Hintergründe zum nächsten Weltklimabericht des IPCC, Folge #5 – Negative Emissionen: Wie kann CO2 aus der Atmosphäre entfernt werden?
Der IPCC erstellt zurzeit den nächsten Weltklimabericht. FONA-Projekte beschäftigen sich mit Themen, die hierbei eine wichtige Rolle spielen.
Der Weltklimarat IPCC erstellt zurzeit seinen Sechsten Sachstandsbericht. In mehreren Bänden wird dieser den aktuellen Kenntnisstand zum Klimawandel zusammenfassen und einordnen. Der erste Band „Naturwissenschaftliche Grundlagen" erscheint voraussichtlich am 9. August 2021. Auf der Website der Deutschen IPCC-Koordinierungsstelle finden Sie aktuelle Informationen dazu.
Mit einer Serie von Meldungen stellen wir Ihnen Projekte aus der BMBF-Strategie „Forschung für Nachhaltigkeit (FONA) vor, die sich mit Themen beschäftigen, die für den IPCC-Bericht wichtig sind. Denn Forschung liefert die Grundlage für faktenbasierte und informierte politische und gesellschaftliche Entscheidungen zum Umgang mit dem Klimawandel.
Negative Emissionen: Wie kann man CO2 aus der Atmosphäre entfernen?
Im Übereinkommen von Paris hat sich die Weltgemeinschaft 2015 dazu verpflichtet, den weltweiten Temperaturanstieg auf unter 2 °C, besser noch auf 1,5 °C gegenüber dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen. Die globale Erwärmung kann aber nur nachhaltig gestoppt werden, wenn die Treibhausgasemissionen weltweit auf Null zurückgehen (siehe Folge #4 zum CO2-Budget).
Hierfür ist es in erster Linie erforderlich, Treibhausgasemissionen in allen Bereichen von Gesellschaft und Wirtschaft von vorneherein so weit wie möglich zu vermeiden. Nach heutigem Wissensstand gibt es jedoch Bereiche, in denen immer unvermeidbare Restemissionen anfallen, wie zum Beispiel in der Landwirtschaft. In der Klimaforschung gilt es daher als äußerst wahrscheinlich, dass ergänzend zu der drastischen Minderung von Treibhausgasemissionen auch sogenannte „negative Emissionen" notwendig sein werden, um die Ziele des Übereinkommens von Paris einzuhalten. Damit ist eine aktive Entnahme von Kohlendioxid (CO2), bekannt als Carbon Dioxide Removal (CDR), aus der Atmosphäre und dessen langfristige Speicherung gemeint.
Im Weltklimarat IPCC bzw. in der Forschung werden unterschiedliche CDR-Methoden von ökosystem-basierten bis hin zu technischen Verfahren an Land und im Meer hinsichtlich ihrer Machbarkeit und Wirksamkeit verglichen und diskutiert. Die Optionen für naturbasierte CDR-Methoden an Land reichen von Ansätzen wie Aufforstung und Wiederaufforstung über die Wiedervernässung von Mooren bis hin zur beschleunigten Verwitterung von Gesteinen. Zu den technischen CDR-Methoden an Land zählt beispielsweise die direkte Abscheidung von CO2 aus der Umgebungsluft und anschließende langfristige Speicherung in unterirdischen Lagerstätten (Direct Air Carbon Capture and Storage, DACCS).
Der kommende Teil des Sechsten IPCC-Sachstandsberichts über Naturwissenschaftliche Grundlagen wird sich mit den bio-geochemischen Zusammenhängen von CDR beschäftigen – also mit der Frage, welche Folgen ein großflächiger Einsatz von CDR-Methoden für das Erd- und Klimasystem hätte. Gesellschaftliche und ökologische Aspekte zu Umsetzbarkeit von CDR-Methoden, ihren Risiken und Wechselwirkungen mit anderen Nachhaltigkeitszielen werden insbesondere in den weiteren Bänden des Sechsten IPCC-Sachstandsberichtes behandelt, die Anfang nächsten Jahres erscheinen.
Forschung ist notwendig, um die Faktenbasis für klimapolitische Entscheidungen zu schaffen
Viele Fragen zum Einsatz von CDR-Methoden sind noch offen: Mit welchem Mix an CDR-Methoden kann wieviel CO2 für wie lange aus der Atmosphäre entnommen werden? Wie können negative Emissionen ökologisch verträglich ermöglicht werden? Welche wirtschaftlichen und sozialen Rahmenbedingungen sind für den Einsatz erforderlich? Wie gestalten wir die öffentliche Debatte zum Einsatz der CDR-Methoden? Diese und weitere Fragen werden im Rahmen von Forschungsprojekten der BMBF-Bekanntmachung Methoden zur Entnahme von atmosphärischem Kohlendioxid (Carbon Dioxide Removal, CDR) für CDR-Methoden an Land grundlegend erforscht werden.
Auch die Meere bieten Möglichkeiten, CO2 aufzunehmen: Dafür bildet die Förderrichtlinie des BMBF MARE:N „Küsten- und Meeres- und Polarforschung: Forschungsmission 'Marine Kohlenstoffspeicher als Weg zur Dekarbonisierung' der Deutschen Allianz Meeresforschung" die Grundlage.
Klar ist: Ambitionierter Klimaschutz und Anpassung an unvermeidbare Folgen des Klimawandels haben höchste Priorität. Der Entwurf der ersten Novelle des Bundes-Klimaschutzgesetzes sieht vor, dass wir ab 2050 netto negative Emissionen erreichen wollen. Die Forschungsaktivitäten des BMBF sollen hierfür die Grundlage bilden.