Fiebermessen in der Arktis - Zweimonatige Expedition in die Laptewsee startet

Vor zwei Wochen kam der russische Forschungseisbrecher AKADEMIK TRYOSHNIKOV in einer speziellen Mission nach Kiel. Das mehr als 130 Meter lange Flaggschiff der russischen Polarforschungsflotte verlud Ausrüstung für eine zweimonatige Expedition in die sibirische Arktis. An diesem Wochenende startete die Fahrt mit einem internationalen Forschungsteam in Archangelsk. Teil des Teams sind auch Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des GEOMAR Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung Kiel, der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel und des Alfred-Wegener-Instituts, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung Bremerhaven. Im Mittelpunkt stehen Untersuchungen zur Klimaerwärmung in der Schlüsselregion für die arktische Meereisbildung sowie Vorarbeiten für die Überwinterungskampagne MOSAiC mit dem deutschen Forschungseisbrecher Polarstern, die im Herbst 2019 unter Leitung des Alfred-Wegener-Instituts beginnt.

Es wird eine Reise aus dem Hochsommer in den Winter. Während die Hitzewelle in Mitteleuropa immer noch nicht ganz ausgeklungen ist, herrschen in der sibirischen Arktis winterliche Temperaturen. Auch im Hochsommer sind Schnee und Eis nicht ungewöhnlich. Aber auch dort ist es wärmer geworden, und zwar deutlich. Das zeigen die langen Messreihen, die die Forschenden vom GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel über viele Jahre in der sibirischen Laptewsee gewonnen haben. Bei der jetzt anstehenden Expedition geht es unter anderem darum, weitere Erkenntnisse zu gewinnen, wie sich diese für die Meereisbildung der gesamten Arktis bedeutsame Region verändert.

„Im Rahmen des russisch-deutschen Forschungsprojekt ‚CATS – Das arktische transpolare System im Wandel' untersucht ein Konsortium aus zehn deutschen und russischen Forschungseinrichtungen und Universitäten, wie sich der Klimawandel auf den äußerst sensiblen arktischen Lebensraum auswirkt und inwieweit die Veränderungen auch das Klima in Europa betreffen, erläutert Dr. Heidemarie Kassens vom GEOMAR, die einen Abschnitt der jetzt gestartenten Expedition leitet. „Wie der Name TRANSDRIFT XXIV für unseren Fahrtabschnitt andeutet, ist dies bereits die 24. Reise in diese Region, so Dr. Kassens. Während der Expedition werden unter anderem ozeanische Langzeitbeobachtungsstationen, sogenannte Verankerungen, gewartet sowie Beprobungen in der Wassersäule durchgeführt. „Insbesondere interessiert uns das Verhalten des zirkum-arktischen Randstroms, der große Wärmemengen entlang des Kontinentalhangs transportiert, die potentiell die gesamte arktische Meereisbedeckung zum Schmelzen bringen könnten, wenn sie in oberflächennahe Schichten dringen würden, so Dr. Kassens.

Zusätzlich werden im Rahmen der Expedition mit dem Forschungseisbrecher AKADEMIK TRYOSHNIKOV auch Vorarbeiten für die Überwinterungskampagne des deutschen Forschungseisbrechers Polarstern durchgeführt, die ab Herbst 2019 in dieser Region beginnen soll. „Wir werden ein Jahr vorher in der Region Messungen durchführen, wo die Polarstern im kommenden Jahr ihre Expedition durch das arktische Eis beginnen soll, erklärte Dr. Benjamin Rabe vom Alfred-Wegener-Instituts, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung Bremerhaven (AWI), verantwortlicher Wissenschaftler für diesen Abschnitt der Reise. Dafür wird der russische Forschungseisbrecher weiter nordwärts durch das arktische Eis fahren und autonom messende Bojensysteme ausbringen. Diese sind Teil des Programms „Frontiers in Arctic Marine Monitoring (FRAM) und dem „Multidisciplinary Ice-tethered Distributed Observatory (MIDO) des AWI und der Helmholtz-Gemeinschaft. Die im Eis verankerten Systeme sollen auf ähnlichen Pfaden wie die Polarstern im Rahmen von MOSAiC über ein Jahr lang Messungen in der oberflächennahen Atmosphäre, dem Eis und dem oberen Ozean durchführen, was auch zum erfassen der großräumigen Änderungen von Wärme- und Süßwasseränderungen im eurasischen Teil der Arktis beiträgt. Die Forscher werden in der Region zudem Messungen der Eis- und Schneedicke sowie ozeanographische Messungen in der Wassersäule vornehmen.

Die in Archangelsk (Nordrussland) gestartete Expedition wird voraussichtlich am 30. September wieder in Archangelsk enden. Das Schiff soll anschließend zum Entladen weiter nach Bremerhaven fahren.

Das Projekt CATS - Das arktische transpolare System im Wandel
Das Bundesministerium für Bildung und Forschung fördert das Projekt CATS im Rahmen der deutsch-russischen Zusammenarbeit in der Polar- und Meeresforschung. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erforschen in CATS, wie sich die sibirische Arktis verändert und wie sich diese Änderungen auf die Ozeanströmungen und auf das Treibeis auswirken. Das Projekt wird von März 2017 bis Februar 2020 mit insgesamt 2,6 Millionen Euro gefördert. Dem russisch-deutschen CATS-Konsortium gehören die folgenden Forschungseinrichtungen und Universitäten an:
  • GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel
  • Föderale Staatliche Budgetäre Einrichtung „Institut für Arktis-und Antarktisforschung, Sankt Petersburg (AARI)
  • Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar-und Meeresforschung, Bremerhaven (AWI)
  • Christian-Albrechts-Universität zu Kiel
  • Geologisches Institut der Russischen Akademie der Wissenschaften, Moskau (GIN RAS)
  • Universität Hamburg
  • Staatliche Moskauer Lomonossow-Universität (MSU)
  • Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz
  • P.P. Schirschow-Institut für Ozeanologie der Russischen Akademie der Wissenschaften, Moskau (SIO RAS)
  • Universität Trier