Gashydrat könnte zu einer weltweiten Energierevolution führen
Zu Gast im FONA-Podcast ist der Meeresforscher Dr. Matthias Haeckel vom GEOMAR Helmholtz Zentrum für Ozeanforschung in Kiel. Matthias Haeckel erforscht in dem vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie gemeinsam geförderten Projekt SUGAR Gashydrate. Gashydrate sind mit Methan gefüllte Eiskäfige: Diese Verbindung von Eis und Gas ist nur bei hohem Druck und niedrigen Temperaturen stabil. Bedingungen, wie sie in der Tiefsee herrschen. Methanhydrat kann ab etwa 400 Meter Wassertiefe existieren – bei 40 bar und 2 Grad Wassertemperatur. Das meiste Gashydrat liegt in 500 bis 1000 Meter Wassertiefe an den Kontinentalhängen.
- Audiolänge16:55 min
- Download (MP3, 23.25 MB)
In den Weltmeeren gibt es große Mengen Gashydrat. Experten schätzen, dass genauso viel Kohlenstoff in Gashydraten gelagert ist wie in den bekannten Kohlevorkommen: Schätzungen zufolge gibt es weltweit circa zwölf Billionen Tonnen Methanhydrat. Im Projekt SUGAR entwickeln die Forscher Technologien, wie dieses Gas – meistens Methan – gefördert werden kann. Gerade in den Hoheitsgebieten der asiatischen Ländern und der USA und Kanada gibt es viele Vorkommen, weshalb Dr. Matthias Haeckel es für möglich hält, dass Methan aus Gashydraten in Zukunft eine wichtige Energiequelle sein könnte. Japan, China, Taiwan und Südkorea verfügen über große Gashydratvorkommen, haben aber sehr wenige konventionelle Öl- und Gaslagerstätten. "Das könnte man vielleicht als eine Art Energierevolution betrachten, insofern, als dass sich der Gasmarkt aus Russland und den arabischen Ländern nach Asien verlagert." Haeckel gibt aber zu bedenken, dass auch Gashydrate ein fossiler Energieträger sind, insofern sei die Gasproduktion immer nur eine Brückentechnologie, bis wir zu alternativen Energieträgern übergehen können.
Haeckel erläutert außerdem die Vision, dass das Methan, das wir gut gebrauchen können, aus dem Gashydratkäfig gelöst wird und durch CO2 ersetzt wird. So könnte Methan als Energiequelle gewonnen und gleichzeitig CO2 im Meeresboden verpresst werden. Allerdings seien im Augenblick nicht genug CO2-Speicherplätze in der Tiefsee bekannt, um den Klimawandel merkbar zu bremsen.
Technologisch ist die Förderung kein Problem, erläutert Haeckel: Das Methangas wird kontrolliert aus seinem Käfig aus Wassermolekülen gelöst, indem zunächst der Druck um das Bohrloch herum gesenkt wird, damit der Eiskäfig schmilzt und das Gas entweichen kann. Anschließend strömt das Gas entlang des Druckgradienten zum Bohrloch. Die Gefahr, dass dabei Methan in die Atmosphäre entweicht, besteht laut Haeckel nicht, da das Gas von Mikroorganismen zersetzt wird, bevor es die Oberfläche erreicht.
Erst 1971 wurde Gashydrat überhaupt entdeckt, das Forschungsschiff SONNE machte im Juli 1996 vor der Küste von Oregon eine sensationelle Entdeckung, als Wissenschaftler aus Kiel Gashydratproben an Bord geholt haben. Seitdem wurden immer neue Gashydratfelder überall auf der Welt entdeckt. Auch im Bermudadreieck vor Florida, wo immer wieder Schiffe auf unerklärliche Weise versinken, kommen große Mengen Methanhydrat vor. Es gibt die Theorie, dass Schiffe dort versinken, weil so viel Gas aus dem Meeresboden austritt, dass die Dichte des Meerwassers sinkt und die Schiffe nicht mehr darauf schwimmen können. Haeckel hält diese Theorie für reine Fiktion - aus eigener Erfahrung kann er berichten, dass es Schiffe überhaupt nicht beeinträchtigt, wenn sie über Gasaustritte hinwegfahren: "Wir sind weder untergegangen noch explodiert."
Im November 2017 werden die Wissenschaftler im Forschungsprojekt SUGAR eine Expedition mit dem Forschungsschiff Meteor ins Schwarze Meer unternehmen. Dort wollen sie ein Gashydratvorkommen im Donaudelta anbohren und untersuchen, wie sich Gashydrate bilden. Außerdem möchten die Forscher herausfinden, ob sich die Förderung von Gashydrat auf die Stabilität von Kontinentalhängen im Meer auswirken könnte.
Haeckel rechnet nicht damit, dass Deutschland in Zukunft Gashydrate fördern wird: "Deutschland hat ja keine Gashydratvorkommen, weil sowohl die Nordsee als auch die Ostsee zu flach für Gashydrate sind." Trotzdem könnten deutsche Unternehmen Technologien für die Gashydrat-Förderung exportieren: Ein großer Erfolg des SUGAR-Projekt ist, dass sowohl die Japaner als auch die Chinesen für ihre Tests Technologien der an SUGAR beteiligten Firmen gekauft haben.
Zuletzt geändert am