Diskussionsforum zum IPCC-Sonderbericht über 1,5 °C globale Erwärmung
Der Weltklimarat IPCC hat am 8. Oktober 2018 in Incheon, Südkorea, einen Sonderbericht über 1,5 °C globale Erwärmung (SR1.5) veröffentlicht. Kurz danach veranstaltete die Deutsche IPCC-Koordinierungsstelle dazu im Auftrag des BMBF und des BMU ein Diskussionsforum in Berlin.
Der neue Sonderbericht über 1,5 °C globale Erwärmung (SR1.5) des Weltklimarats IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change) fasst den wissenschaftlichen Kenntnisstand über Risiken und Folgen sowie über mögliche Klimaschutzpfade zusammen. Er betrachtet außerdem konkrete Maßnahmen zur Verstärkung und Beschleunigung des Kampfes gegen den Klimawandel im Kontext einer nachhaltigen Entwicklung.
Die politische Relevanz des SR1.5 ist besonders hoch wegen seines direkten Bezugs zum Pariser Klimaabkommen und dessen Temperaturzielen. Der Bericht wird beim Weltklimagipfel Ende des Jahres die wichtigste Quelle für wissenschaftliche Informationen für den Talanoa-Dialog bereitstellen. Dieser wird die Fortschritte der internationalen Staatengemeinschaft beim Klimaschutz evaluierten und Informationen für eine Verbesserung der Ziele und Maßnahmen auf nationaler Ebene bereitstellen. Die klaren Aussagen des SR1.5 über die Notwendigkeit von weitreichenden Systemübergängen beispiellosen Ausmaßes in allen Sektoren in modellierten Klimaschutzpfaden werden auch die europäische und deutsche Diskussion zur Umsetzung der Ziele des Pariser Abkommens stark beeinflussen.
Großes Interesse für Diskussionsforum in Berlin über Konsequenzen des Berichts
Großes Medieninteresse fand daher die gemeinsame Pressekonferenz des BMU und des BMBF anlässlich der Veröffentlichung des SR1.5 in Berlin am 8. Oktober 2018 im Bundesumweltministerium (BMU). Dabei stellten sich die Staatssekretäre Micheal Meister (BMBF) und Jochen Flasbarth (BMU) gemeinsam mit Profs. Hans-Otto Pörtner und Daniela Jacob, die maßgeblich an der Beteiligung des Berichts beteiligt waren, den Fragen der Journalist*innen.
Großes Interesse fand auch ein Diskussionsforum, das die Deutsche IPCC-Koordinierungsstelle direkt im Anschluss an die Pressekonferenz für das BMU und das BMBF ausgerichtet hat. Bei dieser Veranstaltung mit etwa 130 Teilnehmer*innen aus Wissenschaft, Politik und Gesellschaft betonten der Staatssekretär des BMU Jochen Flasbarth und die stellvertretende Leiterin des BMBF-Referats „Globaler Wandel – Klima, Biodiversität", Vera Stercken, die Relevanz des IPCC-Berichts für die Klima- und Forschungspolitik in Deutschland.
Frau Stercken dankte in Berlin den vier am Bericht beteiligten deutschen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern für ihren Engagement und ihre „herausragende Leistung". Frau Stercken betonte die Relevanz der Forschung gerade für ambitionierte Klimaziele, deren Umsetzbarkeit von der gesellschaftlichen Relevanz und der schnellen Entwicklung neuer Technologien abhänge.
Deutsche Hauptautorinnen und -autoren stellen Sonderbericht vor
Prof. Hans-Otto Pörtner vom Alfred-Wegener-Institut und Ko-Vorsitzender der IPCC Arbeitsgruppe II („Folgen, Anpassung, Verwundbarkeit") war live aus Incheon per Video zugeschaltet. Er stellt fest, dass die Erwärmung durch menschliche Aktivitäten bereits heute bei etwa 1 °C über vorindustriellem Niveau liege und dass mit der derzeitigen Erwärmungsgeschwindigkeit 1,5 °C in den 2040-ern erreicht würde. Pörtner hob hervor, dass es physikalisch und technologisch möglich sei, die globale Erwärmung auf 1,5°C zu begrenzen. Die bestehenden Zusagen unter dem Pariser Abkommen seien dazu jedoch nicht ausreichend: Die aus den nationalen Klimabeiträgen (Nationally Determined Contributions, NDC) resultierenden Emissionen in 2030 sind etwa doppelt so hoch wie für eine Einhaltung der 1,5 °C-Grenze nötig.
Prof. Daniela Jacob vom Climate Service Center Germany (GERICS), Koordinierende Leitautorin das SR1.5-Kapitels über Klimawandelfolgen beschrieb, welche Risiken eine Erwärmung von 1,5 °C mit sich bringen würde, und welche im Vergleich zu 2 °C vermieden werden könnten. Dem Bericht nach würden z. B. 10 Zentimeter weniger Anstieg des Meeresspiegels 10 Millionen Menschen weniger darin gefährden, ihre Heimat zu verlieren.
Dr. Elmar Kriegler vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) war Leitautor des SR1.5-Kapitels über Klimaschutzpfade. Er stellte Wege zur Einhaltung der 1,5 °C Grenze vor, zu denen eine globale Transformation hin zu einer emissionsneutralen Gesellschaft in allen Sektoren beitragen kann. Er betonte, dass Transformation muss um ca. 20 Jahre beschleunigt werden, um die Erwärmung auf 1.5°C statt 2°C Grad zu begrenzen.
Prof. Sabine Fuss vom Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change (MCC) war Leitautorin des SR1.5-Kapitels über Maßnahmen im Umgang mit den Klimawandel. Sie berichtete, dass bei weiterhin zögerlichem Klimaschutz Maßnahmen zur Entnahme von CO2 aus der Atmosphäre eine immer größere Rolle spielen würden. Solche Maßnahmen könnten Konflikte mit anderen Nachhaltigkeitszielen hervorrufen, jedoch bringe eine Begrenzung der globalen Erwärmung auf 1,5 °C mehr Synergien als Konflikte mit anderen Nachhaltigkeitszielen mit sich.
Podiumsdiskussion zu Implikationen für Politik und Forschung in Deutschland
Im Anschluss an die Vorstellung der wichtigsten Aussagen des Berichts aus wissenschaftlicher Sicht, diskutierten Expertinnen und Experten aus Regierung, Wirtschaft und Gesellschaft dessen Bedeutung für die deutsche Klima- und Forschungspolitik. Diskutant*innen waren Prof. Kai Niebert (Universität Zürich, Präsident des Deutschen Naturschutzring (DNR), Mitglied der Kommission für Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung, oft nur Kohlekommission genannt), Holger Lösch (Bundesverband der Deutschen Industrie e. V. –BDI), Prof. Daniela Jacob (Climate Service Center Germany – GERICS), Vera Stercken (BMBF) und Nicole Wilke (BMU, Referatsleiterin Internationaler Klimaschutz) diskutierten die Bedeutung des IPCC-Sonderberichts über 1,5 °C globale Erwärmung für die deutsche Klima- und Forschungspolitik.
Deutsche IPCC-Koordinierungsstelle
Das Diskussionsforum wurde im Auftrag des BMBF und des BMU von der Deutschen IPCC-Koordinierungsstelle organisiert. Die Koordinierungsstelle wurde 1998 von beiden Ministerien am DLR-Projektträger eingerichtet und fungiert seither als Beraterin und Ansprechpartnerin für Wissenschaft, Regierung, Behörden, Öffentlichkeit und Medien bei Fragen zum Weltklimarat IPCC. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Deutschen IPCC-Koordinierungsstelle waren als Mitglieder der deutschen Regierungsdelegation aktiv an der Verabschiedung des Sonderberichts SR1.5 in Incheon beteiligt. Nähere Informationen zur Deutschen IPCC-Koordinierungsstelle finden Sie auf der Webseite.