SONNE-Expedition: Oldenburger Forscher untersuchen Bakteriengemeinschaften im Pazifik
Am 1. Mai läuft das Forschungsschiff SONNE aus dem Hafen im neuseeländischen Auckland aus. Nach 34 Tagen auf See wird sie den Hafen von Dutch Harbor in Alaska ansteuern.
Am 1. Mai wird die SONNE von Auckland aus zu ihrer ersten großen Forschungsfahrt unter Leitung eines Wissenschaftlers vom ICBM, ihrem Heimatinstitut, auslaufen. Unter Fahrtleitung von Prof. Dr. Meinhard Simon werden 40 Wissenschaftler aus Deutschland, Österreich und den USA, darunter 25 vom ICBM, im Projekt „BacGeoPac“ die Bakteriengemeinschaften im Pazifik erforschen.
Giebel hat eine der schwierigsten Aufgaben übernommen: Er koordiniert die Logistik. „Das ist leider nicht so, als würde ich in den Urlaub fahren: Kofferraum auf, alles rein und ab nach Holland“, erklärt er. Die drei 20-Fuß-Container, in denen alle Alukisten sowie diverse Großgeräte vom Campus Wechloy nach Neuseeland gebracht werden, müssen sorgfältig gepackt werden. Vor der Verladung der Kisten kommt der Zoll und überprüft sie stichpunktartig – vor allem, ob wirklich das drin ist, was auf der Packliste steht. „Schon seit Wochen stapelt sich alles in unseren Fluren“, erzählt Giebel. Fast 275.000 einzelne Artikel gehen auf die Reise, vom einfachen Kabelbinder bis zur großen Filtrationskaskade. 65 Teile müssen als Gefahrgut speziell behandelt werden. „Dazu zählen sogar unsere Laptops, denn Lithium-Ionen-Akkus sind als Gefahrgut klassifiziert“, erklärt Giebel. Bestimmte Gefahrstoffe vertragen sich nicht und dürfen nicht in denselben Container.
Die SONNE wird ohne Zwischenstopp 34 Tage auf See sein und den Pazifik von Süd nach Nord durchfahren. Ziel ist Dutch Harbour auf den Aleuten in Alaska. Eine Möglichkeit, vergessene Ausrüstung im Nachhinein zu beschaffen, gibt es nicht – das sorgt für zusätzlichen Stress beim Packen. „So eine Fahrt kann an einem einzigen Kabel scheitern. Wir haben natürlich abgesprochen, wer was einpackt, aber es muss jetzt auf den Punkt passen“, sagt Giebels Kollege Dr. Thomas Badewien.
Als Mitarbeiter der ICBM-Arbeitsgruppe Marine Sensorsysteme ist Badewien für die hydrographischen Geräte und damit die Gewässervermessung zuständig. Für diese Forschungsfahrt hat sein Team binnen weniger Monate ein neues Gerät entworfen und in der Werkstatt des ICBM in Wilhelmshaven zusammengebaut: einen Kranzwasserschöpfer mit 24 Probenbehältern, die je 20 Liter aufnehmen können. Damit fasst er nahezu doppelt so viel Wasser wie herkömmliche Wasserschöpfer und ist in Deutschland das einzige Gerät dieser Größe. Nun können die Forscher mit einer einzigen Probennahme 480 Liter gewinnen – aus bis zu 6.800 Metern Tiefe. „Dieses Gerät ist das Herzstück der Untersuchungen“, sagt Fahrtleiter Meinhard Simon. An 29 Stationen wollen die Wissenschaftler aus der Wassersäule mit dem Kranzwasserschöpfer und an zwölf Stationen mit einem neu konstruierten Sedimentstecher, einem Multicorer, Proben nehmen. Mit an den Kranzwasserschöpfer gekoppelten Messsonden werden die Temperatur und der Salzgehalt des Wassers auf die dritte Nachkommastelle genau gemessen. So lassen sich unterschiedliche Wassermassen identifizieren, also Lebensräume mit bestimmten hydrographischen Rahmenbedingungen.
„Aus der gemäßigten Zone der Süd-Hemisphäre fahren wir in die subarktische Zone der Nord-Hemisphäre. Da durchqueren wir ganz unterschiedliche Klimagebiete. Wir wollen herausfinden, welche Mikroben in welchem Lebensraum vorkommen, was sie dort tun und wie das Zusammenspiel der Kleinstlebewesen in diesen Wassermassen funktioniert“, erläutert Simon. Die Wissenschaftler werden die Proben an Bord gleich filtrieren und direkt einfrieren oder anders fixieren, denn die genaue Analyse wird erst in den Heimatlaboren erfolgen. „Wir haben einen großen Tiefgefrierschrank an Bord, der die Proben auf minus 80 Grad Celsius gefroren hält“, sagt Simon. Darin steckt bereits die nächste Herausforderung: Die eingefrorenen Proben müssen von Alaska nach Oldenburg transportiert werden – ohne aufzutauen. Eine weitere Aufgabe für Helge-Ansgar Giebel: „Für den Rücktransport muss mir jeder sagen, wie er seine Proben verpackt haben will und welche Temperatur sie benötigen. Dann muss die Transportfirma die richtige Verpackung bringen, damit alles genau zusammen passt.“ Daran möchte er jetzt aber noch nicht denken. Jetzt muss erstmal alles für die Hinfahrt stimmen: „Wenn die Container vom Hof fahren, fällt mir ein Stein vom Herzen.“
In einem Blog und in Wochenberichten berichten die Wissenschaftler live von Bord. Wo sich die SONNE aktuell befindet, zeigt das Schiffsradar des ICBM.
Das Forschungsschiff SONNE wird der Wissenschaft vom Bundesforschungsministerium zur Verfügung gestellt, um Projekte im Rahmen des Programms Forschung für Nachhaltige Entwicklung zu realisieren.