Richtlinie zur Förderung von Projekten zum Thema „Vermeidung von klimarelevanten Prozessemissionen in der Industrie (KlimPro-Industrie II)

Richtlinie zur Förderung von Projekten zum Thema „Vermeidung von klimarelevanten Prozessemissionen in der Industrie (KlimPro-Industrie II)“, Bundesanzeiger vom 15.05.2024

1 Förderziel, Zuwendungszweck, Rechtsgrundlage

Das deutsche Klimaschutzgesetz regelt die nationalen Verpflichtungen zur Reduktion von Treibhausgasemissionen auf Basis des Pariser Klimaabkommens. Es gibt spezifische Ziele für alle relevanten Sektoren vor: Energiewirtschaft, Gebäude, Verkehr, Industrie, Landwirtschaft sowie Landnutzung und Forstwirtschaft. Ziel des Klimaschutzgesetzes ist es, bis zum Jahr 2045 Treibhausgasneutralität in Deutschland zu erreichen. Bis spätestens 2030 müssen dazu die gesamten Treibhausgasemissionen in Deutschland um mindestens 65 Prozent gegenüber dem Jahr 1990 vermindert werden.

Der Sektor Industrie war im Jahr 2021 mit rund 180 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten der zweitgrößte Treibhausgasemittent in Deutschland. Er hat einen Anteil von rund 24 Prozent an den Treibhausgasemissionen in Deutschland. Rund ein Viertel der Industrieemissionen sind nicht auf die Nutzung von Energie, sondern direkt auf Produktionsprozesse zurückzuführen, beispielsweise bei der Eisen- und Stahlherstellung, bei der Kalk- und Zementherstellung oder auch in der Grundstoffchemie. Derzeit gibt es verschiedene technologische Möglichkeiten, um Treibhausgasemissionen in der Industrie zu vermindern. Zur direkten Vermeidung von Treibhausgasen können die relevanten Prozesse durch neue Technologien und Verfahren in der Industrie ersetzt werden (Carbon Direct Avoidance – CDA). Eine weitere Reduktion von Treibhausgasen kann beispielsweise durch die Nutzung von CO2-Emissionen (Carbon Capture and Utilization – CCU) zur Herstellung von Produkten oder Energieträgern oder durch eine Abtrennung und langfristige Speicherung von CO2 (Carbon Capture and Storage – CCS) erfolgen.

Klimaschutz ist auch Treiber einer Modernisierungsstrategie für Effizienz und Innovation. Wirtschaftlicher Erfolg und die internationale Wettbewerbsfähigkeit der industriellen Produktion und des verarbeitenden Gewerbes in Deutschland sollen auch unter den Bedingungen einer ambitionierten Klimaschutzpolitik erhalten werden. Daher werden im Rahmen dieser Richtlinie bevorzugt hochinnovative Themen gefördert, die zur direkten Vermeidung von treibhauswirksamen Emissionen in der Industrie beitragen.

Diese Fördermaßnahme trägt zur Umsetzung des Klimaschutzplans 2050, der Zukunftsstrategie Forschung und Innovation der Bundesregierung (Mission I: Ressourceneffiziente und auf kreislauffähiges Wirtschaften ausgelegte wettbewerbsfähige Industrie und nachhaltige Mobilität ermöglichen) sowie der FONA-Strategie des BMBF (Ziel 1: Klimaziele erreichen) bei.

1.1 Förderziel

In der Durchführung der Vorgänger-Förderrichtlinie KlimPro-Industrie hat sich drei Jahre nach dem Start der ersten Projekte mit großer Deutlichkeit abgezeichnet, dass noch erheblicher weiterer Forschungsbedarf zur Ausschöpfung der CO2-Einsparpotenziale in der Grundstoffindustrie besteht. Daher bleibt es Ziel dieser Neuauflage der Förderrichtlinie, treibhausgasvermeidende Prozesse und Verfahrenskombinationen in der deutschen Grundstoffindustrie zu entwickeln und mittel- bis langfristig in die Praxis zu überführen. Hierdurch soll die Entstehung von Treibhausgasen in industriellen Prozessen minimiert werden. In der Folge kann der durch die Bedingung der Klimaneutralität voraussichtlich entstehende Bedarf für eine den Produktionsprozessen nachgeschaltete Abscheidung und nachfolgende Speicherung von CO2 (CCS) reduziert werden. Dafür sollen neue Technologien oder Technologiekombinationen entwickelt und exemplarisch angewendet werden, die im Zeitraum ab dem Jahr 2030 möglichst zur direkten Vermeidung von Treibhausgasen in der Industrie beitragen. Es sollen neue Ansätze aus der industriellen anwendungsorientierten Grundlagenforschung mit einem erheblichen Innovationspotenzial erforscht sowie das langfristige Implementierungspotenzial neuer Technologien hinsichtlich Einsatzfähigkeit in der Industrie und unter Berücksichtigung notwendiger infrastruktureller Investitionsmaßnahmen und Wirtschaftlichkeitsaspekte abgeschätzt werden. Auf diese Weise sollen ein konkretes Nutzungspotenzial herausgearbeitet und die Voraussetzung für weiterführende Innovationsprozesse hinsichtlich einer industriegetriebenen Weiterentwicklung und Verwertung geschaffen werden. Die Forschungsarbeiten dienen somit auch dazu, insbesondere die beteiligten Unternehmen zu befähigen, das Potenzial und Risiko für eine Überführung in die wirtschaftliche Nutzung bewerten zu können.

Zur Untersuchung der Zielerreichung dieser Förderrichtlinie wird das längerfristige Minderungspotenzial der geförderten Projekte in 1 000 Tonnen CO2 pro Jahr herangezogen.

Mit dem Förderprogramm „Dekarbonisierung in der Industrie" unterstützt das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz Projekte in der energieintensiven Industrie, die prozessbedingte Treibhausgasemissionen, welche nach heutigem Stand der Technik nicht oder nur schwer vermeidbar sind, möglichst weitgehend und dauerhaft reduzieren. Im Unterschied zur vorliegenden Förderrichtlinie zielt diese Förderung nicht auf industrielle Grundlagenforschung bis zu einem Technologiereifegrad (TRL 5), sondern schließt auch die Erprobung in Versuchs- und Pilotanlagen sowie Investitionen in Anlagen im industriellen Maßstab ein. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) fördert in FONA und im 7. Energieforschungsprogramm Vorhaben der angewandten Forschung und der Grundlagenforschung zu Carbon Capture and Utilization – CCU.