Weniger Sauerstoff in allen Meeren - Kieler Forscher veröffentlichen in „Nature erste globale Beobachtungs-Studie zum Sauerstoffbudget im Ozean
Der aktuell zu beobachtende globale Wandel lässt Wassertemperaturen steigen und verändert die Ozeanzirkulation. Das sorgt unter anderem dafür, dass weniger Sauerstoff im Oberflächenwasser der Meere gelöst ist und weniger Sauerstoff in die Tiefsee gelangt – mit weitreichenden Folgen für die Organismen im Meer. In der internationalen Fachzeitschrift Nature veröffentlichen Ozeanographen des GEOMAR Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung Kiel jetzt die bisher umfassendste Analyse zum Sauerstoffverlust in den Weltmeeren und deren Ursache.
In dem renommierten Wissenschaftsjournal Nature veröffentlichen die Ozeanographen Dr. Sunke Schmidtko, Dr. Lothar Stramma und Prof. Dr. Martin Visbeck vom GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel jetzt die bisher umfassendste Studie zum globalen Sauerstoffgehalt in den Weltmeeren. Sie zeigt, dass er in den vergangenen 50 Jahren um mehr als zwei Prozent abgenommen hat. „Da insbesondere große Fische Gebiete mit geringem Sauerstoffgehalt meiden beziehungsweise dort nicht überleben, können diese Veränderungen weitreichende biologische Folgen haben, sagt Dr. Schmidtko, der Erstautor der Studie.
Die Forschergruppe nutzte für ihre Arbeit alle weltweit vorhandenen Sauerstoffdaten, ergänzte sie mit aktuellen Messungen und verfeinerten die Interpolationsverfahren, um die Entwicklung des Sauerstoffgehalts in den Ozeanen über ein halbes Jahrhundert hinweg genauer zu rekonstruieren. In einzelnen Gebieten konnte schon vorher mit Beobachtungsdaten nachgewiesen werden, dass in den oberen Wasserschichten weniger Sauerstoff zur Verfügung steht als noch vor einigen Jahrzehnten. „Für den gesamten Ozean war dieser Nachweis aber schwieriger, da viel weniger Sauerstoff-Messdaten aus entlegenen Regionen und aus dem tiefen Ozean existieren, erklärt Dr. Schmidtko, „wir konnten jetzt zum ersten Mal die Sauerstoffverteilung und deren Änderung im gesamten Weltozean dokumentieren – das ist eine wesentliche Voraussetzung, um die Prognosen für den Ozean der Zukunft zu verbessern.
Die Studie zeigt auch, dass mit Ausnahme von einigen wenigen Regionen der Sauerstoffgehalt im Untersuchungszeitraum überall im Ozean abnahm. Den größten Verlust konnten die Ozeanographen im Nordpazifik ausmachen. „Während die geringe Sauerstoffabnahme in der Atmosphäre zurzeit als unkritisch angesehen wird, kann die Sauerstoffabnahme im Ozean wegen der ungleichmäßigen Verteilung durchaus weitreichende Konsequenzen haben. In fischreichen küstennahen Gebieten wären diese Konsequenzen ökologisch, aber auch wirtschaftlich zu spüren, betont der Koautor Dr. Lothar Stramma.
„Mit Messungen alleine können wir allerdings nicht sämtliche Ursachen erklären, räumt Koautor Professor Martin Visbeck ein, „auch natürliche Prozesse, die auf Zeitskalen von einigen Jahrzehnten auftreten, könnten an der beobachteten Abnahme mit Schuld sein. Allerdings, so der Ozeanograph weiter, sei das Ergebnis konsistent mit den meisten Modellrechnungen, die aufgrund höherer Kohlendioxid-Konzentrationen und den damit verbundenen höheren Temperaturen im Ozean und der Atmosphäre eine weitere Abnahme des Sauerstoffs in den Meeren prognostizieren.
Die vorgestellten Messergebnisse sind ein wichtiges Ergebnis für die laufenden Arbeiten im Sonderforschungsbereich 754 „Klima – biogeochemische Wechselwirkungen im tropischen Ozean, den die Deutsche Forschungsgemeinschaft an der Kieler Christian-Albrechts-Universität und am GEOMAR fördert. Der SFB 754 soll helfen, das Wechselspiel von Klima und Biogeochemie des tropischen Ozeans besser zu verstehen. „Vier Expeditionen mit dem deutschen Forschungsschiff METEOR widmen sich ab Anfang März der tropischen Sauerstoffminimumzone im Ostpazifik vor Peru. Dabei werden wir weitere Daten zur regionalen Entwicklung gewinnen, die uns auch helfen, die globalen Trends besser zu verstehen, betont Dr. Stramma, der Expeditionskoordinator für den SFB ist.
Hinweis:
Die Arbeiten für diese Studie wurden unterstützt durch das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung finanziertes Projekt MIKLIP (http://www.geomar.de/nc/forschen/fb1/fb1-po/projekte/miklip/) sowie durch den von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten Sonderforschungsbereich 754 „Klima – Biogeochemische Wechselwirkungen im tropischen Ozean.
Originalarbeit:
Schmidtko, S., L. Stramma und M. Visbeck (2017): Decline in global oxygen content during the past five decades. Nature, http://dx.doi.org/10.1038/nature21399