Band II des Sechsten IPCC-Sachstandsberichts verabschiedet: Tiefgreifender Wandel für Anpassung und besseren Schutz von Ökosystemen ist dringend geboten, um die Risiken des Klimawandels zu verringern
Der Weltklimabericht verdeutlicht: Stärkere Anpassung und besserer Schutz von Ökosystemen sind dringend geboten, um die Risiken des Klimawandels zu verringern. Nachhaltige & klimafreundliche Entwicklung erfordern tiefgreifenden gesellschaftlichen Wandel.
Der Weltklimarat IPCC hat am 28. Februar 2022 den zweiten Band seines aktuellen, Sechsten Sachstandsberichts veröffentlicht. In der Bundespressekonferenz bewerteten Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger und Staatsministerin im Auswärtigen Amt Dr. Anna Lührmann die Aussagen des IPCC in Bezug auf die deutsche Forschungs- und Außenpolitik.
Professor Hans-Otto Pörtner, vom Alfred-Wegner-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung, und Professor Jörn Birkmann von der Universität Stuttgart stellten der deutschen Presse die wichtigsten Aussagen des Berichts vor.
Professor Pörtner ist Ko-Vorsitzender der IPCC-Arbeitsgruppe, die den aktuellen Bericht verfasste. Professor Birkmann ist verantwortlich für das Kapitel über „Armut, Existenzgrundlagen und nachhaltige Entwicklung". Insgesamt waren 15 Fachleute von deutschen Institutionen im Kernteam für die Erstellung des Berichts, viele weitere haben Beiträge geleistet oder sich an der Begutachtung beteiligt.
Der erste Band „Naturwissenschaftliche Grundlagen" des Sechsten IPCC-Sachstandsberichts erschien Anfang August 2021, der dritte folgt Anfang April 2022. Mehr Informationen rund um den Bericht gibt es auf der Seite der Deutschen IPCC-Koordinierungsstelle.
Die wichtigsten Aussagen des Berichts
Der jüngste Bericht des Weltklimarats stellt deutlich dar, dass der menschengemachte Klimawandel seit Jahrzehnten erhebliche negative Folgen für den Zustand von Ökosystemen, Wasser- und Energieversorgung, Ernährungssicherheit, Wirtschaft und Gesundheit in allen Regionen der Welt hat. Dazu gehören häufiger und intensiver auftretende Extremereignisse, wie Starkregen oder Dürren, aber auch sich langsam entwickelnde Effekte, wie der im Durchschnitt steigende Meeresspiegel. Unterschiedliche Ereignisse treten teilweise gleichzeitig auf, wie zum Beispiel Dürren und Hitzewellen, und führen zu schwerwiegenden, in manchen Fällen unumkehrbaren Folgen. So können dominoartige Effekte auftreten, wobei eine Folge des Klimawandels wiederum ein oder mehrere weitere Risiken schafft, sodass sich regelrechte Kaskaden an Folgen regionenübergreifend ausbreiten. Manche Ökosysteme oder gesellschaftliche Gruppen sind bereits jetzt mit der Bewältigung solcher Folgen überfordert. Ein weiter fortschreitender Klimawandel von mehr als 1,5 °C gegenüber vorindustriellem Niveau würde viele Risiken weiter erhöhen und teilweise zu Folgen in einem Ausmaß führen, wie es noch nie beobachtet wurde.
Der Bericht zeigt, dass andere menschliche Einflüsse, wie Umweltverschmutzung und die Zerstörung von Lebensräumen, die klimawandelbedingten Risiken verstärken. Zudem sind Risiken nicht nur vom Klima abhängig, sondern werden ebenso von der gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Entwicklung geprägt. Politische Maßnahmen in allen Bereichen – sowohl Klimaschutz- oder Anpassungsmaßnahmen als auch solche zu anderen Themen – können die Verwundbarkeit von Gesellschaften und Ökosystemen gegenüber dem Klimawandel verringern, wenn sie diese Zusammenhänge berücksichtigen.
Im jüngsten Weltklimabericht wird deutlich: Unsere gesellschaftlichen Strukturen und die Ökosysteme dieser Erde sind auf vielen Ebenen eng miteinander verbunden. Verstärkte Anpassungsmaßnahmen und gleichzeitig besserer Schutz von Ökosystemen können die Risiken des Klimawandels für die biologische Vielfalt und für Menschen überall auf der Welt verringern. Weitreichende Maßnahmen werden in allen Lebensbereichen anstehen. Neben wirksamen Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel sind weiterhin schnelle und drastische Minderungen von Treibhausgasemissionen essenziell. Sie sind der Schlüssel, um den Klimawandel einzudämmen.
Der IPCC – zugleich wissenschaftliches und zwischenstaatliches Gremium
Zwei Wochen lang hatten die Delegationen der 195 Mitgliedsländer auf der virtuell abgehaltenen Verabschiedungssitzung die Zusammenfassung für die politische Entscheidungsfindung (Summary for Policymakers, SPM) Satz für Satz diskutiert und einstimmig verabschiedet. Dies wurde in kontinuierlichem Austausch mit den wissenschaftlichen Autorinnen und Autoren durchgeführt, die darauf achteten, dass die Aussagen in der Zusammenfassung fachlich korrekt blieben und auch wirklich das wiedergeben, was den ausführlichen Kapiteln steht. Eine kurze Übersicht über die wichtigsten Erkenntnisse bieten die fett-gedruckten „Hauptaussagen" eines jeden Abschnitts der Zusammenfassung. Sie sind hier auf Deutsch verfügbar.
Klimaforschung liefert die Wissensbasis für politische Entscheidungen
Das BMBF fördert bereits seit vielen Jahren Forschung zum Klimawandel, die für den IPCC-Bericht relevant ist. Mit einer Serie von Meldungen haben wir in den vergangenen Wochen Projekte aus der BMBF-Strategie „Forschung für Nachhaltigkeit" (FONA) vorgestellt, die sich mit diesen Themen beschäftigen. Im Fokus standen dabei:
Eine Übersicht der Folgen unserer IPCC-Artikelserie finden Sie hier.
Forschung, die das BMBF fördert, liefert die Grundlage für faktenbasierte und informierte politische und gesellschaftliche Entscheidungen zum Umgang mit dem Klimawandel. Forschung zum Klimawandel verbessert zum einen das Verständnis über seine Ursachen, Trends und Risiken. Zum anderen zeigt sie Wege und innovative Lösungen auf, um den notwendigen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Wandel hin zur Klimaneutralität in allen Bereichen des Lebens zu gestalten. Hierzu fördert das BMBF beispielsweise Projekte zur Erforschung und Entwicklung von emissionsarmen Technologien, wie grünem Wasserstoff, oder auch Untersuchungen zur Machbarkeit und Wirksamkeit von CO2-Entnahmemethoden.
Ein Schwerpunkt der BMBF-Forschungsförderung liegt auf Projekten, die vor Ort – national sowie international – die Anpassung an die Folgen des Klimawandels wissenschaftlich unterstützt. Die Vorsorge- und Anpassungsmaßnahmen werden zunehmend wichtiger. So setzt sich das BMBF auch dafür ein, dass die Forschungserkenntnisse schnellstmöglich in die Praxis umgesetzt werden. Als Reaktion auf das Hochwasser in Westdeutschland im Juli 2021 initiierte das BMBF beispielsweise das Verbundprojekt KAHR. Durch das Zusammenwirken von Wissenschaft und den betroffenen Regionen soll der Wieder- und Neuaufbau als Chance zur klimaangepassten Entwicklung genutzt und damit die betroffenen Regionen resilient gegenüber zukünftigen Extremereignissen gestaltet werden. In weiteren Regionen Deutschlands fördert das BMBF die Erarbeitung neuer Ansätze für eine resiliente und nachhaltige Entwicklung. Dabei geht es konkret um die Bedingungen und Herausforderungen vor Ort. Die Projekte der Fördermaßnahme Klimaresilienz durch Handeln in Stadt und Region untersuchen beispielsweise, wie sich Stadtplanung und Katastrophenschutz besser auf Extremwetterereignisse einstellen können. Klimaanpassung erfordert interdisziplinäre Forschung und ein Zusammenwirken mit verschiedenen Praxisakteuren.