Schlick als natürliche Senke für Kohlendioxid

Wie speichert die Nordsee Kohlenstoff in Form von organischem Material am Meeresboden und wie wirken sich menschliche Aktivitäten und der Klimawandel auf diese Ökosystemleistung aus? Diesen Fragen gehen Forschende in dem vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Projekt APOC nach.

Der feinkörnige schlammige Meeresboden ist eine eher unspektakuläre Küstenumgebung, aber sein hoher Gehalt an partikulärem organischem Kohlenstoff macht ihn zu einer wichtigen Senke für Kohlenstoff und damit zu einem unserer größten Verbündeten im Klimawandel. Im Projekt „Anthropogenic impacts on particulate organic carbon cycling in the North Sea" (APOC) untersuchen Forschende anhand von Sedimentanalysen, Experimenten und Simulationen, wie schlammige Sedimente und partikulärer Kohlenstoff transportiert, zirkuliert und schließlich am Boden der Nordsee abgelagert werden. „Eine Schlüsselfrage in diesem Zusammenhang ist, wie sich diese Ökosystemleistung in Zukunft infolge der vorhergesagten beschleunigten Umweltveränderungen, des Meeresspiegelanstiegs sowie menschlicher Aktivitäten verändern wird – einschließlich Grundschleppnetzfischerei, Rohstoffgewinnung und dem Bau von Offshore-Windparks", sagt Prof. Dr. Sabine Kasten, Geochemikerin am Alfred-Wegener-Institut.

Das dreijährige Verbundprojekt startete im April 2021 und wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Rahmen des MARE:N-Programms „Ozeane unter Stress" gefördert. Beteiligt sind das Alfred-Wegener-Institut Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI), das Helmholtz-Zentrum Hereon, das GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung, die Universität Hamburg und das BUND-Meeresschutzbüro. Das Projekt wird  von Sabine Kasten und Dr. Wenyan Zhang vom Hereon koordiniert.

 

 

Das AWI konzentriert sich auf die Untersuchung des Transports und der Ablagerung von feinkörnigen Sedimenten sowie der Mineralisierung des Kohlenstoffs, die mit der CO2-Freisetzung im Helgoländer Schlickgebiet einhergeht, dem größten Ablagerungsgebiet für feinkörnige Sedimente in der südlichen Nordsee. Im Fokus stehen unter anderem die Veränderungen in der Kohlenstoffspeicherung als Folge von Umwelt- und Klimaveränderungen und menschlichen Aktivitäten in den vergangenen 100 Jahren. Das GEOMAR untersucht das Skagerrak, das größte Ablagerungszentrum in der Nordsee. Ein großer Teil der organischen Substanz, die nicht von Mikroben abgebaut wird, wird bis dorthin transportiert und in feinkörnigen Sedimenten eingebettet. Auch hier wird die Sedimentablagerung der vergangenen 100 Jahre betrachtet

Das Hereon entwickelt ein integriertes dreidimensionales Modellierungssystem. Es quantifiziert die physikalischen und biogeochemischen Prozesse, die die Mineralisierung und Ablagerung von Kohlenstoff in Sedimenten steuern. Es dient dazu herauszufinden, wie sich diese Prozesse seit der Anfang des 20. Jahhrunderts verändert haben und modelliert mögliche Veränderungen in den kommenden Jahrzehnten. Die Universität Hamburg untersucht sogenannte organische Kohlenstoffpools und erstellt Szenarien für die mögliche zukünftige Verteilung von Kohlenstoff in  in der Nordsee. Das BUND-Meeresschutzbüro überträgt die wissenschaftlichen Ergebnisse in politische Empfehlungen für ein nachhaltiges Management der Nordsee.

Die Ergebnisse von APOC werden für einen koordinierten Dialog mit Interessenvertretungen und zur Formulierung von Empfehlungen für politische Entscheidungsträger genutzt. Der Wissenstransfer steht im Mittelpunkt der Arbeit der Forschenden. „Es ist wichtig, über die Folgen menschlichen Handelns zu informieren", sagt Wenyan Zhang. Diese wiederum werden dann an regionale, nationale und EU-Gremien weitergegeben. Schließlich wird das Projektteam die Forschungsergebnisse in den Kontext der aktuellen Meerespolitik stellen und den zuständigen Stellen Vorschläge für Handlungsoptionen aufzeigen sowie die Ergebnisse umfassend für die Öffentlichkeit aufbereiten.