Neues Klimamodell für den Weltklimarat
Das Alfred-Wegener-Institut (AWI), Helmholtz-Zentrum für Polar- und Klimaforschung, liefert künftig erstmals Ergebnisse seiner Klimamodelle an den Weltklimarat. Die Daten fließen zusammen mit den Berechnungen weiterer 50 Einrichtungen in den Weltklima-Bericht des Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) ein. Das Klimamodell des AWI ist von besonderem Interesse, weil dadurch eine deutlich bessere Auflösung erzielt wird und kleinere Einheiten wie Meeresströmungen betrachtet werden können.
Wie stark wird sich die Erde in den kommenden Jahrzehnten durch den Klimawandel aufheizen? Wie wird sich dadurch unsere Welt verändern? Diese Fragen gehören zu den wichtigsten Fragen unserer Zeit. Weltweit versuchen Forscherinnen und Forscher mit Klimarechenmodellen Antworten darauf zu finden. Doch das Klima der Erde ist eine komplexe Angelegenheit - jedes Klimamodell hat seine Stärken und Schwächen. Um die Entwicklung des künftigen Klimas besser abschätzen zu können, werden deshalb weltweit die Ergebnisse vieler verschiedener Klimamodelle miteinander verglichen.
Erst im Vergleich wird deutlich, welcher Klimatrend am wahrscheinlichsten ist und mit welchen Unsicherheiten die Prognosen behaftet sind. An diesem aufwendigen Vergleich, dem Coupled Model Intercomparison Project (CMIP), sind weltweit rund 50 Forschungseinrichtungen beteiligt. Das Projekt ist von enormer Bedeutung, weil die Ergebnisse in eine internationale Datenbank einfließen und die Grundlage für den neuen großen Bericht des Weltklimarates (Intergovernmental Panel on Climate Change, IPCC) bilden, der im Jahr 2021 erscheinen wird – der 6. Sachstandsbericht.
Erstmals ist jetzt auch das Alfred-Wegener-Institut (AWI), Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung, an diesem wichtigen Vergleichsprojekt beteiligt. Erst vor wenigen Tagen haben die Forscherinnen und Forscher des AWI die ersten ausführlichen Ergebnisse ihrer Klimarechnungen in die CMIP-Datenbank eingestellt. „Aus Deutschland sind nur drei Forschungseinrichtungen dabei – das Max-Planck-Institut für Meteorologie in Hamburg, das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt und wir.", sagt der Meteorologe Dr. Tido Semmler, der für das AWI die Arbeit im CMIP koordiniert.
Die Experten des AWI setzen eine völlig neue Methode ein, um das Klima zu simulieren - ein „un-strukturiertes Gitter". Bisher arbeiten fast alle Klimaforscher weltweit mit „strukturierten Gittern". Das Prinzip dahinter: Da die Modellierung des Klimas weltweit viel zu komplex ist, teilen Klimafor-scher die Erde und die Atmosphäre in Gitterboxen auf, Würfel mit einer Kantenlänge von üblicher-weise 100 Kilometern. In diesen Gitterboxen lassen sich die biologischen, chemischen und physikalischen Vorgänge, die das Klima beeinflussen, mithilfe von Supercomputern berechnen. Ein Problem ist aber, dass eine Kantenlänge von 100 Kilometern viel zu grob ist, um wichtige Prozesse direkt zu berücksichtigen – etwa die wenigen Kilometer großen Ozeanwirbel im Golfstrom oder andere wichtige Meeresströmungen, die zu verstärktem Austausch von Wärme und Feuchtigkeit zwischen der Atmosphäre und dem Meer führen. Viele Klimamodelle können daher den Verlauf des Golfstroms nicht naturgetreu nachbilden.
Ideal wäre ein feineres globales Gitternetz mit einer Maschenweite von nur zehn Kilometern oder weniger. Damit würde sich die Zahl der Einzelrechnungen aber vervielfachen. Selbst für Klimasimulationen, die nur wenige Jahre überspannen, würde ein Großrechner Wochen benötigen. Die Experten vom AWI aber haben mit dem „unstrukturierten Gitter" eine Alternative entwickelt. Bei diesem Gitter lassen sich die Gitterboxen für bestimmte ausgewählte und wichtige Gebiete verkleinern – etwa auf zehn Kilometer. Mit dem flexibel anpassbaren Gitter zoomt man sich gewissermaßen in bestimmte Gebiete hinein.
Das AWI-Klimamodell enthält die wesentlichen natürlichen Treiber der Erdtemperatur wie solare Einstrahlung, natürliche Treibhausgas- und Aerosolkonzentrationen und vulkanische Aerosole. Die Ergebnisse der rund 50 Klimamodelle, die das AWI und die anderen CMIP-Partner aktuell in die internationale Datenbank einspeisen, werden in den kommenden zwei Jahren von vielen anderen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern genutzt werden. Vor allem von jenen Experten, die sich mit den Folgen für den Menschen und die Lebensräume der Erde befassen. Diese Forschungsergebnisse wiederum werden dann die Grundlage für die Berichte des Weltklimarates sein, den 6. Sachstandsbericht und auch den zusammenfassenden Bericht des Weltklimarates, den Synthesis-Report, der Empfehlungen für die Politik enthalten wird.