Flächenfußabdruck verkleinern: Ohne Felder keine regionalen Lebensmittel

Felder, Wiesen, und Teiche erhalten – ein deutschlandweit einzigartiger Leitfaden zeigt gute Beispiele in der Metropolregion Nürnberg für den verantwortungsvollen Umgang mit landwirtschaftlichen Flächen.

Der Flächenverlust ist ein gravierendes Umweltproblem auch in der Metropolregion. Aktuell stehen rechnerisch in der Metropolregion Nürnberg pro Einwohner 2.670 Quadratmeter landwirtschaftliche Fläche zur Verfügung, so viel wie etwa 10 Tennisfelder. Das ist deutlich mehr als der Durchschnitt anderer deutscher Metropolregionen. Aktuell könnte die Metropolregion theoretisch ihre Lebensmittel in der Region erzeugen, pro Person wären dafür 2060 Quadratmeter nötig. Rechnet man den Flächenbedarf für Biogas und Photovoltaik hinzu, wird die Fläche knapp (mehr dazu in diesem Video). „Die verfügbare landwirtschaftliche Fläche ist ein großer Schatz unserer Region", sagt Dr. Hermann Ulm, Landrat des Landkreises Forchheim und Sprecher des Projekts ReProLa.
Daraus entsteht eine Vielfalt an regionalen Lebensmitteln, die einmalig ist: Bauernbrot, Wurst, Karpfen oder Spargel. Die wirtschaftliche Bedeutung für die Metropolregion ist enorm: rund 100.000 Beschäftigte arbeiten in der hiesigen Land- und Ernährungswirtschaft, so viele wie in der Automobilzulieferindustrie. Große Anteile einzigartiger, über Jahrhunderte gewachsener Kultur-landschaften prägen die Metropolregion: Teichlandschaften, Magerwiesen oder Streuobstbäume.
Doch Getreidefelder und Streuobstwiesen sind unter Druck: Pro Jahr gehen in der Metropolregion 1.450 Hektar landwirtschaftliche Fläche verloren – meist für Straßen, Gewerbe, Industrie oder Wohnhäuser. Rechnerisch verliert pro Jahr eine Kommune in der Metropolregion ihre landwirt-schaftliche Fläche. „Landwirtschaftliche Flächen sind nicht nur reine Produktionsfläche für Lebens-mittel und Einkommensquelle für Erzeugerinnen und Erzeuger, sie sind auch maßgeblich für den Arten- und Klimaschutz. Der Verlust landwirtschaftlich genutzter Flächen erschwert die Herstellung von regionalen Lebensmitteln, es gehen gewohnte und prägende Landschaftsbilder verloren, die Biodiversität nimmt ab und gleichzeitig wird der Rückgang von Landwirtschaftsbetrieben beschleunigt", sagt Prof. Otmar Seibert von der Forschungsgruppe Agrar- und Regionalentwicklung in Trie-sdorf. Die Corona-Pandemie und die Ukraine-Krise haben gezeigt wie wertvoll eine Ernährungs-wirtschaft ist, die unabhängig von internationalen Lieferketten ist.
Der Umgang mit landwirtschaftlichen Flächen steht aktuell jedoch kaum im Fokus von Kommunen. Im Rahmen des Bundesforschungsprojektes „ReProLa" (regionalproduktspezifisches Landmanagement) wurde daher ein Leitfaden entwickelt. „Dieser Leitfaden ist deutschlandweit einzigartig – so zeigt er gute Beispiele aus der Metropolregion, wo Kommunen bereits heute sparsam mit landwirtschaftlichen Flächen umgehen. Das ist ein wichtiger Schritt zu einem gesellschaftlichen Umdenken. Wir müssen uns endlich klarmachen, was der Verlust von Landwirtschaftsfläche be-deutet. Ohne Flächen werden wir in Zukunft keine regionalen Lebensmittel mehr produzieren können", fasst Landrat Dr. Hermann Ulm zusammen.
Vorgestellt wurde der Leitfaden bei der Fachkonferenz „Zukunft.Fläche.Außenbereich – Nachhaltig (landwirtschaftliche) Flächen sichern, Wertschöpfung und Entwicklungen in der Metropolregion Nürnberg gestalten" im Pilatushof bei Forchheim. Der Leitfaden für kommunales Flächenmanagement ist Teil des Aktionsplans „Heimat für Regionalprodukte". Der Aktionsplan enthält strategische Projekte für eine zukunftsfähige Land- und Ernährungswirtschaft und soll auf der Ratssitzung am 28. Juli 2023 in Erlangen durch den Rat der Metropolregion beschlossen werden.

Gute Beispiele von Kommunen aus der Metropolregion
Eine seit vielen Jahren stillstehende Gewerbebrache am Ortseingang von Langenfeld, (Landkreis Neustadt a.d Aisch-Bad Windsheim) wurde zum gemeindlichen Dienstleistungszentrum umge-nutzt. Ein Dorfladen mit Backfiliale, Getränkemarkt, Poststation, Geldautomaten und Lotto-Annah-mestelle. Das Besondere daran: die Bürger von Langenfeld sind über eine Bürgergesellschafft an der Weiterentwicklung des Dorfladens beteiligt.
In der Gemeinde Litzendorf (Landkreis Bamberg) wurde 2007 der Grundsatzbeschluss „Innen- vor Außenentwicklung" getroffen. Dabei wurde die Bürgerschaft einbezogen um Impuls-Projekte im Ortskern umzusetzen: Bücherei, Bürgerhaus, Sport- und Naherholungsflächen.
Eine Bestandsaufnahme in der Gemeinde Effeltrich (Landkreis Forchheim) hat gezeigt, dass in-nerorts großes Potenzial für Bau- und Umnutzungsmöglichkeiten vorhanden ist. Brachflächen und leerstehende Gebäude werden nun sukzessiv reaktiviert, zum Beispiel zu Baumschulen und Gärtnereien. Nach einem Grundsatzbeschluss priorisiert die Gemeinde die Innenentwicklung.
Seit 2014 werden in Ludwigstadt (Landkreis Kronach) kontinuierlich Leerstände erfasst und mo-natlich durch Daten des Einwohnermeldeamtes ergänzt. Die Strategie der Stadt liegt darin, auch so genannte Schrottimmobilien zu erwerben und rückzubauen und geeignete Objekte zu neuem Leben zu erwecken. So wurden beispielsweise zwei Brauereien auf Gemeindegrund revitalisiert.

Unter folgendem Link kann der Leitfaden abgerufen werden: https://reprola.de/downloads/

Stimmen der Bürgermeister der Beispiel-Gemeinden:


„Schnell hat sich in Langenfeld herausgestellt, dass etwas innerorts passieren muss. Ältere Men-schen, Familien mit Kindern und Junge haben Bedarf nach passenden, vielfältigen Wohnformen und Versorgungsmöglichkeiten; gleichzeitig drohen immer mehr Leerstände bei Hofstellen und Wirtschaftsgebäuden. Wir haben uns mit einem langen Atem auf die Innenentwicklung konzentriert und freuen uns über die Erfolge. Dazu gehört aber auch der Erwerb von Flächen im Außenbereich, um handlungsfähig zu sein, z. B. für den Erwerb von Ausgleichsflächen oder für Tauschoptionen."
1. Bürgermeister Reinhard Streng, Gemeinde Langenfeld

„Für die Lebensqualität in einer Kommune sind attraktive und belebte Zentren wichtige Parameter. Gerade die bei uns in den Kernorten noch vorhandenen kleingliedrigen Geschäfts- und Dienstleis-tungsbetriebe sorgen neben den öffentlichen Einrichtungen für Belebung und Begegnung aller Ge-nerationen in den Zentren. Die Aufwertung des öffentlichen Raums hat auch Privateigentümer mo-tiviert, ihre Liegenschaften zu modernisieren."
1.Bürgermeister Wolfgang Möhrlein, Gemeinde Litzendorf


"Als Bürgermeister einer kleinen Gemeinde setze ich auf eine maßvolle Siedlungsentwicklung im Bestand. Die Kosten für große Siedlungserweiterungen belasten die Kommune über Jahrzehnte und ziehen vorher nicht bedachte Folgeinvestitionen nach sich."
1. Bürgermeister Peter Lepper, Gemeinde Effeltrich 

"Durch die topographische Lage und das umgebende Landschaftsschutzgebiet bekommt die Innen-entwicklung in der Stadt Ludwigsstadt einen noch höheren Stellenwert. Bund und Land unterstüt-zen uns dabei mit passenden Instrumenten und Zuschüssen. Ohne eine auskömmliche Förder-möglichkeit wären viele Projekte aufgrund unserer Haushaltslage nicht zustande gekommen."
1.Bürgermeister Timo Erhardt, Stadt Ludwigsstadt

Ansprechpartnerin: Europäische Metropolregion Nürnberg Dr. Christa Standecker Geschäftsführerin Theresienstraße 9, 90403 Nürnberg Tel. 0911 – 231 10 5 22 geschaeftsstelle@metropolregion.nuernberg.de

Über das Projekt ReProLa
Das Projekt „Beteiligungsprozess Heimat für Regionalprodukte mit BioRegio-Schwerpunkt " ist Teil des Bundesforschungsprojekts „Regionalproduktspezifisches Landmanagement in Stadt-Land- Partnerschaften am Beispiel der Metropolregion Nürnberg" (ReProLa). Ziel in ReProLa ist es, in enger Kooperation von Stadt und Land neue Wege zur Erhaltung landwirtschaftlicher Flächen und deren Gemeinwohlleistungen sowie zur nachhaltigen Versorgung mit Regionalprodukten aufzuzeigen. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) fördert das Projekt ReProLa seit 2018 im Rahmen der Fördermaßnahme „Stadt-Land-Plus". Das Forschungsprojekt wird durch die Geschäftsstelle der Metropolregion Nürnberg koordiniert; weitere Projektpartner sind die Friedrich- Alexander-Uni-versität Erlangen-Nürnberg, Forschungsgruppe Agrar- und Regionalentwicklung Triesdorf, Fraunhofer-Arbeits-gruppe IIS und Stadt Nürnberg. Mehr Infos unter www.reprola.de
Über die Metropolregion Nürnberg Metropolregion Nürnberg, das sind 23 Landkreise und 11 kreisfreie Städte – vom thüringischen Landkreis Sonneberg im Norden bis zum Landkreis Weißenburg-Gunzenhausen im Süden, vom Landkreis Kitzingen im Westen bis zum Landkreis Tirschenreuth im Osten. 3,6 Millionen Einwohner erwirtschaften ein Bruttoinlandsprodukt von 148 Milliar-den Euro jährlich – das entspricht in etwa der Wirtschaftskraft von Ungarn. Eine große Stärke der Metropolregion Nürnberg ist ihre polyzentrale Struktur: Rund um die dicht besiedelte Städteachse Nürnberg-Fürth-Erlangen-Schwab-ach spannt sich ein enges Netz weiterer Zentren und starker Landkreise. Die Region bietet deshalb alle Möglichkei-ten einer Metropole – jedoch ohne die negativen Effekte einer Megacity. Bezahlbarer Wohnraum, funktionierende Verkehrsinfrastruktur und eine niedrige Kriminalitätsrate macht die Metropolregion Nürnberg für Fachkräfte und deren Familien äußerst attraktiv. www.metropolregion.nuernberg.de