BMBF-Förderschwerpunkt „Ökonomie des Klimawandels“ – Abschlusskonferenz zeigt neue Lösungen und Strategien für den Weg zur Klimaneutralität auf

Wie lassen sich Klima und Wohlstand schützen - angesichts von Herausforderungen, wie dem russischen Angriffskrieg? Das diskutierten Fachleute aus Wissenschaft und Praxis in der Abschlusskonferenz des Förderschwerpunkts „Ökonomie des Klimawandels“.

Erst kürzlich hat uns der neue Sachstandsbericht des Weltklimarats IPCC erneut die Dringlichkeit und die Dimension des sich verstärkenden globalen Klimawandels vor Augen geführt. Und auch die neueste Auswertung der Weltorganisation für Meteorologie (WMO) zeigt einmal mehr, wie gefährlich nah an der 1,5 Grad-Grenze die Erderwärmung bereits ist. Das bedeutet: Sofortige, umfassende und tiefgreifende Veränderungen sind erforderlich, um die Ziele des Pariser Klimaabkommens einzuhalten – das betrifft vor allem die Sektoren Energiewirtschaft, Industrie, Gebäude, Verkehr, Landwirtschaft und Abfall. Für diese Sektoren sind Forschung, Innovation und neue Technologien besonders wesentlich, damit sie ihre Beiträge zum Klimaschutz leisten und ihre Klimaziele erreichen können.

Doch wie kann die Transformation zu einer nachhaltigen, klimaneutralen Wirtschaft und Gesellschaft gelingen, ohne die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit und den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu gefährden? Welche klimapolitischen Maßnahmen können Ökologie und Ökonomie in Einklang bringen? Wie wirksam sind verschiedene (Finanz-)Instrumente und Politiken? Und wie kann international der Klimaschutz erfolgreicher gestaltet werden?

Antworten auf diese Fragen wurden bei der Konferenz zum Abschluss der zweiten Förderphase des BMBF-Förderschwerpunkts „Ökonomie des Klimawandels" diskutiert. Eröffnet wurde die Konferenz von Thomas Sattelberger, Parlamentarischer Staatssekretär im BMBF.

Interessante Einblicke bot unter anderem die Paneldiskussion zur Umsetzung der nationalen und internationalen Klimaschutzgesetzgebung. In gut besuchten Postersessions konnten sich die rund 130 Teilnehmenden der Konferenz einen Überblick über die vielfältigen Projekte  verschaffen. Zudem wurden in einer Vielfalt von parallelen Sessions beispielsweise Wege zur Klimaneutralität, Klimapolitik in Entwicklungs- und Schwellenländern sowie klimapolitische Signale für Investoren diskutiert. Einen Höhepunkt stellte das konstruktive Streitgespräch zur weltpolitischen Lage dar: Prof. Dr. Christian von Hirschhausen (TU Berlin) und Prof. Dr. Jens Boysen-Hogrefe (Kiel Institut für Weltwirtschaft/IfW) diskutierten engagiert über die Bedeutung des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine und die Rolle der europäischen Energiekrise für den Klimaschutz.

Die vom IfW Kiel organisierte Abschlusstagung zeigte anhand breit gefächerter Erkenntnisse auf anschauliche Weise die Erfolge der Forschungsförderung des BMBF in der Klimaökonomie. Die Ergebnisse haben die klima- und energiepolitische Debatte bereichert, wenn nicht gar geprägt: So wurden durch neue Erkenntnisse beispielsweise ökonomische Klimaschutz-Szenarien verbessert, wichtige wissenschaftliche Grundlagen zur Finanzierung von Klimaschutzinvestitionen gelegt und wertvolle Impulse zum Risikomanagement bei der Klimaanpassung gegeben – um nur einige Verdienste der Forschenden sowie der Vertreterinnen und Vertreter aus der Praxis zu nennen.

Klimaökonomie kann zahlreiche effiziente Instrumente für den Weg zur Klimaneutralität aufzeigen

Zur Umsetzung der ambitionierten nationalen Klimaziele sowie der Ziele des Pariser Abkommens sind in Deutschland umfangreiche Maßnahmen zur Emissionsreduzierung und zur Anpassung an Klimafolgen ergriffen worden. Eine fundierte ökonomische Analyse und Bewertung des breiten Spektrums an Klimaschutz-Maßnahmen ist daher entscheidend: Wie wirksam sind die unterschiedlichen klimapolitischen Instrumente und Maßnahmen? Diese Frage erforschen beispielsweise Projekte des Themenschwerpunkts „Klimaschutz: Instrumente und Politiken nach COP21" im Förderschwerpunkt „Ökonomie des Klimawandels". Sie tragen dazu bei, klimapolitische Maßnahmen evidenzbasiert zu evaluieren.

Die Forschenden arbeiten Empfehlungen zur Verbesserung zukünftiger politischer Maßnahmen für den Klimaschutz aus. So hat zum Beispiel das Projekt Eval-MAP Emissions-Vermeidungsmaßnahmen auf ihre Resonanz in der Gesellschaft und konkrete Wirkung auf das Konsumverhalten privater Haushalte untersucht. Die empirischen Ergebnisse zeigten beispielsweise für den Autoverkehr, dass Energieeffizienz-Standards insgesamt geringere Wirkungen entfalten als die Erhöhung der Kraftstoffpreise. Die Ursache dafür liegt unter anderem darin, dass Standards lediglich Neuwagen betreffen. Ein Anstieg der Kraftstoffpreise jedoch führt zu einer substanziellen Minderung des Kraftstoffverbrauchs durch Verhaltensänderung.

Erfolgreiche Klima- und Energiepolitik erfordert Forschung zu Lösungsspielräumen und Wirkung von Maßnahmen

Mit der Verschärfung der Klimaziele und ihrer Umsetzung durch konkrete Klimaschutzmaßnahmen auf nationaler und europäischer Ebene gewinnen auch Fragen nach Verteilungswirkungen innerhalb und zwischen den Staaten an Bedeutung. Entsprechend wurde auf dieser Fachkonferenz die Frage thematisiert, welche ökonomischen, ökologischen und sozialen Konsequenzen für verschiedene Sektoren und Bevölkerungsgruppen der Weg zu einer klimaneutralen Wirtschaft und Gesellschaft hat. Hierzu wurden Ergebnisse der geförderten Projekte vorgestellt. So hat zum Beispiel das Projekt ROCHADE in zwei Fallstudien (eine für Deutschland, eine für Indien) die unterschiedlichen Verteilungseffekte klimapolitischer Maßnahmen analysiert. Wesentliche Ergebnisse der Studie für Deutschland sind: Faktoren, wie der Strukturwandel, die Verbesserung der Energieeffizienz und die nahezu 100-prozentige Versorgung mit Strom aus erneuerbaren Energien können die zusätzlichen Kosten klimapolitischer Maßnahmen nahezu wieder ausgleichen. Außerdem hat das Projekt belegt, dass bei einer Pro-Kopf-Umverteilung der Einnahmen aus der CO2-Bepreisung ärmere deutsche Haushalte von der Klimapolitik eher profitieren können, da negative Ausgabeneffekte durch positive Einkommenseffekte und Einnahmen aus der CO2-Bepreisung überlagert würden. Reiche Haushalte hingegen würden voraussichtlich etwas schlechter gestellt, da einkommensseitige Einbußen (insbesondere durch den Preisverfall fossiler Ressourcen) besonders die reichen Haushalte treffen.

Im BMBF-Förderschwerpunkt „Ökonomie des Klimawandels" erarbeiteten Forschende damit wegweisendes Wissen, Bewertungsinstrumente und Empfehlungen, die in politische Entscheidungen, wirtschaftliche Weichenstellungen und in gesellschaftliche Debatten einfließen können. Gezeigt wurde insbesondere, wie ambitionierter Klimaschutz, wirtschaftlicher Wohlstand sowie gesellschaftlicher Ausgleich miteinander verknüpft werden können.

Weitere Informationen zum Programm und zur Veranstaltung finden Sie hier.

Prof. Dr. Gernot Klepper

IfW Kiel, Koordinator des „Dialog zur Klimaökonomie" im BMBF-Förderschwerpunkt „Ökonomie des Klimawandels":

„Gesellschaftliche Akteure müssen Entscheidungen für mehr Klimaschutz treffen. Diese mit der Wissenschaft noch einmal auf ihre Konsequenzen durchzuspielen, kann neue Einsichten ermöglichen. Gleichzeitig bekommt die Wissenschaft gespiegelt: Haben wir wichtige,
für politische Entscheidungen relevante Aspekte
ignoriert oder nicht ausreichend untersucht?"

Prof. Dr. Karen Pittel

ifo Institut, Koordinatorin des Themenschwerpunkts „Internationale Klimapolitik" im BMBF-Förderschwerpunkt „Ökonomie des Klimawandels II":

„Der Förderschwerpunkt hat unser Verständnis über die Wirkung von Klimawandel, Klimaanpassung und Klimapolitiken national wie auch auf internationaler Ebene fundamental weitergebracht. Dies umfasst auch die immer wichtigere Frage nach der Verteilung der Belastungen aus Klimapolitik und Klimawandel."

Prof. Dr. Oliver Schenker

Juniorprofessor für Umweltökonomik an der Frankfurt School of Finance & Management, Koordinator des Projekts SUFI im BMBF-Förderschwerpunkt „Ökonomie des Klimawandels":

„Das Projekt SUFI will besser verstehen, welche Rolle Finanzierung im internationalen Klimaschutz zukommt und welche Wechselwirkungen bestehen. So zeigt unsere Forschung, dass Banken auf strengere Umweltpolitik reagieren und Firmen im Bereich der Erneuerbaren Energien günstigere Kredite anbieten."

Hintergrund

Förderschwerpunkt „Ökonomie des Klimawandels"

Angesichts der Herausforderung, die Ziele des Pariser Abkommens, des europäischen Green Deals und des Klimaschutzgesetzes 2021, Klimaneutralität bis 2050 bzw. 2045 zu erreichen, stellen sich für Wissenschaft, Politik, Wirtschaft und Gesellschaft zahlreiche Fragen: „Wie sehen nachhaltige und realisierbare Transformationspfade zu einer kohlenstoffneutralen Gesellschaft aus? Und wie wirksam sind verschiedene klimapolitische Instrumente und politische Maßnahmen?" Hier ist anwendungsorientierte, wirtschafts- und sozialwissenschaftliche Forschung zum Klimawandel mehr denn je gefragt. Die Forschung zur Klimaökonomie leistet dafür entscheidende Beiträge und entwickelt praktikable Lösungsvorschläge.

Der BMBF-Förderschwerpunkt „Ökonomie des Klimawandels" trägt insbesondere zur Umsetzung der Aktion 22 (Ziel 3) der neuen FONA-Strategie im Handlungsfeld 7 bei: „Nachhaltige Ausrichtung des Wirtschafts- und Finanzsystems unterstützen."
Das BMBF fördert in diesem Schwerpunkt seit Mitte 2018 rund 29 Projekte und den Begleitprozess „Dialog zur Klimaökonomie" mit insgesamt 25 Millionen Euro. Dieser baut auf den Ergebnissen der ersten Förderphase (2011-2015) auf. Die Arbeiten der laufenden Förderphase enden im zweiten Halbjahr 2022.

Der „Dialog zur Klimaökonomie" begleitet die Intensivierung des Austauschs zwischen Wissenschaft und Praxis im BMBF-Förderschwerpunkt „Ökonomie des Klimawandels". Der „Dialog zur Klimaökonomie" stärkt den Anwendungsbezug der wissenschaftlichen Forschung durch einen Austausch mit Expertinnen und Experten aus Wirtschaft, Politik, Verwaltung und Gesellschaft, zum Beispiel im Rahmen der Veranstaltungsreihe Forum Klimaökonomie. In den Foren werden wichtige Aspekte der Klima- und Energiepolitik aufgegriffen, Einblicke in aktuelle Forschungsergebnisse gegeben sowie eine Plattform für den Austausch zwischen Wissenschaft und Praxis geboten. Koordiniert wird der „Dialog zur Klimaökonomie" vom Kiel Institut für Weltwirtschaft (IfW Kiel).