Forscher berechnen Ökobilanz: „Noch ist die Sharing Economy allemal blassgrün
Bereits über 110 Onlineplattformen ermöglichen es Privatpersonen, über das Internet Dinge miteinander zu teilen – von Autos über Wohnungen und Gebrauchsgegenständen bis hin zu Kleidung. „Teilen statt besitzen ist nicht nur praktisch, sondern beruhigt auch das Öko-Gewissen. Aber wie nachhaltig ist dieses sogenannte Peer-to-Peer Sharing wirklich? Erstmals gibt hierzu nun eine Ökobilanz Aufschluss. Sie zeigt, dass solche Konsumpraktiken zwar einen positiven Umwelteffekt haben, dieser allerdings gering ist.
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Sharing: Nicht automatisch ökologisch – aber großes Potenzial
Die Forscher haben untersucht, welche Umwelteffekte die Nutzung von Peer-to-Peer Sharingangeboten im Vergleich zu einer Situation ohne solche Angebote haben kann. Sie berechneten die Ökobilanzen in den Bereichen Bekleidung, Alltagsmobilität und Reiseunterkunft. „Zwar geben sich manche Anbieter einen grünen Anstrich, doch zeigen unsere Berechnungsergebnisse, dass Sharing keinesfalls automatisch ökologisch sinnvoll ist, so Studienautorin Sabrina Ludmann vom IFEU. „Wenn Sharing den Konsum insgesamt erhöht oder ihn hin zu nachteiligem Konsum wie etwa Flugreisen verschiebt, bleiben die Nachhaltigkeitspotenziale auf der Strecke.
Dennoch gibt es ein großes Potenzial, dass Sharing die Umwelt schonen kann. Und zwar in allen untersuchten Bereichen. Dieses kommt dann zum Tragen, wenn Sharing dazu führt, dass sich die Konsumkultur wandelt – etwa, wenn insgesamt weniger Kleidung neu gekauft oder durch die neuen Möglichkeiten mobil zu sein, eigene Autos abgeschafft oder weniger neue angeschafft werden. Beim Apartment-Sharing gibt es einen Umweltnutzen nur, wenn alltäglich genutzter Wohnraum vermietet und so intensiver genutzt wird und nicht, wenn dafür eigens Ferienwohnungen eingerichtet werden.
Konsumkultur auf Nachhaltigkeit ausrichten
Zukunftsforscher Siegfried Behrendt vom IZT stellte vor, wie sich die Sharing Economy in der Zukunft entwickeln könnte und unter welchen Bedingungen die Potenziale für nachhaltiges Wirtschaften erschlossen werden können. Während ein Trendszenario im Sinne eines Weiter-wie-bisher kaum zu einem nachhaltigen Wirtschaften beitragen würde, wäre in einem „Transformationsszenario eine nachhaltige Ökonomie des Teilens vorstellbar. Hierfür bräuchte es einen angemessenen Regulationsrahmen, der fördert, dass Plattformanbieter Nachhaltigkeitsanforderungen in ihre Geschäftsmodelle integrieren. Wenn dies passiert, könnte die Sharing Economy dazu beitragen, die Konsumkultur insgesamt stärker in Richtung Nachhaltigkeit auszurichten.
Dass Sharing in der Zukunft eine wichtige Rolle spielen wird, ist sehr wahrscheinlich, prophezeit Behrendt. Doch er weist auch darauf hin, dass alles ganz anders kommen könnte: „Vielleicht sorgen etwa die Blockchain-Technologie oder die Möglichkeit des autonomen Fahrens dafür, dass die großen Sharinganbieter, die heute en vogue sind, so schnell wieder verschwinden werden, wie sie einst aufgestiegen sind.
Das Projekt „PeerSharing – Internetgestützte Geschäftsmodelle für gemeinschaftlichen Konsum als Beitrag zum nachhaltigen Wirtschaften beschäftigt sich mit innovativen Onlineplattformen, die den Verleih, Kauf oder Tausch von Produkten und Dienstleistungen von Privat zu Privat vermitteln. Die Forscher/innen untersuchen, wie onlinebasiertes Teilen von Privat zu Privat ökologisch wirkt und was Verbraucher/innen motiviert oder hindert mitzumachen. Es wird im Förderschwerpunkt Sozial-ökologische Forschung vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert und vom Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) gemeinsam mit dem Institut für Zukunftsstudien und Technologiebewertung (IZT) und dem Institut für Energie- und Umweltforschung Heidelberg (IFEU) durchgeführt.