Wasserkreislauf reicht viel tiefer als bisher gedacht
Nicht nur auf der Erdoberfläche, auch tief im Erdinneren existieren große Mengen Wasser. Doch woher stammt es? Ist es dort seit Entstehung der Erde oder gibt es immer noch Nachschub von der Oberfläche? Jetzt veröffentlichte ein internationales Wissenschaftsteam neue Erkenntnisse zu dieser Forschungsfrage in der Fachzeitschrift Nature Geoscience. Sie könnten auch der Diskussion über die Entstehung der Ozeane neue Impulse verleihen.
Die Erde ist in vielerlei Hinsicht einzigartig unter den Planeten des Sonnensystems. Die wohl auffälligste Eigenheit sind die gewaltigen Mengen an Wasser, die heute immerhin 70 Prozent der Erdoberfläche bedecken. Auch tausende von Kilometern unterhalb der Erdoberfläche, im Erdmantel, kommt noch Wasser vor. Es ist jedoch umstritten, wie es dorthin gelangte. Existiert es dort seit der frühesten Erdgeschichte? Oder gelangt noch immer Wasser von der Oberfläche bis in tiefe Bereiche des Erdmantels?
Ein internationales Wissenschaftsteam mit Beteiligung des GEOMAR Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung Kiel veröffentlichte jetzt in der Fachzeitschrift Nature Geoscience eine Studie, die Belege für die zweite Annahme liefert. „Letztendlich haben unsere Ergebnisse sogar das Potenzial, die Diskussion um den Ursprung der Ozeane neu zu beleben, sagt der Geologe Prof. Dr. Colin Devey vom GEOMAR, Koautor der Studie.
In ihrer Studie haben Professor Devey und seine Kolleginnen und Kollegen aus Australien, Frankreich und den USA zunächst einmal versucht, den Weg des Wassers im Erdinneren nachzuvollziehen. Die Plattentektonik sorgt ständig dafür, dass Meerwasser ins Erdinnere gelangt. „Wenn sich bei der sogenannten Subduktion eine ozeanische Erdplatte unter eine kontinentale schiebt, nimmt sie natürlich auch Wasser mit in die Tiefe, erklärt Professor Devey. Bisher ging man aber davon aus, dass dieses Wasser nur in die äußerste Erdhülle, die Kruste, eindringt und dann über Vulkane schnell wieder in die Atmosphäre zurückgelangt.
Um diese These zu überprüfen, untersuchte das Team Magma- und Lavaproben, die während verschiedener Expeditionen der vergangenen Jahre rund um den Erdball gesammelt worden waren und jetzt unter anderem im Zentralen Probenlager des GEOMAR in Kiel archiviert sind. „Lava und Magma sind Gesteine, die mindestens einmal den Weg durch das Erdinnere genommen haben, dabei aufgeschmolzen wurden und wieder zur Oberfläche gelangten. Wenn man die physikalischen Eigenschaften und die chemische Zusammensetzung dieser Proben genau analysiert, erhält man sozusagen einen Zeugenbericht über das, was das Gestein auf seinem Weg im Erdinneren erlebt hat, erklärt der Kieler Vulkanologe.
Das Ergebnis der Untersuchungen ergab, dass Meerwasser beim Abtauchen von Erdplatten durchaus große Tiefen erreicht. „Wir haben sogar Anzeichen gefunden, dass es bis zur Grenze von Erdmantel und Erdkern in 2500 Kilometern Tiefe gelangen kann, sagt Devey.
Dieses Ergebnis ist wiederum interessant für die fundamentalere Frage nach der Entstehung der Ozeane. Eine bisher verbreitete Forschungsmeinung ist, dass die Ozeane und die Atmosphäre sich im Laufe der frühen Erdgeschichte durch Entgasung des im Erdmantel vorhandenen Wassers bildeten. „Demnach hätte es für das Wasser nur eine Einbahnstraße gegeben: von innen nach außen. Wir zeigen jetzt aber, dass eine Bewegung von außen nach innen über die Subduktion stattfindet und offenbar einen Großteil des Erdmantels beeinflusst hat, sagt Devey.
Damit erscheint es auch möglich, dass Kometen das Wasser erst relativ spät in der Erdgeschichte auf unseren Planeten gebracht haben und es dann nach und nach durch Subduktion nicht nur in die Erdkruste, sondern auch in den gesamten Erdmantel geknetet wurde. „Unsere Studie ist natürlich kein Beweis, öffnet aber in der Diskussion wieder neue Möglichkeiten, betont Devey.
Originalarbeit:
Kendrick, M. A., C. Hemond, V. S. Kamenetsky, L. Danyushevsky, C. Devey, T. Rodemann, M. G. Jackson, M. R. Perfit (2017): Seawater cycled throughout Earth's mantle in partially serpentinised lithosphere. Nature Geoscience, http://dx.doi.org/10.1038/NGEO2902