11. Forum im Dialog zur Klimaökonomie: Ein nachhaltiges Finanzsystem erfordert transparente Klimabilanzen von Unternehmen und eine klima- und finanzpolitische Rahmensetzung
Ein nachhaltiges Finanzsystem erfordert transparente Klimabilanzen von Unternehmen und einen klaren klima- und finanzpolitischen Rahmen. Das war Fazit des 11. Forums im Dialog zur Klimaökonomie im BMBF-Förderschwerpunkt „Ökonomie des Klimawandels“.
Deutschland bis 2045 klimaneutral zu gestalten, das ist Ziel der Bundesregierung. Dies erfordert eine sehr zügige nachhaltige Transformation gerade auch der Wirtschaft und Industrie hin zu klimaneutralen Prozessen, Produkten und Dienstleistungen. Sowohl in Deutschland als auch in der Europäischen Union (EU) wird dem Finanzsektor dafür eine immer größere Rolle zugeschrieben.
Wie sich ein nachhaltiges Finanzsystem (Sustainable Finance) – auch in einer Zeit der wirtschaftlichen Konfrontationen und Umbrüche in Europa – besser entwickeln kann, das war Thema des 11. Forums Klimaökonomie. Eröffnet wurde das Forum von BMBF-Abteilungsleiter Volker Rieke. Er würdigte auch die bisherigen Erfolge des Formats im BMBF-Förderschwerpunkt „Ökonomie des Klimawandels". Die Veranstaltungsreihe „Forum Klimaökonomie" bringt unterschiedlichste Akteure aus Wissenschaft, Politik und Wirtschaft zusammen, ermittelt durch interdisziplinäre Zusammenarbeit neue Erkenntnisse, thematisiert innovative Lösungen und neue Denkansätze für politische und wirtschaftliche Herausforderungen.
Die Herausforderung: Deutschland soll führend bei nachhaltigen Finanzsystemen werden
Im Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung wird das Ziel bekräftigt, Deutschland zu einem führenden Standort nachhaltiger Finanzierung auszubauen. Dabei werden Nachhaltigkeitsrisiken als direkte Finanzrisiken anerkannt. Zudem unterstützt die Bundesregierung im Koalitionsvertrag ausdrücklich das Vorhaben der Europäischen Kommission, eine neue europäische Richtlinie zur „Corporate Sustainability Reporting Directive" (CSRD) zu verabschieden, die eine Berichtspflicht für Unternehmen, Banken und Versicherungen vorsieht.
Um wirksame Maßnahmen für einen nachhaltigen Finanzsektor zu entwickeln, ist ein evidenzbasiertes Vorgehen entscheidend. Das BMBF fördert daher im Rahmen des Schwerpunkts „Ökonomie des Klimawandels" die Schaffung von Wissen darüber, wie Finanzwirtschaft und -märkte wirksam und effektiv zu Klimaschutz und Erreichung der Klimaziele beitragen können.
Wissenslücken in der Forschung zu einem nachhaltigen Finanzsystem schließen
Sustainable Finance ist ein junges, aber sehr dynamisches Forschungsfeld. Daher gibt es hier noch Wissenslücken, die es zu schließen gilt. Entsprechend wurde im 11. Forum Klimaökonomie diskutiert, welche Finanzinstrumente, Prozesse und Marktmechanismen für mehr Nachhaltigkeit benötigt werden. Eine wichtige Rolle spielen hierbei Finanzdienstleistungsinstitute, Investoren sowie Privatkundinnen und Privatkunden.
In diese Themenkomplexe führten Keynotes von Prof. Dr. Bjarne Steffen (ETH Zürich) zu „Chancen und Hindernissen bei der Finanzierung nachhaltiger Investitionen" und von Kristina Jeromin (Green and Sustainable Finance Cluster Germany, GSFCG) zur „Deutschen Sustainable-Finance-Agenda" ein.
Auf dem anschließenden Panel diskutieren Wiebke Merbeth (BayernInvest) und Christoph Reißfelder (Covestro) mit den beiden Keynote-Vortragenden, wie der Finanzsektor die Eindämmung des Klimawandels beeinflussen kann. Es wurde unter anderem die Frage in den Blick genommen, wie Investoren, bzw. Kapitalmärkte über Investitionen in emissionsarme Aktivitäten bzw. über ihren Rückzug aus emissions-intensiven Aktivitäten entscheiden, und welche Rahmenbedingungen notwendig sind, um unterschiedlichen Akteuren Entscheidungen zugunsten von mehr Nachhaltigkeit zu ermöglichen. Ein Fokus lag dabei auf der Frage, welche Anforderungen ein nachhaltiges Finanzsystem an Unternehmen stellt, gerade auch in CO2-intensiven Sektoren, wie der Chemieindustrie.
Hintergrundpapier zu Sustainable Finance und mangelnde Transparenz von Unternehmen
Das Hintergrundpapier zum 11. Forum Klimaökonomie bietet einen umfassenden Überblick zu den Handlungsfeldern, Akteuren und Maßnahmen für ein nachhaltiges Finanzsystem („Sustainable Finance"). Eine Schlüsselrolle spielen dabei Daten über klimaneutrale Produkte, Dienstleistungen und Unternehmensprozesse, die in Zukunft umfassender erhoben, bereitgestellt und transparenter werden müssen. Ein Berichtswesen, in dem die Klimaneutralität spezifisch erfasst werde, sei nicht nur für eine bessere Außenwirkung, sondern auch für die interne Unternehmensführung von Vorteil. Denn es gelte: Nur was sich messen lasse, sei auch nachhaltig steuerbar.
Breite Finanzkompetenz aufbauen, da Nachhaltigkeit zum harten Wettbewerbskriterium wird
Es wurde auch deutlich, dass es oft an grundlegendem Wissen zur praktischen Umsetzung nachhaltiger Finanzen mangelt. So wurde zum Beispiel darüber diskutiert, warum Kleinanlegerinnen und Kleinanleger noch eher zögerlich bei Investitionen in nachhaltige Produkte sind. Als mögliche Ursachen wurden dafür ein Mangel an spezifischen Kenntnissen, fehlendes Vertrauen in die bisher existierenden Nachhaltigkeitslabel sowie die Angst vor möglichem Greenwashing seitens der Anbieter, aber auch fehlende Informationen und fehlendes Wissen der Berater gesehen. Daher gelte es ebenso wie in der Fachwelt, eine Finanzkompetenz („Financial Literacy") auch für die breite Öffentlichkeit auszubilden.
Umfassende Transformation zu mehr Nachhaltigkeit gelingt nur mit transparentem Berichtswesen
Auf dem Panel kamen die Diskutierenden zu dem Schluss: Der fortgeschrittene Klimawandel und insbesondere der Krieg in der Ukraine, unterstrichen nur noch einmal mehr die Dringlichkeit, sich von fossilen Energieträgern, wie Gas und Kohle, unabhängig zu machen. Um Deutschland und die EU zukunftsfest aufzustellen, gelte es, eine deutliche Rahmensetzung für eine Dekarbonisierung der Wirtschaft und ein nachhaltiges Finanzsystem zu schaffen. Dazu zählten gerade auch klare Standards für verlässliche Informationen aus der Finanz(-Wirtschaft), um Transformationspfade zu ermöglichen.
Eine umfassende Transformation könne somit nur gelingen, wenn ein Berichtswesen Transparenz darüber schaffe, welche Unternehmen und welche Sektoren sich schon auf dem Weg zur Nachhaltigkeit befinden. Ein gezielter staatlicher Rahmen unterstütze dabei, klimaneutrale Ziele festzulegen und Investitions-barrieren zu überwinden.
Das 11. Forum Klimaökonomie war vorerst die letzte Veranstaltung in dieser Serie. Die nächste zentrale Veranstaltung des Förderschwerpunkts „Ökonomie des Klimawandels" ist die Abschlusskonferenz der zweiten Förderphase am 30. und 31. Mai 2022. Näheres dazu finden Sie hier.
Um die Forschung zu finanzwirtschaftlichen Fragen gezielt auszubauen, startet das BMBF Mitte des Jahres mit einer neuen, noch stärker auf Interdisziplinarität und Transfer in die Praxis ausgerichteten Fördermaßnahme „Klimaschutz und Finanzwirtschaft" mit 14 Verbundvorhaben und einem Begleitvorhaben sowie einem Fördervolumen von rund zehn Millionen Euro.
Hintergrund
Der Klimawandel und die entsprechend notwendige Dekarbonisierung aller Lebensbereiche werfen vor allem auch wirtschaftliche Fragen und Herausforderungen auf. Die Forschung durch die Wirtschaftswissenschaften kann hierzu wichtige Expertise bereitstellen und Lösungsbeiträge entwickeln. Das BMBF fördert deshalb den Förderschwerpunkt „Ökonomie des Klimawandels": In der aktuell laufenden 2. Förderphase (Mitte 2018 bis Ende 2022) arbeiten insgesamt 29 Forschungsprojekte und der Begleitprozess „Dialog zur Klimaökonomie" mit einer Gesamtförderung von rund 25 Millionen Euro. Themenschwerpunkte der Forschungsvorhaben sind:
- Klimaschutz & Transformation: Dekarbonisierung - Wettbewerbsfähigkeit - Lebensqualität
- Klimaschutz: Instrumente und Politiken nach COP21
- Umgang mit Klimarisiken
- Internationale Klimapolitik
- Querschnittsthema: Finanzmärkte, Finanzwirtschaft und Finanzierung
Der Begleitprozesses „Dialog zur Klimaökonomie" unterstützt hierbei den Austausch über wichtige klimaökonomische und klimapolitische Themen. Er bietet – insbesondere auch über das Veranstaltungsformat „Forum Klimaökonomie" – eine attraktive Plattform für Kommunikation und Interaktion zwischen Forschung, Politik und weiteren Praxisakteuren (siehe auch www.klimadialog.de).