Zukunftsstadt-Konferenz 2019: Wie lassen sich Potenziale für Wirkungen, Verstetigung und Transfer aufbauen?
Die Frage nach der Wirkung von Forschung auf Umwelt und Gesellschaft in den Städten der Zukunft ist hochaktuell. Auf der Zukunftsstadt-Konferenz des BMBF am 3. Dezember 2019 in Münster diskutierten Fachleute aus Kommunen und Forschung, wie die Potenziale für eine höhere Wirkung von Forschung gehoben werden können.
Um die drängenden Fragen der Stadtentwicklung anzugehen – sei es bei Mobilität und Logistik, beim Klimaschutz oder in der energetischen Quartiersentwicklung – ist die gesellschaftsbezogene (transdisziplinäre) Nachhaltigkeitsforschung ein entscheidendes Instrument. Nachhaltige Entwicklung kann nur dann erreicht werden, wenn naturwissenschaftliche, technische und soziale Innovationen ineinander greifen. Der Bedarf, die Wirkungen der Forschung herauszuarbeiten, wächst: Vor dem Hintergrund konkurrierender Ausgabenziele angesichts der großen gesellschaftlichen Herausforderungen, einem steigenden Informations- und Partizipationsinteresse der Bürgerinnen und Bürger und dem Handlungsdruck, der auf den Städten der Zukunft lastet.
In ihrer Einführung in den Workshop „Wirkungsvolle Stadtforschung" zeigten Dr. Jens Libbe, Deutsches Institut für Urbanistik (Difu) und Stephanie Lorek, DLR Projektträger, die hohe Aufmerksamkeit der Forschungsarbeiten in den Zukunftsstädten auf Wirkungen. Die Projekte wählen dabei spezielle Herangehensweisen, etwa wenn in Reallaboren transdisziplinär zusammengearbeitet wird. In dieser Kooperation von Forschung, kommunaler Praxis, zivilgesellschaftlichen Organisationen und Bürgerschaft steht man vor besonderen Herausforderungen: Nicht nur unterschiedliche Handlungslogiken und Sprache sind zu vermitteln, sondern auch die vielfältigen Ziele der unterschiedlichen Beteiligten.
In drei Impulsreferaten wurden Perspektiven aufgezeigt, wie das Potential für die Wirksamkeit transdisziplinärer Projekte erhöht werden kann. Dr. Oskar Marg vom Institut für sozial-ökologische Forschung Frankfurt (ISOE), zeigte auf, wie vielfältig die angestrebten Wirkungen der Projekte aus den Förderlinien Leitinitiative Zukunftsstadt und Nachhaltige Transformation Urbaner Räume sind. Deutlich wurde zudem, dass in der Regel gleichzeitig mehrere Wirkungen angestrebt werden, die oftmals auch miteinander in Verbindung stehen. Dies griff Dr. Torsten Grothmann von der Universität Oldenburg auf und zeigte, wie die Reallaborprozesse im Projekt BREsilient wirkorientiert angelegt wurden. Zentral war eine frühe Auseinandersetzung mit den Wirkzielen, vor allem die Erhöhung von Resilienzwissen, Resilienzhandeln und Resilienzvernetzung für Anpassungsstrategien. Diese Ziele wurden stetig mit den Rückmeldungen der Teilnehmenden abgeglichen – und so die tatsächlichen Wirkungen laufend überprüft. Wie herausfordernd die Wirkungsverfolgung sein kann, zeigte Mona Wallraff vom Institut für Landes- und Stadtentwicklungsforschung (ILS) Dortmund. Sie arbeitet im Projekt KoopLAB, das sich auf die Aufwertung und die Stärkung der sozialen Teilhabe in hochdynamischen Ankunftsquartieren konzentriert. Die sozialstrukturellen Bedingungen und die von Fluktuationsbewegungen geprägten Quartiere stellen besondere Herausforderungen an die kontinuierliche Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger im Projektverlauf und noch mehr, wenn es um die Fortführung der durch KoopLAB gesetzten Impulse geht.
Stadtentwicklung neu gedacht – gemeinsame Wirkziele und an den Menschen ausgerichtet
Diese Einblicke aufgreifend konnten die etwa 70 Teilnehmenden des Workshops in einer intensiven Gruppenphase ihre Projekte hinsichtlich des Aufbaus von Wirkungspotentialen im Rahmen einer kollegialen Fallberatung reflektieren. Es wurden Hemmnisse für Wirksamkeit diskutiert, aber auch Wege wie diese überwunden werden können. Wie auch Rudolf Graaff, Städte- und Gemeindebund NRW, im Abschlussplenum zusammenfasste, werden zum einen strukturelle Herausforderungen gesehen: zu wenige oder nicht synchron zu den Aufgaben zur Verfügung stehende Mittel (Zeit, Personal, Finanzen) wie auch personelle Wechsel aufgrund von befristeten Arbeitsverträgen in Kommunen und Forschungsreinrichtungen sind ein Thema. Die häufig unzureichende Koordination zwischen Fachbereichen in Kommunen ist ein weiteres Hemmnis für die Erzielung wünschenswerter Wirkungen. Zum anderen ist in der Gestaltung von transdisziplinären Forschungsprozessen Augenmerk auf die zum Teil divergierenden Erwartungen von Kommunen, weiteren Praxisakteuren und Bürgerschaft wie auch von Forschungsseite zu richten. Die in den Forschungsprojekten angestrebten Wirkziele sind daher gemeinschaftlich zu formulieren – besondere Bedeutung haben hierbei aber die Bürgerinnen und Bürger. Ihre Erwartungen und Bedarfe sind zentral für eine ‚an den Menschen ausgerichtete' Stadtentwicklung. Auf diese Weise lassen sich auch kokreative Prozesse anstoßen, die für das Erreichen einer Nachhaltigen Stadtentwicklung zentral sind. Allerdings gibt es hierfür keine Blaupausen, jedoch gute Beispiele, die zum Lernen anregen. Zusammen mit Stephanie Lorek vom DLR Projektträger und unterstützt durch die translake GmbH (Nils Renkes) hat Jens Libbe vom Difu den Workshop moderiert. Die diskutierten Ideen werden weiter aufbereitet, und unter anderem in die Arbeit des Synthese- und Vernetzungsprojekts Zukunftsstadt (SynVer*Z) einfließen.
Bericht: Jens Libbe (Difu), Stephanie Lorek (DLR-PT), Alexandra Lux (ISOE).