Erneuerbare Energien im europäischen Strommarkt
Deutschland und Griechenland im Fokus der Ausbaupläne für erneuerbare Energien
Am Beispiel Deutschland-Griechenland wurde im Projekt »RES-DEGREE« analysiert, wie durch die verstärkte Kopplung nationaler und regionaler Stromnetze Synergien in Bezug auf einen kostengünstigen Umbau der Stromsysteme erschlossen und maximiert werden können. Dabei spielte die Analyse von Standortfaktoren wie lokale Einstrahlungsbedingungen oder nationale Kostenfaktoren ebenso eine Rolle wie die Übertragungswege für den Stromaustausch zwischen den beiden Ländern. Das Projektteam des Fraunhofer ISE hat eine Methodik entwickelt und im Projekt »RES-DEGREE« eingesetzt, die es ermöglicht, hochaufgelöste Potenziale erneuerbarer Energien in einem Energiesystemmodell für den Stromsektor Europa zu berücksichtigen. Hierfür wurden detaillierte Erzeugungs-, Potenzial- und Kraftwerksdaten ohne große Qualitätsverluste in das am Fraunhofer ISE entwickelte Ausbauoptimierungsmodell ENTIGRIS für den deutschen und europäischen Stromsektor integriert. ENTIGRIS bietet die Möglichkeit, Aussagen über die optimale Verteilung von erneuerbaren und konventionellen Kraftwerken im Zusammenspiel mit der notwendigen Netzinfrastruktur zu treffen.
Das Ergebnis der Analyse am Beispiel Deutschland-Griechenland zeigt, dass zur Erreichung der Klimaschutzziele ein Anteil von 30–35 Prozent erneuerbarer Energien in 2030 notwendig ist. Ein interessanter Aspekt ist, dass insbesondere bei höheren Anteilen in Deutschland Standorte mit schlechterem Wind- oder Solarangebot einen Vorteil gegenüber Standorten mit zwar sehr guten Bedingungen für Windenergie und Photovoltaik, aber erhöhten Netzausbaukosten haben. So sind nach Berechnungen mit dem Modell ENTIGRIS Windkraftanlagen auch im Süden und Solarstromanlagen auch im Norden von Deutschland attraktiv, weil die erforderlichen Netzausbaukosten den durch den jeweiligen Standort bedingten geringfügig verminderten Stromertrag übertreffen würden. »Lassen sich aufgrund derartiger Berechnungen die Netzausbaukosten auf nationaler Ebene optimieren«, ist Dr. Christoph Kost, Projektleiter am Fraunhofer ISE, überzeugt, »so ist im europäischen Verbund und damit auch im deutschen Stromsystem trotzdem ein Ausbau erforderlich, der über die derzeitigen Planungen des Netzentwicklungsplans hinausgeht. Insbesondere die Verbindungen zwischen Deutschland und seinen Nachbarländern sind davon betroffen.«
Die spezielle Fragestellung im Projekt »RES-DEGREE«, inwieweit eine Verstärkung aller Netzverbindungen zwischen Deutschland und Griechenland bzw. Italien von Nutzen sein kann, konnte durch eine Szenarienanalyse positiv beantwortet werden. Sowohl die Modellierungsergebnisse am griechischen E3MLab mit dem PRIMES-Modell, als auch die Ergebnisse mit ENTIGRIS sehen einen verstärkten Netzausbau und Stromfluss in beide Richtungen als positiv. So profitieren die Länder sowohl in Südeuropa als auch in Mitteleuropa von der stärkeren Vernetzung, da z. B. Solarstrom nach Norden aber auch Windstrom in den Süden transportiert werden kann. Das Fraunhofer ISE empfiehlt auf Basis der Ergebnisse aus dem deutsch-griechischen Forschungsprojekt eine zusätzliche, stärkere Vernetzung und einen erhöhten Austausch zwischen den europäischen Strommärkten sowie eine intensivere Koordinierung nationaler Energiepolitik und Infrastrukturmaßnahmen. Mit der im Projekt entwickelten Modellplattform ENTIGRIS und dem PRIMES-Modell kann das Zusammenspiel zwischen den EU-Klimazielen und energiepolitischen Zielen auf nationaler Ebene mit weiteren Modellanalysen stärker detailliert und konkretisiert werden.
Der abschließende Projektbericht in englischer Sprache findet sich hier zum Download.
Das Projekt »RES-DEGREE« wurde auf deutscher Seite vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert, die Forschungsarbeiten am E3MLab der Technischen Universität Athen wurden vom griechischen General Secretariat for Research and Technology unterstützt.
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