Online-Diskussion: Welche Forschungsprioritäten Deutschland setzen muss, um die Klimaziele zu erreichen
Das Kopernikus-Projekt Ariadne hat mit Vertretern aus Wissenschaft, Wirtschaft, Politik und Zivilgesellschaft über die Relevanz von Forschung auf dem Weg zur Klimaneutralität diskutiert. Im Großen und Ganzen waren sich die Diskutierenden einig: Mehr Forschung sei nötig, um Innovationen zu schaffen, mit deren Hilfe Klimaneutralität möglich wird. Zudem brauche es kontinuierlich wissenschaftliche Analysen, um politische und gesellschaftliche Debatten über die Ausgestaltung der Energiewende zu unterstützen.
Im Oktober zeigte Ariadne in einem Report detailliert wie nie, mit welchen Technologien Deutschland klimaneutral werden kann. Dazu hat das Kopernikus-Projekt mehrere umfassende Modelle und Szenarien verglichen und zusammengeführt. Auf Grundlage dieser Ergebnisse diskutierte Ariadne Anfang November mit Vertretern aus Wirtschaft, Politik und Zivilgesellschaft, wie Forschungs- und Innovationspolitik die Transformation zur Klimaneutralität wirksam voranbringen kann. Und welche Schwerpunkte und Formate in der Forschung notwendig sind, um schnell große Veränderungen herbeiführen zu können. Das sind die wichtigsten Ergebnisse:
Investieren in den Ausbau, Forschen für den Umbau
Der Schlüssel für das Erreichen der Klimaziele ist die Verfügbarkeit erneuerbarer Energie. Dafür müssen Erneuerbare Energien so schnell und so stark wie möglich ausgebaut werden. Zeitgleich gilt es Technologien voranzutreiben, die den Einsatz von erneuerbarer Energie in allen Sektoren möglich machen. Das heißt: vor allem Technologien der direkten Elektrifizierung sowie Wasserstofftechnologien. Zudem braucht es technische Innovationen für erneuerbare Energieträger und Energiespeicher – um diese effizienter zu machen und gleichzeitig den ökologischen Fußabdruck beispielsweise durch Materialinnovationen und Kreislaufwirtschaft zu reduzieren. Auch der dezentralen und flexiblen Steuerung von Energieangebot und -nachfrage kommt eine wichtige Rolle zu, damit das Netz nicht überlastet wird, wenn das Stromangebot bald deutlich stärker schwankt, weil die Sonne nicht immer scheint und der Wind nicht immer weht.
Forschung systemisch denken, Lernprozess ermöglichen
Um den Transformationsprozess bestmöglich zu gestalten, sind eine starke und unabhängige Forschung sowie die strukturierte Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft, Wirtschaft, Politik und Zivilgesellschaft notwendig. Dieser gemeinsame Lernprozess soll einen konstruktiven Umgang mit Konflikten in der Politik ermöglichen und die Transformation zu einem gesamtgesellschaftlich getragenen Projekt machen. Die enge Zusammenarbeit zwischen Forschungseinrichtungen und Unternehmen beschleunigt zudem die dringend notwendige Entwicklung von anwendungsreifen Innovationen für die 2030er Jahre. Die Forschungspolitik sollte dabei langfristig möglichst technologieoffen ausgestaltet sein und damit den Unsicherheiten bei technologischen Durchbrüchen und Innovationsprozessen Rechnung tragen. Um fundierte und ganzheitliche Lösungen für die Transformation zu schaffen, sollten zukünftig natur- und ingenieurswissenschaftliche Disziplinen noch stärker mit sozialwissenschaftlichen Forschungsfeldern verknüpft werden.
Innovationen wirtschaftlich machen, Politik evaluieren
Um Forschungsergebnisse schnell und effizient in Innovationen zu übertragen, sollten Forschungsförderung und der regulatorische Rahmen zukünftig stärker aufeinander abgestimmt werden. Experimentierklauseln und Reallabore können die notwendigen Freiräume schaffen, um neue Technologien und Geschäftsmodelle in einem realen Umfeld zu erproben und weiterzuentwickeln. Zudem muss der regulatorische Rahmen in den kommenden Jahren für die Erreichung der Klimaziele erheblich angepasst werden, um klimafreundliche Innovationen am Markt wirtschaftlich zu machen und privatwirtschaftliche Investitionen in den Klimaschutz anzureizen. Die Wissenschaft unterstützt politische Entscheidungsträger dadurch, dass sie hierfür – und für die politische Gestaltung der Transformation insgesamt – Handlungsoptionen aufzeigt. Gleichzeitig ist ein fortlaufendes Monitoring notwendig, um bei Bedarf zügig nachsteuern zu können.
Mit Vorträgen zur Diskussion beigetragen haben:
- MinDir Volker Rieke, Leiter der Abteilung Zukunftsvorsorge, Forschung für Grundlagen und Nachhaltigkeit des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF)
- Prof. Dr. Ottmar Edenhofer, Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) und Sprecher des Kopernikus-Projekts Ariadne
- Dr. Simone Peter, Präsidentin des Bundesverbands Erneuerbare Energie (BEE)
- Prof. Dr. Gunnar Luderer, Leiter der Abteilung Energiesysteme am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) und stellvertretender Leiter des Kopernikus-Projekts Ariadne
Aktiv in die Diskussion eingebracht haben sich u.a.:
- Dr. Anna Lührmann, MdB, Bündnis 90/ Die Grünen
- Prof. Dr. Katharina Hölzle, Leiterin des Fachgebiets IT-Entrepreneurship am Hasso-Plattner-Institut und stellvertretende Vorsitzende der Expertenkommission Forschung und Innovation
- Prof. Dr. Mario Ragwitz, Institutsleiter der Fraunhofer-Einrichtung für Energieinfrastrukturen und Geothermie IEG
- Christophe Darley, Leiter der Abteilung Wirtschaft und Innovation der Konrad-Adenauer-Stiftung
- Martina Richwien, ifok GmbH, Organisation des Bürgerrats Forschung und Bürgerrats Klima
- Dr. Nils aus dem Moore, Leiter der Forschungsgruppe „Nachhaltigkeit und Governance" und Leiter des Büros in Berlin des RWI – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung e. V.
- Prof. Dr. Kurt Wagemann, Gesellschaft für Chemische Technik und Biotechnologie(DECHEMA)
- Thomas Friedl, Head of Energy Operations, UPM GmbH
- Dr. Bernd Weber, Gründer und Geschäftsführer von EPICO KlimaInnovation
- Dr. Ulrich Glotzbach, Leiter des Themenschwerpunkts Energie, Ressourcen, Nachhaltigkeit bei der acatech - Deutsche Akademie der Technikwissenschaften
- Prof. Dr.-Ing. Jochen Kreusel, Global Head of Market Innovation bei Hitachi Energy
- MinDirig'in Oda Keppler, Leiterin der Unterabteilung Nachhaltigkeit; Zukunftsvorsorge des BMBF
Moderiert hat die Diskussion Dr. Arwen Colell, Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change und Forscherin in Ariadne