SSIP - Nahtlose Meereisvorhersage
Die Erderwärmung schreitet nirgendwo schneller voran, als in der Arktis.
Ein vergleichbar rasanter Temperaturanstieg ist in der Antarktis zwar bislang weitestgehend ausgeblieben, doch auch hier erwarten wir einen deutlichen Rückgang des Meereises, wie wir ihn in der Arktis schon lange beobachten: Klimaprojektionen zufolge wird der arktische Ozean im Spätsommer, wenn die Eisdecke Jahr für Jahr auf ihre Minimalausdehnung schrumpft, von Mitte dieses Jahrhunderts an sogar weitestgehend eisfrei sein, mit voraussichtlich erheblichen Auswirkungen auf gesellschaftliche und wirtschaftliche Entwicklungen im hohen Norden.
Der zunehmend einfache Zugang zur Arktis bringt sowohl Gelegenheiten als auch Risiken mit sich. Die Arktis könnte rasch an Bedeutung als Schiffsroute gewinnen, insbesondere weil sie für Transporte zwischen Nordeuropa und Asien eine deutlich kürzere Alternative zur Route durch den Suez-Kanal darstellt. Weitere Wirtschaftszweige zeigen reges Interesse an einer zugänglicheren Arktis, so beispielsweise die Fischerei, die Rohstoffgewinnungsindustrie, und der Tourismus. Letzterer gewinnt auch in der Antarktis an Bedeutung, mit etwa fünfmal mehr Besuchern heute als vor 20 Jahren.
Mehr Menschen in den Polargebieten bedeutet, dass raue Umweltbedingungen wie schnell heraufziehende polare Stürme, Nebel, dichter Schneefall, aber auch unerwartete Änderungen des Meereiszustands ein erhöhtes Bedrohungspotenzial darstellen. Um eine nachhaltige Entwicklung zu gewährleisten sind zuverlässige polare Vorhersagen von Wetter, Meereis und Klima unabdingbar, insbesondere um Risiken für Mensch und Natur zu minimieren und im Notfall effiziente Gegenmaßnahmen zu unterstützen.
Projektziele
Das übergreifende Ziel des Projekts SSIP ist es, Meereis-Vorhersagen auf Zeitskalen von Stunden bis zu Jahren und darüber hinaus zu verbessern. Zu diesem Zweck werden die Junior-Wissenschaftler mehrere Pfade einschlagen, entlang der Art und Weise wie sie das Meereis sowie die Atmosphäre und den Ozean beobachten, wie sie diese Beobachtungen in ihre Vorhersagemodelle einspeisen, und wie ihre Modelle jene Physik darstellen, die die zukünftige Entwicklung des Meereises bestimmt.
Diese Bereiche werden mit einem nahtlosen Ansatz zur Meereisvorhersage angegangen: Die Wissenschaftler entwickeln und nutzen ein nahtloses Meereis-Vorhersagesystem in dem es möglich ist, polare Gewässer mit großer Genauigkeit zu simulieren während weitreichende Einwirkungen berücksichtigt werden, indem auch der verbleibende Teil der Erde simuliert wird, wenngleich in geringerem Detail. So kann das Vorhersagesystem sinnvoll auf Zeitskalen von Tagen bis zu Jahren und darüber hinaus eingesetzt werden. Dabei werden die Beobachtungen mit einer besonders leistungsfähigen Methode, der Ensemble-Datenassimilierung, in das Klimamodell eingespeist. Kern dieser Technik ist es, mehrere Simulationen gleichzeitig durchzuführen und diese zu analysieren um abzuleiten, was die Beobachtungen genau über den Zustand des Systems verraten. Dadurch erhält man wiederum besonders genaue Anfangszustände, von denen die Nachwuchs-Wissenschaftler ihre Vorhersagen starten.
Dieser Ansatz eignet sich optimal, um Fragen wie den Folgenden nachzugehen:
- Wie können wir den größten Nutzen aus Beobachtungen des Meereises, der Atmosphäre und des Ozeans ziehen?
- Welche Art von Beobachtungen an welchem Ort und zu welcher Zeit sind am wertvollsten?
- Wie können wir Beobachtungen aus verschiedenen Teilen des Systems, zum Beispiel aus der sich schnell ändernden Atmosphäre und aus dem langsamer reagierenden Ozean, am besten zusammenbringen?
- Welche physikalischen Prozesse müssen mit welcher Genauigkeit im Modell beschrieben werden, um präzise Vorhersagen zu erlauben?
- Wie verteilen wir die Genauigkeit des Rechengitters am besten zwischen Polargebieten und anderen Teilen der Erde?
- Wie bewerten wir am besten, ob eine Vorhersage gut oder schlecht ist?
- Wo liegen die Grenzen der Vorhersagbarkeit des Meereises, und wie groß ist das verbleibende Potenzial für bessere Vorhersagen?
Projektleitung
Dr. Helge F. Goessling
Alfred-Wegener-Institut (AWI)
Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung
Fachbereich Klimawissenschaften, Sektion Klimadynamik
Am Handelshafen 12, D-27570 Bremerhaven
Tel.: +49 (0)471-4831-1877
E-Mail: helge.goessling@awi.de
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