Vom Labor in die Praxis – Bio-Brennstoffzellen:ein innovatives Abwasserbehandlungsverfahren
Bio-Brennstoffzellen oder auch mikrobielle Brennstoffzellen (MBZ) bestehen, ähnlich einer Batterie, aus einer Kathode und einer Anode. Die Hauptakteure in MBZ-Systemen sind hier allerdings spezielle Bakteriengemeinschaften, die organische Abwasserinhaltsstoffe verstoffwechseln. Dieser Aufbau macht es möglich, dass diese Systeme einerseits zur Abwasserreinigung und andererseits als Energielieferant genutzt werden können. Dass dieses neue Verfahren in der Praxis gut funktioniert, zeigen die Ergebnisse eines einjährigen Pilotversuche smit einer der weltweit größten Einkammer-MBZ (1.000 L) auf der Kläranlage Hecklingen in Sachsen-Anhalt.
Die erfolgreiche Hochskalierung vom Labor in die Praxis konnte durch eine maximale Energieausbeute von 100mW/m²Kat. bei der Pilotanlage, im Vergleich zur Labor-MBZ mit ca.135mW/m2Kat., bestätigt werden. Fortlaufend begleitet wurde der Praxisbetrieb durch aktuelle Erkenntnisse aus dem Laborbetrieb.
Die Pilot-und Laboruntersuchungen sind Teil des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Rahmen der Fördermaßnahme „KMU-innovativ: Nachhaltiges Wassermanagement“ geförderten Verbundprojektes „Automatisierte mikrobielle Brennstoffzellen mit weitergehender Gasverwertung auf kommunalen Kläranlagen (AGaBZ)“, das nach etwas mehr als zweijähriger Laufzeit Ende November2020 beendet wird. Beteiligt an dem Projekt zur Erforschung von MBZ auf Kläranlagen sind AWITE Bioenergie GmbH, WTE Wassertechnik GmbH sowie der Lehrstuhl für Siedlungswasserwirtschaft und Umwelttechnik (Ruhr-Universität Bochum, RUB).
An der RUB wurden unterschiedliche Kathodenmaterialien, die Gaszusammensetzung sowie mögliche Stickstoffeliminationspfade an Laborreaktoren untersucht. Es konnte gezeigt werden, dass die verwendeten kostengünstigen, maschinell hergestellten Kathoden (Vito NV, Belgien) im Mittel Leistungsdichten von 135mW/m² Kat. lieferten und keine Leistungseinbußen im Vergleich zu den üblicherweise verwendeten teuren Platin-Kathoden (141mW/m²Kat.) aufweisen. Die verwendeten MBZ-Systeme entfernten aus dem Abwasser nach24 Stunden Betriebszeit bei 22°C rund 70% der Organik und mehr als 40% des Stickstoffs. Anhand der kontinuierlichen Erfassung der Gaszusammensetzung der Firma Awite Bioenergie wurden die Stoffströme der organischen Abwasserinhaltsstoffe auch in der Gasphase erfasst. Dementsprechend konnte ein signifikanter Anteil (bis zu 50%) des Organikabbaus in Methan umgewandelt werden. Im Rahmen der Laborexperimente konnte der tatsächliche Stickstoffabbauweg in zwei Teilprozesse unterteilt werden: den biologischen und den elektrochemischen. Letzterer weist einen Anteil von bis zu 25% des beobachteten Stickstoffabbaus auf.
Der kontinuierliche Betrieb der 1.000L-Pilotanlage mit 5,15 m² Kathodenfläche wurde von der Firma WTE Wassertechnik GmbH und deren automatisierte Betriebskontrolle von der Firma Awite Bioenergie realisiert. Hierbei wurde unter anderem der Widerstand der Anlage kontinuierlich angepasst, wodurch die MBZ permanent am Leistungsoptimum betrieben wurde. Die Pilotanlage wurde bei einer mittleren Abwassertemperatur von ca. 15°C auf Abbauleistungen von über 30% der Organik bei ≤20 Stunden Aufenthaltszeit eingestellt. Zweck der Begrenzung der Abbauleistung der Organik war es, eine nachfolgende biologische Abwasserbehandlung weiterhin problemlos zu ermöglichen.
Im Laufe der Betriebszeit wurde ein starker Abfall der Leistung beobachtet, welcher letztlich auf Verunreinigung der Kathodenoberfläche zurückgeführt werden konnte. Die Verunreinigungen ließen sich erfolgreich durch chemische Regenerierungsmaßnahmen mit Essig-, Salz- bzw. Schwefelsäure beseitigen. Allerdings nahm der Leistungsanstieg fortschreitend, mit jeder Regenerierung, ab. In der Laboranlage konnte das Leistungsniveau erfolgreich aufrechterhalten werden. Um im Größenmaßstab einer kommunalen Kläranlage den Betriebsaufwand zu reduzieren und eine Leistungsminderung zu vermeiden, müssen zukünftig sowohl der Reaktoraufbau als auch die Kathodenregenerierung weiter optimiert werden.