Smarte grüne Welt? IÖW und TU Berlin untersuchen sozial-ökologische Folgen der Digitalisierung
- TU Berlin und IÖW erforschen, wie die Digitalisierung auf Umwelt und Gesellschaft wirkt
- Werden in einer smarten digitalen Welt Ressourcen gespart und mehr Teilhabe für alle möglich? Oder passiert das Gegenteil?
- Im Fokus: digitale Dienstleistungen zu Handel, Wohnen und Mobilität
Die Digitalisierung verändert unseren Alltag und unsere Kommunikation: Wir kaufen online ein, streamen Videos aus dem Netz, kommunizieren über E-Mails, Kurznachrichten und soziale Netzwerke. Maschinen, Produkte und Menschen werden mit Informationstechnik immer weiter vernetzt. Dadurch eröffnen sich nicht nur unzählige neue Optionen, sondern auch die Effizienz kann gesteigert werden. Denn mittels digitaler Technologien können Ressourcen, Zeit und Kosten gespart werden. Nicht klar ist jedoch, welche Auswirkungen die Digitalisierung auf Mensch und Umwelt hat: Effizienzsteigerungen können Energie einsparen – aber auch zu sogenannten „Rebound-Effekten führen, durch die die Umweltbelastung insgesamt wieder steigt. Online eröffnen sich Möglichkeiten der demokratischen Partizipation und bieten sich Chancen für mehr Mitbestimmung, aber auch die Gefahr der Marktbeherrschung und Datensammlung durch internationale Konzerne. Ein nachhaltiger Lebensstil wird mithilfe digitaler Tools zwar theoretisch immer einfacher, gleichzeitig besteht die Gefahr, dass wir mit einem guten Gewissen noch mehr konsumieren.
Smarte grüne Welt oder digitale Wachstumsökonomie?
Führt die Digitalisierung uns in eine smarte grüne Welt, in der alle vom technologischen Fortschritt profitieren und die Umwelt bewahrt wird? Oder steuern wir in eine digitale Wachstumsökonomie, in der sich Geld und Macht auf wenige konzentrieren und wir noch schneller an die planetaren Grenzen stoßen? „Es ist wichtig zu hinterfragen, ob die zunehmende Digitalisierung auch sozialen und ökologischen Ansprüchen genügt, erläutert Tilman Santarius, Leiter der Forschungsgruppe an der TU Berlin und Fellow des IÖW. „Unsere Kernfrage lautet: Treten Rebound-Effekte auf oder wird Suffizienz bzw. ‚Genügsamkeit' beim Konsum gefördert? Wir möchten erforschen, wie die Digitalisierung dazu beitragen kann, unser zukünftiges Zusammenleben nachhaltiger, sozialer und demokratischer zu gestalten. Die Ergebnisse sollen zum Beispiel dazu beitragen, dass die Politik entsprechende Strategien für eine nachhaltige Digitalisierung entwickeln kann, erläuterte Santarius und verwies dabei auf den Koalitionsvertrag der drei Parteien der neuen Berliner Landesregierung, der eine Priorität auf die Themen Digitalisierung und Nachhaltigkeit legt.
Wie beeinflusst die Digitalisierung Gesellschaft, Wirtschaft und Umwelt?
Neben Energieverbräuchen und Konsumverhalten untersuchen die Wissenschaftler auch gesellschaftliche Leitbilder, Marketingstrategien und gesamtwirtschaftliche Effekte. Verändert die Digitalisierung Leitbilder für Individualität, Mobilität, Wohlstand und Naturverbrauch? Wie können Unternehmen Genügsamkeit beim Konsum durch Marketingstrategien unterstützen? Und kann die Digitalisierung regionale Wirtschaftsstrukturen unterstützen, die unabhängiger vom Wachstum sind? Gemeinsam mit Praxispartnern aus der Wirtschaft (Gira, Codeatelier, Raummobil, InnoZ, Avocado Store, Märkische Kiste), aus der Politik (Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit) und aus der Zivilgesellschaft (Ver.di, Digitalcourage, Verbraucherzentrale Bundesverband) untersuchen die Forscher die Effekte digitaler Dienstleistungen insbesondere in den Bereichen Handel, Mobilität und Wohnen.