Konferenz in Kiel: Forschende entwickeln Zukunftskonzepte für Nordsee und Ostsee
Nordsee und Ostsee zählen zu den am stärksten genutzten Meeresgebieten weltweit. Welche Auswirkungen der Ausbau von Offshore-Windkraft, die intensive Fischerei, die Munitionsaltlasten, aber auch der Klimawandel und Verlust der Artenvielfalt auf die Meeresumwelt haben, untersucht die vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderte Forschungsmission sustainMare der Deutschen Allianz Meeresforschung (DAM). Mehr als 170 Forschende zogen bei einer Jahreskonferenz in Kiel jetzt Zwischenbilanz.
Die Küstengebiete von Nordsee und Ostsee werden von einer einzigartigen Artenvielfalt geprägt. Doch der Druck auf diese Lebensräume steigt. Vor allem die mit dem Klimawandel verbundenen Auswirkungen und die geplanten neuen Offshore-Windparks machen beiden Meeren zu schaffen. In dieser Situation sind neue Maßnahmen zum Erhalt der biologischen Vielfalt notwendig und müssen mit europäischen Naturschutzabkommen oder politischen Zielen in Einklang gebracht werden.
Forschung liefert Handlungswissen
Notwendig ist neues Handlungswissen für Politik, Wirtschaft und Gesellschaft, welches zu einem nachhaltigeren Umgang mit den Meeresressourcen durch Industrie, Fischerei, Tourismus oder Landwirtschaft beiträgt. Dieser Aufgabe gehen 280 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler von insgesamt 28 Forschungseinrichtungen in der Forschungsmission „Schutz und nachhaltige Nutzung mariner Räume – sustainMare“ nach. Mit einem besonderen Ansatz: Akteure aus Politik, Behörden, Verbänden und der Wirtschaft werden aktiv in die Forschung eingebunden. Das BMBF fördert die Forschungsmission mit 25 Millionen Euro in einer ersten Phase bis 2025.
Erste Ergebnisse aus sieben Projekten
Bei der ersten Jahrestagung der Mission vom 30. August bis 1. September an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) kommen nunmehr rund 170 und Wissenschaftler verschiedener Fachdisziplinen mit Vertreterinnen und Vertretern aus der Praxis zusammen. Vorgestellt werden erste Ergebnisse der sieben Projekte unter dem Dach von sustainMare. Zudem werden die Weichen für die weitere wissenschaftliche Agenda gestellt.
Internationale Strahlkraft der Mission
Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger begrüßte die Teilnehmenden per Videobotschaft und betonte den starken Praxisbezug der Forschungsmission: Es seien Lösungen notwendig, die anwendbar und damit transferfähig seien - „aus der Wissenschaft in die Praxis", so die Ministerin. Tobias Goldschmidt, Minister für Energiewende, Klimaschutz, Natur und Umwelt des Landes Schleswig-Holstein, verwies in seinem Grußwort auf „riesengroße Probleme der Meere", auf komplexe Krisen, die man nur transdisziplinär und über Generationen hinweg bewältigen könne. „Wir dürfen nicht warten, bis alles auserforscht ist, sondern müssen ins Handeln kommen", so Goldschmidt. Seine Kabinettskollegin Karin Prien, Ministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur, würdigte die „internationale Strahlkraft" der Projekte.
Verstärkte Nutzung zu erwarten
„Die Nord- und Ostsee werden sich in den nächsten 25 Jahren gravierend verändern. Nicht nur die Folgen des Klimawandels werden die die Regionen weiter belasten. Auch die verstärkte Nutzung durch Industrie, Schifffahrt, Militär und für die Energieerzeugung wird sich massiv auf die Ökosysteme auswirken", sagte sagt Prof. Corinna Schrum vom Helmholtz-Zentrum Hereon und Sprecherin der Forschungsmission zum Auftakt der Konferenz. „Neue Forschungsfragen werden aufgeworfen, die nur im breiten Verbund der wissenschaftlichen Institutionen bearbeitet werden können.“
Lösungsansätze für nachhaltige Fischerei
In Reallaboren und Dialogformaten werden die Forschungsergebnisse in den kommenden Monaten gemeinsam mit den Stakeholdern zu tragfähigen Konzepten weiterentwickelt. So sollen in der westlichen Ostsee lokale Lösungsansätze für eine nachhaltige Fischerei entwickelt und ausprobiert werden. Ein praxisnahes Monitoring zur Zustandsbewertung von Küstenökosystemen steht ebenfalls im Fokus. Darüber hinaus werden Umweltauswirkungen der Munitionsaltlasten, die vor den deutschen Küsten in beiden Weltkriegen verklappt wurden, transdisziplinär erforscht.
Ein aktuelles Forschungsthema stellt auch der beschleunigte Ausbau der Offshore-Energiegewinnung dar. Schon heute sind Auswirkungen der Windparks auf See auf die Strömungsverhältnisse und den Meeresboden sowie Veränderungen der Lebensräume für Fische, Meeressäuger oder Seevögel zu beobachten. Die Folgen der intensiven Nutzung unserer Küstengewässer, aber auch wirksame Schutzkonzepte sowie Konzepte zur besseren Ausnutzung des Meeresraumes werden daher im weiteren Verlauf der Forschungsmission noch stärker in den Blickpunkt rücken.