TransKOM - Integration einer ressourcenoptimierten Trennentwässerung durch Transformation KOMmunaler Planungsprozesse für Bestandsquartiere

Ein angepasstes Wassermanagement (schadensfreie Ableitung + nutzungsorientierter Rückhalt) ist zentrale Aufgabe der klimaangepassten Stadtentwicklung und kann gerade im städtischen Bestand nicht allein durch die Stadtentwässerung entwickelt werden. Neben dem in TransMiT neu initiierten Verwaltungsprozess “StadtQuartier2050+” als Basis einer institutionalisierten strategischen Quartierentwicklung wird in TransKOM das integrale Konzept der qualitätsbasierten Trennentwässerung (qbTE) praxisorientiert weiterentwickelt.

Die zweite Phase der BMBF-Fördermaßnahme "Ressourceneffiziente Stadtquartiere für die Zukunft (RES:Z)" geht zu Ende. Wir sprechen mit Dr. Maike Beier (Leibniz Universität Hannover, Institut für Siedlungswasserwirtschaft und Abfalltechnik) und Elisabeth Czorny (Landeshauptstadt Hannover) im Interview über die Ergebnisse des Projekts TransKOM.

Elisabeth Czorny (Landeshauptstadt Hannover)Elisabeth Czorny (Landeshauptstadt Hannover) Quelle: privat

Was sind die wichtigsten Ergebnisse Ihres Projekts? Welche Ziele haben Sie erreicht?

Czorny: Zum einen ist es uns gelungen, den anspruchsvollen Prozess der integralen Planung, also die abgestimmte Zusammenarbeit aller städtischen Fachbereiche, durch einen neu entwickelten Stadtplanungsprozess „StadtQuartier 2050+" zu stärken. Das Ziel, lebenswerte, klimaangepasste Quartiere zu schaffen, könnte z.B. durch die Etablierung eines qualifizierten Austauschgremiums der verschiedenen Fachbereiche und somit der Einbeziehung der unterschiedlichen Perspektiven erreicht und fest im Verwaltungshandeln verankert werden – natürlich unter Berücksichtigung aller gesetzlichen Vorgaben und der spezifischen Potentiale der einzelnen Quartiere.

Beier: Zum anderen haben wir in TransKOM eine neue Strategie zur Entwässerung entwickelt und ausgestaltet. Die Frage, die wir uns zu Beginn des Projektes gestellt hatten ("Wie muss die auf die zukünftigen Anforderungen angepasste Wasserableitung aussehen?"), konnten wir mit dem Konzept der qualitätsbasierten Trennentwässerung (qbTE) aus unserer Sicht tatsächlich zukunftsweisend beantworten: Zukünftig sollten wir Wasser nicht mehr nach Herkunft (Regenwasser vs. Abwasser) trennen, sondern nach qualitativen Gesichtspunkten der Teilströme. Nach diesem Konzept werden alle „schmutzigen" Teilströme, z.B. auch Regenwasser von stark befahrenen Straßen, aufgrund der reduzierten Mengen weitgehend abschlagsfrei über das vorhandene Kanalsystem der zentralen Kläranlage zugeführt und dort effizient gereinigt. Die für eine direkte Verwendung verfügbaren „sauberen" Teilströme hingegen verbleiben im Quartier und können dort genutzt werden. Dazu gehören z.B. das abfließende Wasser von Dächern oder Straßen, nachdem die Schmutzstoffe abgespült wurden. Diese Vorgehensweise stärkt den natürlichen Wasserhaushalt und löst gleich mehrere aktuelle Herausforderungen der Klimaanpassung: Zunehmende Dürrezeiten, den Eintrag von Verunreinigungen in die Gewässer bzw. den hohen Aufwand für dezentrale Reinigungsanlagen. Die qbTE trägt zu einer Entlastung des Kanalsystems und zu verbesserten klimatischen Bedingungen in den Quartieren bei.

Czorny: Da Flächen in der Stadt begrenzt sind, ist es entscheidend, Kompromisse zu finden und zusammenzuarbeiten. Wir haben daher auch private Eigentümer involviert, denen in Hannover etwa die Hälfte der städtischen Flächen gehören. Mit ihnen gemeinsam ein Leitbild zu entwickeln, bietet große Chancen für eine nachhaltige Quartiersentwicklung. Die Zusammenarbeit mit Wohnungsgenossenschaften und Wohnungsbaugesellschaften stellte dabei wichtige Anknüpfungspunkte dar. Hier schlummert noch ein erhebliches Potential, sowohl was die Begrünung und die Anpassung der Gebäudeumgebung im Hinblick auf Hitzereduzierung betrifft als auch im Bereich des Regenwassermanagements. Spannend war in diesem Zusammenhang auch die Schnittstelle zur kommunalen Wärmeplanung, insbesondere die Wärmenutzung aus Abwasser.

Dr. Maike Beier (Leibniz Universität Hannover, Institut für Siedlungswasserwirtschaft und Abfalltechnik)Dr. Maike Beier (Leibniz Universität Hannover, Institut für Siedlungswasserwirtschaft und Abfalltechnik) Quelle: ISAH

Was war auf dem Weg dorthin besonders wichtig?

Beier: Wesentlich war, dass wir im vorangegangenen Forschungsprojekt TransMiT für die Stadt Hildesheim nachweisen konnten, dass das Konzept der qbTE bei konsequenter Umsetzung funktioniert. Die Kläranlage kann die gesamte anfallende Abwassermenge aufnehmen, auch unter Berücksichtigung relevanter Regenereignisse wie Starkregen. Gleichzeitig verbleiben 1,84 Mio. m³ Wasser im Stadtgebiet zur Nutzung, und Abschläge in Gewässer können vermieden werden. Im Nachfolgeprojekt TransKOM haben wir diesen Ansatz weiterentwickelt und eine Abwasser-weiche errichtet. Zudem wurden erste Ansätze zur smarten Steuerung entwickelt. Damit stehen uns nun ergänzend technische Umsetzungspiloten zur Verfügung. So muss z.B. für die smarte Steuerung der Weiche der Qualitätsverlauf während einzelner Regenereignisse prognostiziert werden, um dann im richtigen Moment „die guten ins Töpfchen" umzuleiten – also in die Zisterne oder Versickerung. Moderne Regenvorhersagen kombiniert mit einer guten digitalen Oberflächenmodellen ermöglichen dabei eine entscheidungsunterstützende Modellierung in nahezu Echtzeit.

Czorny: Da wir bei der strategischen Planung mit verschiedenen Institutionen zusammengearbeitet haben, war eine frühzeitige und kontinuierliche Kommunikation entscheidend für den Erfolg – auch über die direkten Projektpartner hinaus. In der modernen, zukunftsfähigen Stadtplanung reicht es nicht mehr, zunächst isolierte Fachlösungen zu entwickeln und sie dann zusammenzuführen. Stattdessen ist ein integrierter Planungsansatz erforderlich. Wir haben dieses neue, integrierte Vorgehen bereits bei einem Planungsprozess erprobt und können jetzt festhalten, dass es zu besseren Ergebnissen führt und künftige Planungsprozesse erheblich vereinfachen kann.
Ein wesentlicher Meilenstein war auch die Gründung des "Kompetenz(entwicklungs)teams Klimaanpassung" (KetKa) in Hannover, das sich nun schon seit zwei Jahren regelmäßig trifft und auch nach Projektende weiter bestehen soll. Das Team setzt sich aus Vertreter:innen verschiedener Fachbereiche zusammen, um über aktuelle Projekte zu sprechen und sich weiterzubilden. Es fungiert so als Multiplikator, indem es das Thema Klimaanpassung in die unterschiedlichen Fachbereiche trägt und ein Verständnis für diverse Anforderungen schafft.

Wie können Anwender Ihre Ergebnisse nutzen?

Beier: Unsere Ergebnisse werden umfassend im Abschlussbericht dokumentiert, der als Ergänzung des Berichts der ersten Förderphase geplant ist. Auch in Fachpublikationen sollen die Ergebnisse einfließen. Zu den verschiedenen großen Themenblöcken werden in sich abgeschlossenen Teilberichte zu Einzelinhalten erstellt, die dann über die Projekthomepage direkt heruntergeladen werden können. Zudem planen wir im ersten Halbjahr 2025 eine Webinar-Reihe zum Thema Hitze und Wasser. Diese bietet die Gelegenheit, die aus TransKOM gewonnenen Erkenntnisse und Entwicklungen zu präsentieren, über die wir bisher kaum gesprochen haben, auf denen aber von Anfang an ein besonderer Fokus lag: die Verbindung zwischen Hitzevorsorge und Wassermanagement. Hier gehen wir unterschiedlichen Fragen nach, beispielsweise welche Maßnahmen welchen Effekt auf die lokale Temperatur haben oder wie wir die Bedürfnisse unterschiedlicher Personengruppen in die Bewertung von Maßnahmen einfließen lassen können – um nur ein paar zu nennen. Diese Webinare sollen sowohl Fachleute also auch Interessierte ansprechen und eine vertiefte Einsicht in die erarbeiteten Ansätze bieten.

Was aus dem Projekt bleibt Ihnen besonders im Gedächtnis?

Czorny: Besonders in Erinnerung geblieben ist mir der Besuch des neugestalteten, klimaangepassten Innenhofs unseres TransMiT-Partners Wohnungsbaugenossenschaft Gartenheim. Zu sehen, wie wunder-schön und vielfältig ein Innenhof gestaltet werden kann, der gleichzeitig Regenwassermanagementaufgaben erfüllt und nachweislich zu einer lokalen Hitzereduzierung beigetragen hat, war sehr inspirierend.

Beier: Zum Tag des Wassers, der jedes Jahr am 22. März stattfindet, haben wir eine Fahrradtour zum Thema „Wasser in Hannover" angeboten – und schon kurz nach der Veröffentlichung war sie ausgebucht. Das große Interesse hat unsere Erwartungen weit übertroffen und wir haben die Tour deswegen gleich dreimal durchgeführt. Das hat uns noch einmal gezeigt, wie relevant für die Bürger:innen das Thema Wasser ist. Es haben sich spannende Diskussionen und Gespräche während des gemeinsamen Fahrradfahrens ergeben.