ExTrass-V: Urbane Resilienz bei extremen Wetterereignissen – Typologien und Transfer von Anpassungsstrategien in kleinen Groß- und Mittelstädten
Die Resilienz von Groß- und Mittelstädten bei Extremwetterereignissen zu stärken, das war Ziel des Projektes ExTrass-V. In der dritten Phase des Verbundvorhabens wurde ein webbasiertes Tool zur Unterstützung der Planung, Umsetzung und Dokumentation von kommunalen Klimaanpassungsmaßnahmen entwickelt. Darüber hinaus stand der Transfer von Forschungserkenntnissen im Fokus: Wie können Stadtquartiere und Städte voneinander lernen?
Größere Städte sind durch den Wärmeinsel-Effekt und ihre großflächige Bodenversiegelung besonders von Wetterextremen, wie etwa Hitze und Starkregen, betroffen. Diese Extremwetterlagen bergen hohe gesundheitliche Risiken für die städtische Bevölkerung – wie zum Beispiel Kreislaufzusammenbrüche durch unangepasste Verhaltensweisen oder durch mangelnde Vorsorge – und sie verursachen darüber hinaus auch immense Sachschäden. Daher hat das Projekt ExTrass-V die folgenden Ziele verfolgt:
- die Resilienz von Groß- und Mittelstädten gegenüber Hitze und Starkregen zu stärken
- die Stadtverwaltungen dazu zu befähigen, eigenständig die städtische Resilienz zu bewerten und darauf aufbauend passgenaue Maßnahmen zur Verbesserung durchzuführen sowie
- Transferpotenziale innerhalb von Städten sowie zwischen Groß- und Mittelstädten besser nutzbar zu machen.
Dabei wurde das Konzept der Resilienz als adaptiver (Lern-)Prozess verstanden, in dem Kommunen prioritär jene Maßnahmen aufgreifen und umsetzen, von denen ein schadensreduzierender Effekt bei Wetterextremen erwartet wird. Erwartet wird zum Beispiel, dass durch geeignete Resilienzmaßnahmen Rettungseinsätze und Sachschäden reduziert werden können. Die Forschenden im Projekt ExTrass-V konzentrierten sich bei ihrer Arbeit auf kleine Großstädte (100.000 bis 500.000 Einwohner) und kreisfreie Mittelstädte (mehr als 50.000 Einwohner), mit besonderem Fokus auf den drei Fallstudienstädten Potsdam, Remscheid und Würzburg.
Das Projekt ExTrass startete 2017 mit einer einjährigen Vorbereitungsphase, in der passende Ansätze und Methodiken erarbeitet wurden. 2018 bis 2021 folgte eine dreijährige Forschungs- und Entwicklungsphase. Darin wurde der Stand der Klimaanpassung mit unterschiedlichen Ansätzen in ca. 100 Groß- und Mittelstädten bundesweit erfasst und eine Typisierung der Städte vorgenommen. Für etwa 20 dieser Städte wurde die klimapolitische Entwicklung aufgearbeitet. Auf der Grundlage beider Untersuchungsschritte konnten begünstigende und hemmende Faktoren sowie besonders erfolgreiche Lösungen, aber auch Sackgassen in der Klimaanpassung identifiziert werden. 2022 bis 2024 folgte eine Phase der Verstetigung und des Transfers (ExTrass-V).
Auf Basis einer Typisierung der Städte wurde eine konkrete Verbesserung der Klimaresilienz in den drei Fallstudienstädten Potsdam, Remscheid und Würzburg erreicht. Hier setzten die Städte initiiert und/oder begleitet durch das Projekt konkrete Maßnahmen um, wie etwa Fassadenbegrünungen in Remscheid und Würzburg, die wissenschaftlich durch Temperaturmessungen und Analysen begleitet wurden.
Darüber hinaus wurde die kommunale Risikokommunikation zu Hitze und Starkregen in den drei Fallstudienstädten verbessert, um die Vorsorge und Selbsthilfefähigkeit in der Bevölkerung und in sozialen Einrichtungen mit vulnerablen Personen zu verbessern. Zudem wurde die städtische Notfallplanung gestärkt und in Planspielen getestet. Das Projektteam erarbeitete mit den zuständigen Fachabteilungen auf kommunaler Ebene Planungsgrundlagen zur Verbesserung des Stadtklimas und intensivierte die Integration der Klimaanpassung in die Stadtplanung. Zentrale Aspekte in der Forschungs- und Entwicklungsphase waren zudem die wissenschaftliche Begleitung und Evaluierung sowie die systematische Erfassung des Transferpotenzials für viele der Maßnahmen in Städten und bundesweit.
Schnelle und unkomplizierte Hilfe für Stadtverwaltungen durch ein Web-Tool zur Verbesserung der lokalen Klimaanpassung (KlimA-Lok)
In der Umsetzungsphase konzentrierten sich die Projektakteure auf die Erarbeitung eines webbasierten Resilienztools (KlimA-Lok = Klimaanpassung – Lokal), das Stadtverwaltungen bei ihren Aktivitäten zur Verbesserung der städtischen Resilienz unterstützt. Stadtverwaltungen können nun auf der Grundlage ihrer Zielfestlegungen Stadtverwaltungen passgenaue Maßnahmen aus einer Liste auswählen, Informationen in Steckbriefen erhalten, eine Priorisierung ihrer geplanten Maßnahmen erstellen, die Maßnahmenumsetzung dokumentieren und die Maßnahmenwirksamkeit evaluieren. Neben diesem digitalen Tool (KlimA-Lok) wurde ein begleitender Leitfaden erarbeitet, der Kommunen praxisnah dabei unterstützt, Aktionspläne zu erstellen.
In den drei Fallstudienstädten Potsdam, Remscheid und Würzburg werden zudem konkrete Maßnahmen, als Pilotvorhaben umgesetzt. Hierbei ging es beispielsweise um
- die Umsetzung einer klimaresilienten Quartiersentwicklung in Potsdam inkl. Entsiegelung und Baumpflanzungen,
- die Erarbeitung von Konzepten zur Hitzevorsorge (Potsdam), Verschattung (Würzburg) und für eine grün-blaue Infrastruktur (Remscheid),
- die Umsetzung einer Begrünungsmaßnahme in Remscheid,
- die ergänzende Erarbeitung von Risikokommunikationsmaterialien für vulnerable Gruppen und mögliche Multiplikatoren, wie ambulante Pflegekräfte und Hausnotrufdienste.
All diese Maßnahmen wurden wissenschaftlich begleitet, um Wirksamkeiten, Konflikte und Synergien herauszuarbeiten sowie Wege und Mechanismen des Transfers von Klimaanpassungsmaßnahmen aufzuschlüsseln. Die hierbei gewonnenen Erkenntnisse flossen wiederum in die Verbesserung des digitalen Tools KlimA-Lok ein.
Darüber hinaus hat ExTrass die bundesweite Bestandsaufnahme zur kommunalen Anpassung an den Klimawandel, die in der Forschungs- und Entwicklungsphase durchgeführt wurde, aktualisiert und auf weitere mittelgroße Städte angewendet.
Für dieses Projekt stellte das BMBF insgesamt ca. 4 Millionen Euro zur Verfügung.
Projektleitung
Prof. Dr. Annegret Thieken
Universität Potsdam - Mathematisch-Naturwissenschaftliche Fakultät - Professur für Geographie und Naturrisikenforschung
Karl-Liebknecht-Str. 24-25
14476 Potsdam
Tel.: +49(0) 331 977-2984
E-Mail: thieken@uni-potsdam.de
Zuletzt geändert am