Rapide Klimaerwärmung vor 55 Millionen Jahren
GEOMAR-Forscher finden Hinweise auf vulkanische Ursachen für massiven Temperaturanstieg
Ein Anstieg der globalen Durchschnittstemperaturen um zwei Grad, wie er bis Ende dieses Jahrhunderts durchaus möglich ist, bedeutet für viele Ökosysteme bereits erhebliche Veränderungen. Vor 55 Millionen Jahren jedoch, am Übergang vom Erdzeitalter des Paläozäns zum Eozän, stiegen die Durchschnittstemperaturen innerhalb von wenigen tausend Jahren um bis zu sechs Grad an. Dieses Paläozän/Eozän-Temperaturmaximum (PETM) sorgte für ein globales Artensterben, in den Ozeanen entstanden riesige Todeszonen. Bis heute sind die Ursachen für den schnellen Klimawandel des PETM nicht geklärt.
Forscherinnen und Forscher des GEOMAR Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung Kiel haben zusammen mit Kolleginnen und Kollegen aus Bremen, aus der Schweiz, aus Mexiko, Norwegen, Taiwan und den USA Indizien dafür gefunden, dass eine Phase mit starkem Vulkanismus im damals noch deutlich schmaleren Atlantik Schuld am PETM gewesen sein könnte. „Wir haben 2015 im Golf von Kalifornien geologische Strukturen gefunden, die belegen, dass Vulkanismus, der ein Ozeanbecken öffnet, auch in der Lage ist, große Mengen Kohlenstoff in die Atmosphäre zu transportieren und so den Treibhauseffekt zu verstärken“, erklärt Prof. Dr. Christian Berndt vom GEOMAR. Er ist Erstautor der Studie, die in der Septemberausgabe der internationalen Fachzeitschrift Geology erschienen ist.
Wie der Atlantik vor 55 Millionen Jahren ist der Golf von Kalifornien heute ein sich öffnendes Ozeanbecken. Vulkanische Aktivität entlang einer Bruchzone am Meeresboden bildet stetig neuen Meeresboden und drückt den alten zur Seite. Dabei gelangt Magma aus den aktiven zentralen Bereichen auch in die schon bestehenden Becken abseits der Bruchzone, wo bereits dicke Sedimentschichten liegen. „Diese Sedimente enthalten viel Kohlenstoff, der von dem eindringenden Magma in Bewegung gesetzt werden kann“, erklärt Professor Berndt
Bisher war es jedoch fraglich, ob dieser Prozess ausreicht, um Kohlendioxid und Methan aus dem Sediment bis in die Atmosphäre zu transportieren, wo beide Gase den Treibhauseffekt antreiben. Vergleichbare Strukturen aus der Zeit des PETM, die Geowissenschaftler tief im Sediment vor der Küste von Norwegen gefunden haben, wurden bisher eher so interpretiert, dass sich durch die beschriebenen Prozesse nur schwach aktive Gasquellen am Meeresboden gebildet haben.
Während einer Expedition mit dem deutschen Forschungsschiff SONNE in den Golf von Kalifornien entdeckte das Team im vergangenen Jahr jedoch hydrothermale Quellen, die auf genau diesen Prozesse zurückzuführen sind. Sie ähneln in Form und Aufbau den 55 Millionen Jahre alten Strukturen vor Norwegen. „Die Quellen, die wir gefunden haben, sind jedoch sehr aktiv und transportieren mit Methan und CO2 angereichertes Wasser unter hohem Druck mehrere hundert Meter hoch in die Wassersäule. Gerade in einem jungen, noch flachen Ozean kann das reichen, um die Gase auch in die Atmosphäre zu bringen“, betont Professor Berndt.
Im Atlantik wäre dieser Prozess vor 55 Millionen Jahren noch viel stärker und verbreiteter gewesen als heute im Golf von Kalifornien. „Entlang des Grabenbruchs im Atlantik gab es zwei große vulkanische Hotspots, außerdem ist der Grabenbruch deutlich länger als im Golf von Kalifornien. Damit hätten die magmatischen Aktivitäten dort durchaus das Potenzial gehabt, zu einer massiven Erwärmung der Erde beizutragen“, ergänzt der Geophysiker.
Die Ergebnisse sind auch für die Beurteilung der aktuellen, vom Menschen verursachten Klimaerwärmung wichtig. „Nur wenn wir die natürlichen Klimaschwankungen, ihre Ursachen und Auswirkungen gut kennen, können wir auch die möglichen Folgen und Risiken des aktuellen Klimawandels einschätzen“, sagt Berndt.
Das Forschungsschiff SONNE ist eines der modernsten Forschungsschiffe der Welt. Eignerin ist die Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch das Bundesforschungsministerium. Im BMBF-Rahmenprogramm Forschung für Nachhaltige Entwicklung (FONA) wird die Paläoklimaforschung gefördert, mit deren Hilfe die Entwicklung und die Auswirkungen des Klimawandels besser eingeschätzt werden können. Die Forschungsförderung in den Geowissenschaften skizziert das Fachprogramm GEO:N - Geoforschung für Nachhaltigkeit.