Schnellstart für synthetischen Diesel
Wasser plus Treibhausgas CO2 und Ökostrom ergibt synthetischen Diesel. Die einzigartige Erfindung der Firma Sunfire startet durch zum Massenbetrieb. Schon in drei Jahren könnten zunächst 13.000 Autos jährlich sauber fahren.
Massenproduktion in Norwegen
Vor fünf Jahren, 2012, beginnen Wirtschaftsingenieur von Olshausen und sein Forscherteam im Labor der Dresdner Firma Sunfire zu tüfteln. Acht Jahre später, 2020, startet die Massenproduktion. Eine kurze Zeitspanne von einer Vision bis zur Realität. 10 Millionen Liter synthetischen Kraftstoff produziert das norwegische Unternehmen Nordic Blue Crude AS ab 2020 mit der Sunfire-Technologie. Damit könnten 13.000 Autos das ganze Jahr über mit sauberem Diesel fahren. Der Markt ist indes umfangreicher. Auch Flugzeuge, Schiffe oder Bahn, selbst Raketen können mit Blue Crude durchstarten. Das norwegische Unternehmen plant bereits jetzt, die Produktion für den internationalen Markt auszubauen. Zunächst soll die Kapazität der Anlage im südnorwegischen Heroya verzehnfacht werden, später kommen weitere Fabriken an zehn anderen Standorten dazu.
Bundesförderung als Basis
Bundesforschungsministerin Johanna Wanka ist die erste, die 2015 ihren Dienstwagen mit Blue Crude betankt. Das Bundesforschungsministerium fördert die Sunfire-Forschungen und ermöglicht damit die weltweit erste Produktion des synthetischen Diesels. Wie Sunfire werden in der Fördermaßnahme „Stoffliche Nutzung von CO2“ von 2009 bis 2016 insgesamt 33 Projekte finanziell unterstützt, die das Treibhausgas als Alternative zum fossilen Erdöl nutzen. Sie produzieren daraus Methanol, das als Kraftstoff genutzt werden kann, oder als Basis-Chemikalie für Kunststoffe und Medikamente. In der Dresdner Sunfire-Pilotanlage entstehen zunächst 160 Liter Diesel täglich im Testbetrieb. Der erste Beweis, dass eine kontinuierliche Produktion funktioniert.
Das Prinzip, nachdem die Blue-Crude-Produktion funktioniert, kombiniert bekannte mit neuen Prozess-Schritten. Die Sunfire-Technologie ist ein dreistufiges Verfahren. Per Elektrolyse wird zunächst Wasser in Sauerstoff und Wasserstoff getrennt. Der Wasserstoff reduziert anschließend Kohlendioxid zu Kohlenmonoxid. In der sogenannten Fischer-Tropsch-Synthese verwandelt sich schließlich das Kohlenmonoxid mit Wasserstoff zu synthetischem Kraftstoff. Ein riesiger Staubsauger fängt das CO2 direkt aus der Luft, die Energie stammt aus Sonne und Wind. Nutzbar ist das Prinzip auch umgekehrt. Aus Wasserstoff kann wieder saubere Energie werden. So lässt sich das Element als Energiespeicher für Engpässe nutzen.
Nutzbar ist Blue Crude auch für weit mehr als Diesel. Neben Treibstoff lassen sich rund 3.000 Produkte daraus herstellen, sogar Turnschuhe, Smartphones oder Kaugummi. „Wir können“, sagt Christian von Olshausen, „fossiles Erdgas oder Erdöl durch nachhaltig erzeugte Rohstoffe ersetzen“.
Erst vor wenigen Monaten steigert Sunfire noch einmal die Produktion, als letzten Test für die industrielle Tauglichkeit. Drei Tonnen Blue Crude liefert die Dresdner Pilotanlage, 1.500 Stunden läuft sie nonstop. 8.000 Tonnen, 10 Millionen Liter, jährlich produziert die erste industrielle Anlage in Norwegen. Sie nutzt Energie aus Wasserkraft für die Produktion, die entstehende Abwärme wird wiederverwendet. Das macht das Verfahren noch effizienter. Bereits jetzt haben internationale Auto- und Flugzeughersteller Interesse an dem Bio-Kraftstoff signalisiert. Unter zwei Euro soll der Preis pro Liter Kraftstoff liegen. Höher als für konventionellen Diesel, dafür sauberer.
Weitere CO2-Forschungen
Mit der Fördermaßnahme CO2Plus - Stoffliche Nutzung von CO2 zur Verbreiterung der Rohstoffbasis fördert das Bundesforschungsministerium derzeit bis 2020 insgesamt 12 Verbundvorhaben im Bereich der angewandten und industriellen Forschung und Entwicklung. Sie schließt unmittelbar an ihre Vorgängermaßnahme „Technologien für Nachhaltigkeit und Klimaschutz - Chemische Prozesse und stoffliche Nutzung von CO2 an, mit deren Hilfe der Sunfire-Diesel entstand.
Ziel der CO2-Plus-Förderung ist, die Rohstoffbasis der Chemischen Industrie durch die stoffliche Nutzung von CO2 zu verbreitern und so zu einer nachhaltigen Sicherung alternativer Kohlenstoffquellen beizutragen - und die Abhängigkeit von fossilen Rohstoffen zu verringern.