvielfalt ist eine ebenso große Herausforderung wie der Klimawandel. Aus der Geschwindigkeit des Artenverlusts resultiert hoher Handlungsdruck. Deshalb ist ein transformativer Wandel erforderlich, um den Verlust der Biodiversität zu stoppen und das Leben auf der Erde zu schützen. Dabei ist es notwendig, den komplexen und vernetzten Charakter von Umwelt-, Sozial- und Wirtschaftskrisen sowie dem Verlust der biologischen Vielfalt, Wasser- und Ernährungsunsicherheit, globalen Pandemien und dem Klimawandel (Nexus) zu untersuchen und daraus Handlungsoptionen und Lösungsvorschläge zu entwickeln.
11. IPBES-Vollversammlung in Windhuk, Namibia, vom 10. bis 16. Dezember 2024
Insgesamt nahmen 896 Regierungsvertreter (IPBES-Mitglieder) aus fast 100 Ländern sowie zahlreiche Expertinnen und Experten vor Ort oder virtuell an der 11. Vollversammlung des Weltbiodiversitätsrats IPBES (Intergovernmental Platform on Biodiversity and Ecosystem Services) teil. Bei der einwöchigen Verhandlung ging es vor allem um die Annahme zweier neuer Berichte, der Zusammenfassung aus beiden für die politische Entscheidungsfindung (SPM) sowie die Kernbotschaften daraus. Bei ihren Treffen berieten Regierungsvertreter die aktuellen SPMs und die Kernbotschaften Satz für Satz, bevor sie angenommen und verabschiedet wurden. Als Teil der deutschen Delegation war auch die Deutsche IPBES-Koordinierungsstelle, die vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und vom Bundessministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) gemeinsam betreut wird, vor Ort.
Nexus-Bericht
Der thematische IPBES-Bericht der Zusammenhänge zwischen Biodiversität, Wasser, Nahrung und Gesundheit (Nexus-Assessment) befasst sich mit dem komplexen und vernetzten Charakter von Umwelt-, Sozial- und Wirtschaftskrisen sowie dem Verlust der biologischen Vielfalt, Wasser- und Ernährungsunsicherheit, globalen Pandemien und dem Klimawandel. Dies geschieht in Form einer kritischen Bewertung der Erkenntnisse über die Zusammenhänge zwischen fünf Elementen: Biodiversität, Wasser, Nahrung, Gesundheit und Klimawandel.
Die aus dem Assessment resultierende Zusammenfassung für die politische Entscheidungsfindung (SPM) basiert auf Erkenntnissen aus verschiedenen Wissenssystemen. Sie bewertet den Wissensstand über vergangene, gegenwärtige und mögliche zukünftige Trends in den Verflechtungen zwischen den fünf Nexus-Elementen, wobei der Schwerpunkt auf der Biodiversität und den Beiträgen der Natur für die Menschen liegt.
Darüber hinaus werden Erkenntnisse über eine Vielzahl von Handlungsoptionen bewertet, die auf spezifische Ziele, Herausforderungen oder Chancen bei der Steuerung und Verwaltung dieser Wechselwirkungen zwischen den Nexus-Elementen abzielen. Dieser Nexus-Ansatz ist wichtig, da trotz der Verflechtung der Bedrohungen für Biodiversität, Wasser, Nahrung, Gesundheit und Klima Entscheidungen zur Bewältigung dieser Bedrohungen oft noch isoliert getroffen werden, was zu potenziellen Fehlausrichtungen und ungeplanten Zielkonflikten beziehungsweise unbeabsichtigten Folgen führen kann. Diese Verflechtungen, die Wechselwirkungen zwischen den Nexus-Elementen berücksichtigt der Nexus-Bericht und bewertet Handlungsoptionen hinsichtlich der Wirksamkeit zur nachhaltigen Steuerung des gesamten Nexus.
Bericht zum transformativen Wandel
Dieses Assessment konzentriert sich auf transformativen Wandel, der bewusst zur Erreichung der Vision 2050 für Biodiversität und zu den globalen Nachhaltigkeitszielen beiträgt. Das Assessment baut auf dem ersten globalen IPBES-Bericht von 2019 auf, der transformativen Wandel als „eine grundlegende, systemweite Umstrukturierung aller technologischen, wirtschaftlichen und sozialen Treiber, einschließlich Paradigmen, Zielen und Werten" definiert. Dieses Assessment baut auf dieser Definition auf und konzentriert sich auf die Frage, wie transformativer Wandel stattfindet, wie er gefördert und wie er beschleunigt werden kann, um zur Erfüllung der 23 handlungsorientierten Unterziele des Kunming-Montreal Global Biodiversity Framework bis 2030 und der vier Ziele des Kunming-Montreal Global Biodiversity Framework bis 2030 sowie zur Verwirklichung der Vision für die biologische Vielfalt bis 2050 beizutragen. Der Bericht berücksichtigt auch die Herausforderungen und Hindernisse bei der Verwirklichung von transformativem Wandel. Um diese Herausforderungen zu bewältigen, betont das Assessment, dass es nicht nur darum geht, was Menschen in Bezug auf Strategien und Maßnahmen tun, sondern auch darum, wie sie es tun, in Bezug auf Prinzipien und Veränderungen in Sichtweisen, Strukturen und Praktiken. Ein praktischer Leitfaden beschreibt, wie Entscheidungsträger und andere Akteure die Botschaften und Erkenntnisse des Assessments nutzen können, um sich für einen transformativen Wandel hin zu einer gerechten und nachhaltigen Welt einzusetzen.
Anhand von fünf Strategien und jeweils dazugehörigen Handlungsaktionen zeigt das Assessment konkrete Handlungsfelder für Transformativen Wandel an und spricht dabei alle Akteure an, Bürgerinnen und Bürger, indigene Völker und lokale Gemeinschaften, Organisationen der Zivilgesellschaft, Nichtregierungsorganisationen, Gewerkschaften, Geldgeber, religiöse Organisationen, Regierungen auf allen Ebenen, den Privatsektor, Finanzinstitutionen und die wissenschaftliche Forschung.
2. Globales IPBES-Assessment
Der Weltbiodiversitätsrat hat auch die Durchführung eines zweiten globalen Assessments zur biologischen Vielfalt und von Ökosystemleistungen gebilligt, mit dessen Entwicklung 2025 begonnen wird. Dabei werden auch die Ergebnisse früherer IPBES-Assessments berücksichtigt, einschließlich der angenommenen Berichte zu Nexus und zum transformativen Wandel. Dieser globale IPBES-Bericht wird voraussichtlich 2028, und damit etwa zehn Jahre nach dem 1. globalen IPBES-Assessment, vorliegen. Er wird die Diskussionen des Übereinkommens über die biologische Vielfalt (CBD) über die Entwicklung eines neuen Rahmens für die biologische Vielfalt nach 2030 wissenschaftlich unterstützen.
Die Deutsche IPBES-Koordinierungsstelle hat die deutschen Akteure im Auftrag des BMBF und des BMUV auf ihrem diesjährigen Nationalen IPBES-Forum über die laufenden Aktivitäten des Weltbiodiversitätsrats informiert und so Impulse für die Vollversammlung in Namibia gegeben.