UN-Tag der Katastrophenvorsorge am 13. Oktober 2022: Nach der Flutkatastrophe 2021 unterstützt die KAHR-Initiative dabei, Vorsorge für Extremwetter von morgen zu treffen
Katastrophenvorsorge ist wichtig – wie sehr, zeigte die Flutkatastrophe 2021 in NRW und Rheinland-Pfalz. Der Wieder- und Neuaufbau bietet Chancen, die Widerstandsfähigkeit bei Extremwetter und die Klimaanpassung zu stärken. Dazu berät die BMBF-Maßnahme KAHR.
Die katastrophalen Folgen der Flut im Jahr 2021 in Deutschland zeigen die Dringlichkeit der Anpassung an Extremwetter sowie für eine Vorsorge direkt vor unserer Haustür. Denn durch den Klimawandel kommt es bereits heute zu häufigeren und intensiveren Extremwetterereignissen, wie Starkregen, Hitze- und Dürreperioden. In Deutschland traf die Flutkatastrophe 2021 die Menschen in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen besonders heftig – die Verluste und Schäden sind immens. Wie kann jetzt der Wieder- und Neuaufbau so gestaltet werden, dass bei künftigen Extremwetterereignissen die Schäden begrenzt werden können?
KAHR berät lokale Entscheidungsträger beim Wiederaufbau aus der Perspektive langjähriger Klimaanpassungs- und Risikoforschung
Hier setzt die vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderte Sofortmaßnahme KAHR an: 13 Verbundpartner aus ganz Deutschland mit langjähriger Erfahrung in der Klimaanpassungs- und Risikoforschung stellen ihre wissenschaftliche Expertise zur Verfügung. Ziel ist es, die Flutereignisse in den betroffenen Gebieten sowie ihre Folgen genauer zu verstehen, zu simulieren und daraus Ansatzpunkte für den Aufbau nach der Katastrophe entsprechend von Klimaanpassungskriterien abzuleiten. Dafür arbeiten die Verbundpartner eng mit Entscheidungsträgern auf der Kommunal-, Regional- und Landesebene zusammen, wie zum Beispiel mit Landkreisen und Ministerien. Ebenso erhebt das Projekt systematisch die Erfahrungen, das Wissen und Akzeptanzfragen der betroffenen Menschen vor Ort und lässt die Ergebnisse in seine Beratungen einfließen.
So erklärt der Sprecher des Projekts für Rheinland-Pfalz, Prof. Dr.-Ing. Jörn Birkmann, Institut für Raumordnung und Entwicklungsplanung der Universität Stuttgart: „Wir müssen unsere Landnutzung und Siedlungsstrukturen anpassen. Das bedeutet zum Beispiel mehr Flächen für den Wasserrückhalt schaffen, dem Fluss insgesamt mehr Raum auch für Teilüberflutungen in Siedlungsbereichen geben und vor allem hochwasserangepasste Bauweisen von Häusern und Infrastrukturen fördern. So arbeiten wir beispielsweise gemeinsam mit dem Sportbund daran, Lösungen für die hochwasserangepasste Wiederherstellung der Sportplätze zu erarbeiten. Mit den Landkreisen sprechen wir über Strategien und Maßnahmen für den vorsorgenden Hochwasserschutz von Siedlungen und Baugebieten. Wichtig dabei ist: Auch die Risikokommunikation muss verbessert werden. Deshalb sprechen wir mit sehr vielen Akteuren, unter anderem Betreibern kritischer und sensibler Infrastrukturen wie Schulen und Energieversorgern, der Wasserwirtschaft und der räumlichen Planung. Gemeinsam entwickeln wir neue Lösungen mit dem Ziel, dass zukünftige Extremereignisse nicht mehr zu extremen negativen Auswirkungen führen."
KAHR fördert intensiven und kontinuierlichen Dialog zwischen Wissenschaft und Praxis
Das Besondere am Projekt KAHR ist, dass die Forschung zeitgleich zum Neu- und Wiederaufbau stattfindet. So haben die Forschenden aktuelle Daten erhoben, die sie für die Prozesse des Aufbaus zur Verfügung stellen. Dazu gehört unter anderem die Erkenntnis, dass viele der historischen Brücken im Ahrtal während des Unwetters durch angeschwemmte Gegenstände und Treibgut verstopft wurden und dadurch den Druck auf den Fluss zusätzlich erhöht hatten. Wie sich dies künftig verhindern lässt, dafür untersuchen und vermessen die Forschenden die beschädigten Brücken und simulieren mit den Daten die Belastungen unterschiedlichen Grades bei Unwetter.
Erste konkrete Lösungsmöglichkeiten für die Stärkung von Resilienz und Klimaanpassung durch einen innovativen Wieder- und Neuaufbau hat KAHR in seinen „10 Empfehlungen aus Sicht der Wissenschaft" veröffentlicht. Diese zeigen Handlungserfordernisse und -möglichkeiten für die Länder und Kommunen sowie für weitere Akteure auf. Das KAHR-Projekt kann hier als neutraler Mittler zwischen unterschiedlichen Interessensgruppen Daten, Fakten und Impulse anbieten.
Damit dies gelingt, bringt das Projekt KAHR Wissenschaft und Praxis zu einem Dialog zusammen. Am 7. November 2022 lädt das KAHR-Projekt zur zweiten Veranstaltung des „Wissenschafts-Praxis-Dialogs" nach Aachen ein. Das erste Treffen dieses Dialogs fand im Juni 2022 in Remagen mit rund 110 Teilnehmenden statt.
Gezielt spricht das KAHR-Projekt auch die Bürgerinnen und Bürger in den betroffenen Regionen an: Mit einer Haushaltsbefragung und in Erzählcafés wurden betroffene Haushalte im Ahrtal und in NRW zu entstandenen Schäden, ihren Erfahrungen und zur Vorsorge befragt. Im KAHR-Infomobil erhalten die Bürgerinnen und Bürger ausführliche und individuelle Beratung – zur effektiven Klimaanpassung und weniger Schäden bei Hochwasser.
Hintergrund - Sofortmaßnahme KAHR
Ziel der BMBF geförderten Sofortmaßnahme KAHR ist es, neueste wissenschaftliche Erkenntnisse zum Klimawandel und zur Klima-Anpassung für die Prozesse des Aufbaus und für die Handelnden in den von der Flutkatastrophe betroffenen Regionen in NRW und Rheinland-Pfalz zur Verfügung zu stellen. Hier werden Kommunen und Landesregierungen mit wissenschaftlicher Expertise dabei unterstützt, zukunftssichere, hochwasserangepasste Strukturen bei Brücken, Flussbett und dem Aufbau von Gebäuden zu schaffen und zu gestalten. Für eine Laufzeit vom 1. November 2021 bis zum 31. Dezember 2024 stellt das BMBF für den gesamten Verbund mit insgesamt 13 Partnern Fördermittel von mehr als fünf Millionen Euro bereit.