Wann trennte sich die Antarktis von Indien?
Erste Expedition des Forschungsschiffs SONNE im Indischen Ozean
Ein ganzer Ozean und mehrere Klimazonen trennen heute den Kontinent Antarktika und den Subkontinent Indien. Doch vor etwa 150 Millionen Jahren gehörten beide zusammen und bildeten einen Teil des Superkontinents Gondwana. Was genau dazu geführt hat, dass sie sich trennten und wie die Entwicklung bis zum gegenwärtigen Zustand verlief, ist zu großen Teilen unbekannt.
Um einige Fragen zur Geschichte der Erdplattenbewegungen in der Region zu beantworten, startet diese Woche eine Expedition mit dem Forschungsschiff SONNE in den Indischen Ozean. „Wenn wir besser verstehen wollen, wie unser Heimatplanet Erde funktioniert, müssen wir wissen, welche Mechanismen beim Auseinanderbrechen und bei der Bewegung von Kontinenten eine Rolle spielen, sagt der wissenschaftliche Fahrtleiter, Dr. Reinhard Werner vom GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel.
Unklar ist beispielsweise, wann genau sich die antarktische und die indische Kontinentalplatte getrennt haben. Unklar ist auch, welcher Prozess zu der Trennung führte. „Möglicherweise spaltete ein sogenannter Mantelplume Gondwana auf. Dabei handelt es sich um einen Bereich im Erdmantel, wo besonders heißes Material aus dem tiefen Erdmantel Richtung Erdkruste aufsteigt und sich durch diese hindurchbrennen kann, erklärt Dr. Werner. Einen Nachweis dafür, dass ein solcher Plume Gondwana aufgespalten hat, fehlt aber bislang.
Es gibt jedoch Formationen am Grund des Indischen Ozeans, die Spuren eines Mantelplumes sein könnten. Dazu zählt ein von Nord nach Süd verlaufender Gebirgsrücken bei etwa 85 Grad Ost. Sein genaues Alter ist allerdings unklar, da er bisher nur an einer einzigen Stelle beprobt wurde. „Man stelle sich vor, man möchte die Geschichte der Alpen rekonstruieren und hat nur von einem einzigen Berg Gesteinsproben. Das funktioniert natürlich nicht, sagt der Fahrtleiter.
Daher will das Team an Bord der SONNE jetzt zusätzliches Probenmaterial vom 85-Grad-Ost-Rücken gewinnen. Mit vulkanologisch-geochronologisch-geochemischen Analysen können die Forscherinnen und Forscher dann neue Erkenntnisse über die Geschichte des Rückens und der Plattentektonik im Indischen Ozean allgemein gewinnen.
[[22276_r]]Gleichzeitig dient die Expedition auch der Untersuchung von biologischen Fragestellungen. Ein Team um Prof. Dr. Hans-Joachim Wagner von der Universität Tübingen beschäftigt sich mit der Fähigkeit von Meeresorganismen, Licht zu erzeugen und wahrzunehmen. „Unterhalb von 1.000 Metern Wassertiefe herrscht absolute Dunkelheit. Die einzigen Lichtquellen dort sind Organismen. Diese sogenannte Biolumineszenz erfordert eine besondere Anpassung bei der Sehfähigkeit der Tiefseetiere, erklärt der Tübinger Biologe.
Mit neuesten Technologien wollen die Forscherinnen und Forscher die Empfindlichkeit sowie die räumliche Auflösung der Augen von Tiefsee-Fischen und –Krebstieren bestimmen. „Wir werden außerdem mit treibenden und am Boden abgesetzten Geräten die Tiefseefauna in ihrem natürlichen Lebensraum untersuchen. Dieser Teil des Indischen Ozeans ist mit solchen Geräten bisher noch nicht erforscht worden, ergänzt Professor Wagner.
Die Expedition stellt die erste Forschungsfahrt des 2014 in Dienst gestellten Forschungsschiffs SONNE (II) im Indischen Ozean dar. Noch vor dem eigentlichen Start in Fremantle (Australien) präsentieren Schiffscrew und Wissenschaft die SONNE bei einem Empfang und einem Open-Ship der australischen Öffentlichkeit. Die Expedition endet Anfang Juli in Colombo (Sri Lanka). Die wissenschaftlichen Arbeiten werden bei der anschließenden Fahrt unter Leitung des Alfred-Wegener-Instituts Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung fortgesetzt.
Expedition auf einen Blick:
FS SONNE Expedition SO258 Leg 1 INGON
Start: 7. Juni 2017, Fremantle (Australien)
Ende: 9. Juli 2017, Colombo (Sri Lanka)
Fahrtleitung: Dr. Reinhard Werner (GEOMAR)
Thema: Plattentektonik im Indischen Ozean / Biolumineszenz bei Tiefseeorganismen
Die Expedition wird gefördert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF).