Garantiert weiße Weihnacht - Überwintern auf der Neumayer-Station in der Antarktis
Um die Neumayer-Station III in der Antarktis zu erreichen, wählt man eine Bremerhavener Nummer mit der Vorwahl 0471. Am anderen Ende meldet sich eine Männerstimme. Sie gehört Dr. Tim Heitland, Arzt und Stationsleiter auf der deutschen Polarforschungsstation. Die Tonqualität ist gut, nichts lässt darauf schließen, dass sich Heitland nicht in Bremerhaven aufhält, sondern rund 14.000 Kilometer weiter südlich. Heitland freut sich über das milde Wetter in der Antarktis und wirft einen Blick auf sein Thermometer, das minus 6,8 Grad anzeigt. Wenn auf der Nordhalbkugel Winter herrscht, ist auf der Neumayer-Station antarktischer Sommer. Schon seit zwei oder drei Wochen geht die Sonne nicht mehr unter, berichtet Heitland. Einstellige Minusgrade fühlen sich für ihn nach den langen Wintermonaten mit bis zu minus 46 Grad geradezu warm an: „Gestern war ich noch im T-Shirt draußen. Ihn erwarten in diesem Jahr garantiert weiße Weihnachten. Obwohl er nun schon über ein Jahr lang nur Schnee gesehen hat, freut er sich auf das Fest: „Weiß ist es zwar jeden Tag, aber es ist ja nicht jeden Tag Weihnachten.
Die Vorweihnachtszeit erleben die rund 50 Wissenschaftler auf der Neumayer-Station komplett anders als in Deutschland: „Diese ganze Kommerzgeschichte fällt hier komplett weg, berichtet der Stationsarzt und klingt kein bisschen wehmütig. „Das ist ja eine der Besonderheiten hier in der Antarktis, so Heitland, „dass wir hier überhaupt nichts kaufen können und auch nichts kaufen müssen. Bei Weihnachtsgeschenken ist also Kreativität gefragt. Nur vor „Last Christmas gibt es selbst in der Antarktis kein Entkommen, erzählt er lachend: „Ich persönlich habe es nicht freiwillig gehört, aber es wurde schon gespielt. In dieser Woche steht auch noch das weihnachtliche Plätzchenbacken an, weil am Vortag ein Flugzeug Nachschub an Eiern gebracht hat. „Wir haben sogar Pinguin-Ausstechförmchen, freut sich Heitland.
Weihnachten unterscheidet sich im ewigen Eis kaum von anderen Tagen: „Wir müssen wie an jedem anderen Tag auch unsere Messungen und Proben nehmen, so Heitland, „das lässt sich nicht aufschieben. Die Klimaforschung läuft lückenlos weiter. Beispielsweise macht der Meteorologe alle drei Stunden eine Wetterbeobachtung und lässt einmal am Tag einen Wetterballon steigen. Die Atmosphärenchemikerin stapft täglich anderthalb Kilometer durch Eis und Schnee in das Spurenstoffobservatorium und misst die Konzentration von Spurengasen wie Ozon und winzigen Staubpartikeln in der Luft. „Da muss sie zu Fuß hingehen, damit die Motorabgase nicht die Atmosphäre verschmutzen. Wegen der abgeschiedenen Lage ist das Neumayer-Observatorium eine Referenzstation für Messungen bei extrem sauberer Luft.
❄ Stürmische Weihnachtsgrüße von der Neumayer-Station! ❄
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An Heiligabend kommen die Forscher nachmittags im Speisesaal zusammen, der auf Forschungsschiffen und –stationen Messe genannt wird. Gefeiert wird dann um den Plastik-Weihnachtsbaum herum. „Ein echter Baum ist in der Antarktis nicht erlaubt, damit keine fremden Arten eingeschleppt werden, erklärt Heitland. Der Stationsarzt freut sich schon auf das Weihnachtsessen: „Wir werden Tischdecken auf die Tische legen und dann wird es Gans und Rotkraut mit Knödeln geben. Seinen größten Weihnachtswunsch erfüllt sich Heitland selbst, indem er Weihnachten in der Antarktis verbringt: „Der Ort hier ist absolut fantastisch und es ist ein super Leben, das man hier hat. Das Einzige, was mir hier fehlt, sind Familie und Freunde und vielleicht etwas Grünes. So einen unberührten, rauen und gleichzeitig doch so friedlichen Ort findet man sonst nirgendwo auf der Welt.
2009 wurde die Neumayer Forschungsstation in der Antarktis in Betrieb genommen. Sie dient als Basis für die deutsche Antarktisforschung und wird vom Alfred-Wegener-Institut – Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI) betrieben. Das Bundesforschungsministerium finanziert das AWI über die institutionelle Förderung der Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren.