Konferenz „Zukunftsfähige Stadtquartiere: Klimaneutralität, Ressourceneffizienz, Kreislaufwirtschaft - Herausforderungen für Projekt- und Quartiersentwicklung“

Unter dem Motto „Zukunftsfähige Stadtquartiere: Klimaneutralität, Ressourceneffizienz, Kreislaufwirtschaft - Herausforderungen für Projekt- und Quartiersentwicklung“ fand am 9. November 2023 die Fachkonferenz innerhalb des BMBF-Forschungsprojekts RessStadtQuartier2 statt. Über 80 Expert:innen, Forschende und Studierende nahmen an der Fachkonferenz in der Kulturhalle Münster (Hessen) teil, um sich über aktuelle Anforderungen an Klimaneutralität, Ressourceneffizienz und Kreislaufwirtschaft von Immobilien- und Quartiersprojekten zu informieren sowie aktuelle Entwicklungen des Projekts RessStadtQuartier2 zu verfolgen.

Die Konferenz begann mit inspirierenden Eröffnungsreden von Herrn Joachim Schledt, Bürgermeister der Gemeinde Münster, und Maria Ertl aus dem hessischen Ministerium für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, welche die Bedeutung von Innovation und interdisziplinärer Zusammenarbeit im Bereich des Gebäudesektors betonten.

Der aktuelle Hintergrund von Klimapolitik und Stadt- und Immobilienplanung wurde vor allem im Programmpunkt „Projekt- und Quartiersentwicklung im Kontext von Green Deal, Taxonomie und Circular Economy Action Plan" dargestellt. Der Vortrag von Prof. Dr. Liselotte Schebek machte eindrücklich deutlich, welche Dynamik die Klimapolitik der EU derzeit hat und welche weitreichenden Anforderungen hinsichtlich Maßnahmen zum Klimaschutz und Bilanzierung von Treibhausgasen aus den unterschiedlichen Politikinstrumenten auf alle Akteure des Gebäudesektors zukommen. Im Anschluss gab Prof. Dr.- Ing Hans-Joachim Linke einen Überblick über die große Breite der Themen, mit denen sich Kommunen und Planer:innen derzeit im Kontext der Nachhaltigen Entwicklung auseinandersetzen müssen. Dies wurde sehr anschaulich durch Praxisbeispiele ergänzt, die bereits auf die Themen der Forschungsarbeiten an der TU Darmstadt hinleiteten. Das Projektkonsortium des Projekts RessStadtQuartier, bestehend aus TU Darmstadt, UMGIS Informatik GmbH, der Wissenschaftsstadt Darmstadt und Fraunhofer IWKS, rundete diesen Programmpunkt mit der Vorstellung des im Projekt entwickelten „Werkzeugkastens Ressourceneffizienz" ab. Der Werkzeugkasten beinhaltet Wissens- und Informationsgrundlagen sowie praxisbezogene Instrumente, mit denen in allen Phasen der Quartiersentwicklung geeignete Maßnahmen zur Steigerung der Ressourceneffizienz implementiert werden können. Durch die Verschränkung von Life Cycle Assessment (LCA), Building Information Modelling (BIM) und GIS-basierten Katastern soll die Verschränkung des physischen Lebenszyklus mit dem Planungszyklus von Quartieren erfolgen. Der Werkzeugkasten setzt sich aus den folgenden sechs Werkzeugen zusammen:

  • Materialdatenbank: systematische Sammlung von Rohstoffinventaren
  • Gebäude-Material-Kataster (GMK ®): GIS-basiertes Tool zur Kategorisierung von Wohngebäuden und zur Ermittlung der darin zu erwarteten Baustoffarten und -mengen
  • RessStadtQuartier-Building Information Modelling-Viewer (RSQ-BIM-Viewer): teilautomatisierte Rekonstruktion digitaler Abbildungen bestehender Gebäude
  • LC-Quartier Tool: lebenszyklusbasiertes Berechnungstool für Klimagasemissionen
  • Circular-Modul: Informations- und Bewertungstool zur Analyse des Beitrags von Sekundärrohstoffen zur Ressourceneffizienz
  • Planungsrechtlichen Entscheidungshilfen: Handlungsleitfäden und Strategien für eine nachhaltige Entwicklung unter wirtschaftlichen und rechtlichen Rahmenbedingungen

Weitere Highlights der Fachkonferenz waren die beiden Podiumsdiskussionen zu den Themen „Zukunftsfähigkeit von Immobilienprojekten" und „Bau- und Sanierungsvorhaben auf der kommunalen Ebene". Die erste Runde wurde von Prof. Dr.- Ing Hans-Joachim Linke moderiert und die Themen Quartiersplanung hinsichtlich „Energieversorgung, Mobilität, Quartiersversorgung, Naherholung und Ökologie des State of the Art in 20+ Jahren" (Madeleine Thon, Instone Real Estate Group SE) und Immobilien so entwerfen, dass „Rohstoffe dauerhaft in Kreisläufen zirkulieren" (Lena Germscheid, Cradle to Cradle NGO) standen in der Diskussion. In der zweiten Diskussionrunde führten Prof. Dr.-Ing. Uwe Rüppel (TU Darmstadt), Oliver Kah (Wissenschaftsstadt Darmstadt) und Susanne Roncka (IHK Darmstadt) ein. In der Diskussion standen die Themen digitale Methoden, Bauantrag (DiBa+), Klimavorbehalt und kommunale Wärmeplanung als Chance für ein zukünftiges Datenmanagement und kommunale Strategie zum Klimaschutz und Kreislaufwirtschaft im Gebäudesektor im Vordergrund.

Beide Podiumsdiskussionen gaben auch dem Publikum Gelegenheit zur Beteiligung und zeigten hohen Diskussions- und Gesprächsbedarf. Es wurden Forderungen an politische Entscheidungsträger zur Regelung der Gewährleistung gebrauchter Bauprodukte und der Schaffung von mehr Anreizen zum zirkulären Bauen durch Förderung von Modellprojekten laut. Gleichzeitig wurden auch die Herausforderungen der Akzeptanz von zukunftsfähigen Baumaßnahmen, der Mitnahme jedes einzelnen und des Zusammenbringen verschiedener Meinungen aufgezeigt, mit der sich kommunale Vertreter:innen gegenübergestellt sehen.

Eine wesentliche Intention der Fachkonferenz war es, den im Projekt entwickelten Werkzeugkasten und die einzelnen Instrumente auch praktisch vorzustellen. Dazu waren Stände aufgebaut, an welchen in den Pausen die entwickelten Tools des Werkzeugkastens praktisch am Computer demonstriert wurden. Die Teilnehmer:innen hatten so Gelegenheit, sich unterschiedliche praktische Nutzungsmöglichkeiten im Detail anzuschauen. Insbesondere das Gebäude-Material-Kataster, der RSQ-BIM-Viewer, das LC-Quartier-Tool und das Circular-Modul konnten am PC erprobt werden. Die Instrumente stehen derzeit als Pilotversionen zur Verfügung und werden bis zum Ende der Transferphase des Projekts RessStadtQuartier im Sommer 2024 als Beratungsleistung für die Praxis und anwenderfreundlichen Tools weiterentwickelt. Bereits jetzt sind aber konkrete Anwendungen in der Praxis möglich. Dafür steht ein Kontaktformular zur Verfügung, mit denen Interessenten ein Beratungsgespräch sowie weitere Informationen anfordern können. Dieses Kontaktformular wurde bereits von mehreren Teilnehmer:innen der Konferenz genutzt und steht weiterhin auf unserer Homepage zur Verfügung.

Neben den fachlichen Inhalten sorgte auch das Rahmenprogramm für eine angenehme Atmosphäre. Der gemeinsame Austausch bei Kaffeepausen und dem abschließenden Get-Together bot Gelegenheit, Kontakte zu knüpfen und potenzielle Kooperationen zu besprechen.

Insgesamt war die Fachkonferenz geprägt von einem großen Interesse aus der Praxis und der Beteiligung von Experten sowohl aus dem kommunalen und öffentlichen Bereich als auch aus der privaten Immobilienwirtschaft. Wir möchten uns hiermit noch einmal herzlich bei allen Teilnehmenden für die rege Diskussion und die Einblicke in die Herausforderungen der Transformation zu einer nachhaltigen und kreislauffähigen Bauwirtschaft bedanken und werden die Erkenntnisse der Fachkonferenz in die laufenden Arbeiten zur Fertigstellung des „Werkzeugkastens Ressourceneffizienz" integrieren.