Neues Klimamodell für präzisere Klimaprognosen: Start des Projekts Coming Decade
Die globale Erwärmung schreitet voran. Doch wie wirkt sich dies im kommenden Jahrzehnt auf Deutschland aus? Sechs vom BMBF geförderte Institutionen entwickeln gemeinsam ein neues Klimaprognosesystem, um genauere Aussagen für Deutschland und Europa treffen zu können.
Schon heute spüren und sehen wir die Folgen des Klimawandels. Doch zeigen sich die Auswirkungen regional und jahreszeitlich sehr unterschiedlich. Wird es in den kommenden Wintern eher mild und stürmisch oder kommt doch noch einmal ein kalter, schneereicher Winter wie Anfang der 2010er Jahre? Unser Klima wird nicht einfach nur wärmer. Komplexe Prozesse und Wechselwirkungen können auch für kühlere Klimaphasen sorgen. So ist ein kalter Winter oder Sommer kein Widerspruch zur Klimaerwärmung, sondern eine normale Auswirkung der Klimavariabilität. Damit wir uns künftig besser auf die gemeinsamen Effekte der Klimaveränderungen und der Klimavariabilität anpassen und entsprechende vorausschauende Maßnahmen einleiten können, sind möglichst präzise und zuverlässige Klimaprognosen für die kommenden Jahre entscheidend. Diese liefern alle relevanten Daten, wo und wann zum Beispiel mit einer Dürre oder einem kalten Winter wahrscheinlich gerechnet werden kann. Im Dezember 2023 startete das Projekt „Coming Decade", das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert und mithilfe eines neuen Klimamodells aussagekräftigere Prognosen für Deutschland und Europa für die nächsten zehn Jahre erstellen wird.
„Coming Decade" – ein Upgrade für mittelfristige Klimaprognosen in Deutschland und Europa
Im Gegensatz zu kurzfristigen Wettervorhersagen für die nächsten Stunden und Tage sowie langfristigen Klimaprojektionen für Aussagen zum Klima in etwa 100 Jahren betrachten mittelfristige Klimaprognosen den Zeitraum zwischen einem Monat und zehn Jahren. Bereits 2011 startete das BMBF die Fördermaßnahme „MiKlip – Mittelfristige Klimaprognosen", bei dem 16 nationale Partner aus Hochschulen, Forschungseinrichtungen und Bundesbehörden ein dekadisches Klimavorhersagesystem entwickelten, das schließlich an den Deutschen Wetterdienst (DWD) für die operationelle Nutzung übergeben wurde. Der Bedarf an verlässlichen Aussagen zu Klimaentwicklungen im Bereich von Jahren bis hin zu Dekaden ist groß, da Planungshorizonte vor allem in der Wirtschaft, aber auch in Politik und Gesellschaft, in der Regel in der Größenordnung von zehn Jahren angesiedelt sind.
Das Forschungsprojekt „Coming Decade" baut auf dem Vorgängerprojekt MiKlip auf und entwickelt nun auf Basis des neuen Klimamodells „ICON-Seamless" ein neues Prognosesystem, das mit noch präziseren Auflösungen rechnen wird. Projektkoordinatorin Prof. Johanna Baehr von der Universität Hamburg erklärt zum Start des Projekts: „Insgesamt sind sechs Institutionen bei ‚Coming Decade' involviert – alle mit dem gemeinsamen Ziel, die mittelfristigen Prognosen deutlich zu verbessern und vor allem auch Nutzerinnen und Nutzer in bestimmten Regionen eine detaillierte Datengrundlage liefern zu können. So können anschließend Maßnahmen zur Anpassung an bevorstehende klimatische Veränderungen viel genauer für eine Stadt oder eine Region ausgewählt und priorisiert werden."
Die Klimaprognosen basieren zum einen auf Beobachtungsdaten wie etwa zu Oberflächentemperaturen oder Luftströmungen. Zum anderen beruhen sie auf den Erkenntnissen durch physikalische Gesetze rund um das gesamte Erdsystem. Entscheidend ist hier, dass anders als bei der Wettervorhersage die Zustände aller Systeme, wie beispielsweise auch des Ozeans in den Prognosen berücksichtigt werden müssen. Denn diese Systeme bestimmen einen großen Teil unseres Klimas. Auf diesen Grundlagen, die die Projektpartner von „Coming Decade" nun in das Modell einpflegen werden, können so bestimmte Prozesse vorhergesagt werden und die neuen, mittelfristigen Klimaprognosen erstellt werden.
Für die Entwicklung des Klimaprognosesystems hat das Projekt drei Jahre vorgesehen. „Läuft alles nach Plan wird der DWD 2026 das Modell in Betrieb nehmen und die neuen Klimaprognosen vorstellen", so Prof. Johanna Baehr.